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Wirtschaft: Euro-Bonds kosten Milliarden

Ifo-Institut warnt vor hohen Lasten für Deutschland

Berlin - Ein Dementi klingt anders. „Vielleicht kann man sich vorstellen, dass es Euro-Bonds eines Tages geben wird“, sagte Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy nach dem Treffen mit Angela Merkel. Allerdings erst am Ende einer weiteren Integration in Europa, schränkte er ein. Die Gegner gemeinsamer europäischer Anleihen waren am Mittwoch dennoch alarmiert – und versuchten, die Diskussion zu ersticken. Die „klare Ablehnung“ dieser Idee sei gut, sagte etwa Industriepräsident Hans-Peter Keitel.

Auf seiner Seite steht das Münchner Ifo-Institut. Euro- Bonds würden für Deutschland im schlimmsten Fall Mehrbelastungen von 47 Milliarden Euro pro Jahr bedeuten, sagte Konjunkturchef Kai Carstensen am Mittwoch in Berlin. Bei seinen Berechnungen hat er den durchschnittlichen Zinsabstand zwischen den beliebten deutschen Anleihen und solchen aus dem Euro-Raum von Ende Juli zugrunde gelegt. Die volle Belastung trete im Jahr 2080 auf, wenn alle heutigen deutschen Staatsanleihen in Euro-Bonds umgewandelt seien. Dies sei „ein Szenario“, räumte Carstensen ein – wie hoch die Belastung sei, hänge stark von den Grundannahmen ab. Wie der Markt mögliche Euro-Bonds tatsächlich einstufen würde und welchen Risikoaufschlag Investoren dafür verlangen würden, kann heute niemand präzise vorhersagen.

Günstiger fällt die Rechnung aus, wenn man den durchschnittlichen Zinsabstand im Schnitt der ersten sieben Monate 2011 als Basis nimmt, als noch mehr Ruhe an den Finanzmärkten herrschte und die Risikoaufschläge für die Krisenländer nicht so hoch waren. Dann komme man auf 33 Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr, erklärte der Ifo-Forscher. Diese Belastung schmälere das deutsche Wachstum – die Bürger müssten den Betrag aufbringen, und auf Firmen kämen höhere Zinskosten als bislang zu. Euro-Bonds führten zudem zu einer noch laxeren Finanzpolitik, weil sie Anreize für eine noch höhere Verschuldung setzten, findet Carstensen.

Andere Annahmen trifft das Kieler Institut für Weltwirtschaft. Es geht davon aus, dass der Zinsabstand zwischen deutschen und Euro-Bonds geringer wird, wenn sich die Aufregung des Marktes legt. Dann ergäben sich Lasten für Deutschland von 20 Milliarden Euro, heißt es in einer aktuellen Studie. Bekomme der Euro-Raum als Emittent von Anleihen die Bonität Frankreichs – viele Wirtschaftsdaten sprächen dafür – müsse Deutschland sogar nur zehn Milliarden Euro pro Jahr zusätzlich zahlen. Eine Lösung der Strukturprobleme durch Euro-Bonds sieht aber auch das Kieler Institut nicht. Carsten Brönstrup

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