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Kapitalanleger: Von Arcandor bis Wiedeking

Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger prangert Kapitalvernichter, Gebührenwucher und kriminelle Finanzjongleure an.

München - „Für die meisten Anleger war 2009 trotz allgemeiner Kursgewinne ein schwarzes Börsenjahr.“ Für die düstere Bilanz, die Klaus Schneider, Vorsitzender der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK), am Montag zog, finden sich zahlreiche Belege. Die SdK hat sie im „Schwarzbuch Börse 2009“ zusammengefasst, das Schneider in München präsentierte. Aufgelistet werden dort spektakulär gestürzte Helden wie der ehemalige Porsche-Chef Wendelin Wiedeking, Kapitalvernichter wie die Pleitefirma Arcandor und eine unbelehrbare Zertifikatebranche. Seien 2008 erst 18 börsennotierte Firmen pleitegegangen, sei deren Zahl im Vorjahr auf 29 gestiegen. „Das hohe Niveau wird uns 2010 erhalten bleiben“, fürchtet Aktionärsschützer Schneider. Vielfach seien dafür Managementfehler verantwortlich. Nur im Kreis der 30 Dax-Konzerne sieht er eine Tendenz zur Besserung. Negative Ausnahme sei die Commerzbank, deren Börsenwert 2009 um ein Fünftel gefallen ist, während der der Deutschen Bank um vier Fünftel wuchs. Unter den gefallenen Helden sieht SdK-Vorstand Lars Labryga Wiedeking als Prototyp eines falsch, weil nach kurzfristigen Maßstäben bezahlten Managers. Nach Milliardengewinnen 2008 habe er 60 Millionen Euro eingestrichen und Monate später Porsche an den Rand der Pleite manövriert.

Hart mit Banken ins Gericht ging SdK- Vorstand Daniel Bauer und prangerte Dreistigkeiten bei den Fondsgebühren und Zertifikaten an. Nach den desaströsen Erfahrungen mit Lehman-Zertifikaten habe er erwartet, dass die Finanzbranche daraus gelernt habe und mehr Vorsicht oder Fairness im Umgang mit diesen oft komplizierten Finanzprodukten an den Tag lege. Das Gegenteil sei der Fall. Stattdessen habe die Branche nur Imagekampagnen geschaltet.

Bei Zertifikaten würden neuerdings kaum nachvollziehbare Kosten berechnet und so vielfach noch größere „Geldvernichtungsmaschinen“ verkauft, an denen nur die Bank verdiene. Diese Unsitte greife verstärkt auch auf Aktienfonds über. Dort berechneten Banken bei angeblich gutem Abschneiden eines Fonds häufiger eine Erfolgsgebühr, die zwischen fünf und 25 Prozent liege. Selbst bei Indexfonds, die ohne aktives Management auskommen, würden Banken immer mehr an der Gebührenschraube drehen, rügte Bauer. Institutionelle Anleger würden ein solches Verhalten niemals akzeptieren, betont er. Privatanleger dagegen müssten zahlen. Manche Gebührenrechnung würde nicht vor Gericht bestehen, glauben die SdK-Experten und raten Anlegern zur Klage.

Hinzu komme professioneller Anlagebetrug. Die SdK schätzt, dass Kriminelle die Anleger dadurch allein in Deutschland um jährlich rund 100 Millionen Euro prellen. Im Bereich börsennotierter Gesellschaften ist den Aktionärsschützern im Vorjahr auch allerlei skurriles Fehlverhalten aufgefallen. So habe der Paketversender Paketeria gewagt, einen Geschäftsbericht komplett ohne Zahlen vorzulegen. 2009 musste er Insolvenz anmelden. Thomas Magenheim

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