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Drehen und fertig. Der intelligente Thermostat wird nicht nur von Nest angeboten. Die Geräte der Kalifornier gelten jedoch als besonders formschön und bedienerfreundlich.

© AFP

Internetkonzern kauft Haustechniker: Google zieht zu Hause ein

Der Suchmaschinenbetreiber Google will mit dem Start-up Nest ins vernetzte Heim. Datenschützer haben massive Bedenken gegen Technologien dieser Art.

Berlin - Erst das Auto, nun das Heim. Google macht ernst mit dem Internet der Dinge. In der vergangenen Woche kündigte das US-Unternehmen eine Allianz mit internationalen Autokonzernen an, die das Betriebssystem Android in ihre Fahrzeuge integrieren wollen. Und nun leistet sich Google für 3,2 Milliarden Dollar (2,34 Milliarden Euro) das Haustechnik-Start-up Nest. Dessen Produkte hören sich zunächst eher unspektakulär an: Rauchmelder und Thermostate. Doch es handelt sich um intelligente Geräte, die nicht einfach nur an der Wand hängen. Sie sammeln Daten über ihre Nutzer, die Hausbewohner. Zum Beispiel der Thermostat. Wie oft wird die Heizung genutzt? Was ist die bevorzugte Raumtemperatur? Das Gerät lernt, regelt die Temperatur dann selbstständig nach Gewohnheit der Bewohner, fährt sie sogar herunter, wenn niemand im Raum ist. Die Technik ist vergleichbar mit intelligenten Stromzählern, die in der Europäischen Union vom Jahr 2020 an die alten Geräte ablösen sollen. Mit der Smart-Meter-Technik ist es nicht mehr nötig, den Zählerstand aufwendig von Hand abzulesen.

Mit knapp 300 Mitarbeitern ist Nest ein verhältnismäßig kleines Unternehmen, die Marktdurchdringung relativ überschaubar. Fast ein Prozent der US-Haushalte habe inzwischen ein Smart-Thermostat seiner Firma, sagte Nest-Chef Tony Fadell. Damit hätte es sich immerhin mehr als eine Million Mal verkauft. In Google-Dimensionen ist das zwar nicht sehr viel. Aber: „Für Google geht es beim Kauf von Nest vor allem darum, einen Fuß in die Tür mit dem Zukunftsmarkt Smart Home zu bekommen“, sagt Digitalexperte Ralf Kaumanns. Bei Google habe man die Vision von einem vernetzten Zuhause – egal ob diese in fünf oder in zehn Jahren Wirklichkeit werde.

Nest könne da ein wichtiger Baustein sein, sagt Kaumanns. Es liefert die schicken Geräte im Apple-Design. Fadell, der das Unternehmen 2010 gründete, war zuvor bei Apple einer der Erfinder des Musikspielers iPod. Auch die Nest-Geräte gibt es in den USA in Apple-Stores zu kaufen. Während Nest also die Hardware stellt, könnte Google sie künftig mit seinen Datendiensten verknüpfen. Der Thermostat gibt dem Nutzer dann nicht nur Energiespartipps, sondern schlägt ihm über die Google-Preissuchmaschine gleich noch den günstigsten Versorger vor.

Was auf der einen Seite verbrauchernah klingt, könnte auf der anderen Seite Datenschützer auf den Plan rufen. Vor allem in Europa, wo Nest gerade beginnt, sein Netz aufzubauen. So hat beispielsweise der Europäische Datenschutzbeauftragte, Peter Hustinx, massive Bedenken gegen die erwähnten intelligenten Stromzähler. Denn die messen mehr als nur die verbrauchten Kilowattstunden. Es können damit Verhaltensmuster ermittelt werden, ganz neuen Formen von Werbung und Preisdiskriminierung kann die Tür geöffnet werden, fürchtet der Datenschützer. Was für Stromzähler gilt, trifft genauso auf vernetzte Rauchmelder und Thermostate zu. Nest-Gründer Fadell hat bereits versucht, Sicherheitsbedenken zu zerstreuen. Man habe sogar ein eigenes Hackerteam, das Schwachstellen suche, um sie dann schließen zu können. Dass Behörden Zugriff auf die Daten bekämen, sei nur in Ausnahmefällen möglich, versprach er. Simon Frost/Kurt Sagatz

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