Wirtschaft: Fernsehmarkt: Frankreich: Messier spielt Hollywood
Vor ein paar Monaten ging eine Schockwelle durch die französische Politik- und Medienwelt. Jean-Marie Messier, Chef von Vivendi Universal Frankreich, der weltweit zweitgrößte Medienkonzern, hatte im Dezember gesagt, was niemand hören wollte: "Die exception culturelle (die Sonderstellung französischer Kultur) ist tot.
Vor ein paar Monaten ging eine Schockwelle durch die französische Politik- und Medienwelt. Jean-Marie Messier, Chef von Vivendi Universal Frankreich, der weltweit zweitgrößte Medienkonzern, hatte im Dezember gesagt, was niemand hören wollte: "Die exception culturelle (die Sonderstellung französischer Kultur) ist tot. Wir müssen national und global denken." Der Aufschrei ist verständlich: Vivendi, der ehemals staatseigene Wasserkonzern, ist inzwischen extrem amerikanisch orientiert: Er übernahm die Kontrolle über den Musikkonzern und die Hollywood-Studios von Universal sowie die Internet-Musikbörse MP3.com.
Zum Thema Online Spezial: Kirch & Fußballrechte Schwerpunkt: Bundesliga nach der Kirch-Pleite Fotostrecke: Pleitewelle - Insolvenzen in Deutschland Gleichzeitig ist Vivendi ein wichtiger Akteur in der französischen Fernsehlandschaft. Vor zwei Jahren akquirierte Vivendi den französischen Bezahl-TV-Kanal Canal Plus. Darüber werden erhebliche Anteile des französischen Filmgeschäfts finanziert. Denn Fernsehsender müssen in Frankreich 15 Prozent ihres Umsatzes in die Film- und Fernsehindustrie investieren. Vivendi ist über Canal Plus auch größter Player im Satelliten- und Kabelfernsehen.
Anders als in Deutschland spielt das Bezahl-Fernsehen in Frankreich schon seit Jahren eine wichtige Rolle. Bereits 1984 wurde Canal Plus gegründet. Heute liegt die Zahl der Abonnenten bei fast fünf Millionen. Allerdings ist der Sender in den letzten Jahren in Schwierigkeiten gekommen. "Mit Kino und Sport steht Canal Plus jetzt nicht mehr alleine da", sagt Luiz-Renato Busato, Direktor des Instituts für Journalismus an der Universität Grenoble. Das Kabelfernsehen mit rund 30 Sendern und das Satellitenfernsehen mit 60 Sendern machen dem ersten Bezahlsender mit weiteren Sport- und Spielfilmsendern Konkurrenz - dazu gehören auch die eigenen Kabel- und Satellitenangebote von Canal Plus.
Von den Fernsehsendern, die man frei über Antenne empfangen kann, ist der private Sender TF1 beim Publikum am beliebtesten. TF1 wurde im Zuge der Liberalisierung des französischen Fernsehmarktes von der Telekommunikationsgesellschaft Bouygues übernommen. Die 20-Uhr-Nachrichten haben um die sieben Millionen Zuschauer, die des wichtigsten staatlichen Kanals, France 2, um die fünf Millionen.
Dass die Franzosen im Vergleich zu den Deutschen eher zögerlich bei Kabel- und Satelliten-Fernsehen einsteigen, erklärt Busato einerseits damit, dass die Abonnements mit 70 Euro im Monat relativ teuer sind. Andererseits hofften viele auf das digitale Fernsehen. Dort wollen sich vor allem die öffentlich-rechtlichen Sender mit einer Qualitätsoffensive profilieren. Und: "Das digitale Fernsehen wird zu einer Explosion der Lokalsender führen", sagt Busato. Die gebe es im zentralisierten Frankreich bisher kaum. Private und lokale öffentliche Investoren hätten gemeinsam mehrere Projekte auf die Beine gestellt.
Flora Wisdorff