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Mineralölkonzerne profitieren derzeit ganz besonders.

© Ottmar Winter PNN

Gegenargumente seien „ideologisch motiviert“: Studie berechnet bis zu 100 Milliarden Euro im Jahr durch Übergewinnsteuer

Die Gasumlage reicht Mehrkosten von Unternehmen an Verbraucher weiter. Übergewinne werden jedoch nicht umgelegt. Dabei ließe sich dabei viel Geld abschöpfen.

Eine Steuer auf krisenbedingte Zusatzgewinne von Unternehmen könnte hohe Summen für den deutschen Staat bringen - das zeigt eine Studie im Auftrag der Linke-nahen Rosa-Luxemburg-Stiftung. Es seien „Einnahmen in Höhe von 30 bis 100 Milliarden Euro pro Jahr möglich“, heißt es in der Untersuchung. Zentrale Argumente gegen eine Übergewinnsteuer bezeichnen die beiden Autoren als „ideologisch und verteilungspolitisch motivierte Verteidigung des Status Quo“.

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Die Studie wurde von Christoph Trautvetter und David Kern-Fehrenbach vom Netzwerk Steuergerechtigkeit verfasst. In dem Netzwerk engagieren sich unter anderem die Gewerkschaft Verdi, die Hilfsorganisation Oxfam und die gloablisierungskritische Organisation Attac.

38 Milliarden krisenbedingter Übergewinn im Bereich Öl

Trautvetter und Kern-Fehrenbach analysierten die Gewinne von sechs großen Mineralölkonzernen im ersten Halbjahr 2022 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sowie die Preisanstiege bei Öl, Gas und Strom seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine.

Diese Daten setzten sie jeweils in Bezug zum deutschen Verbrauch. Demnach ergibt sich aufs Jahr gerechnet ein krisenbedingter Übergewinn von 38 Milliarden Euro im Bereich Öl, von 25 Milliarden Euro im Bereich Gas und von 50 Milliarden Euro im Bereich Strom aus Atomkraft und erneuerbaren Energien.

Die Autoren berechneten dann die Staatseinnahmen durch verschieden hohe Steuersätze: Bei einem Steuersatz von 25 Prozent würden 28,3 Milliarden Euro fließen, bei 50 Prozent wären es 56,5 Milliarden und bei 90 Prozent 101,7 Milliarden Euro.

Italien und andere Länder zeigen: Übergewinnsteuer verfassungsrechtlich möglich

Rechtliche Bedenken, wie sie etwa Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) geltend macht, wiesen die Autoren zurück. „Eine Übergewinnsteuer ist verfassungsrechtlich möglich und praktisch umsetzbar, wie mehrere Beispiele aus Europa zeigen", erklärte Kern-Fehrenbach. „Mit Blick auf Italien, Griechenland und Rumänien, die bereits eine Übergewinnsteuer eingeführt haben, stellt sich die Frage, warum die Bundesregierung immer noch zögert.“

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Trauvetter ergänzte: „Eine Übergewinnsteuer hat das Potenzial, die Profiteure vom Krieg in der Ukraine an den Krisenkosten, die wir alle tragen müssen, zu beteiligen.“

Unter anderem Italien, Großbritannien, Griechenland, Rumänien und Ungarn haben besondere Abgaben auf Krisengewinne bereits eingeführt, andere Länder planen dies. In Deutschland fordern beispielsweise Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und SPD-Chefin Saskia Esken eine solche Steuer. Bundesfinanzminister Lindner ist aber strikt dagegen.

EU-Kommission und Wissenschaftlicher Dienst machen Weg frei

Die EU-Kommission gab im März grundsätzlich grünes Licht dafür, dass die Mitgliedstaaten „befristete steuerliche Maßnahmen zu Zufallsgewinnen in Betracht ziehen und ausnahmsweise beschließen können, einen Teil dieser Gewinne für die Umverteilung an die Verbraucherinnen und Verbraucher vorzusehen“. Dabei müssten allerdings „übermäßige Marktverzerrungen“ vermieden werden.

Im Juli hatte ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags die Einführung einer Übergewinnsteuer hierzulande grundsätzlich als möglich eingestuft. Der Staat müsste demnach darlegen, dass betroffene Unternehmen „unverdiente Gewinne“ erzielt haben und sich diese bestimmen lassen. „Angesichts der offenkundigen aktuellen Entwicklungen auf den Energiemärkten scheint dies nicht ausgeschlossen“, hieß es in dem Papier.

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