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Athen: Griechische Wirtschaft schrumpft - das Defizit steigt

Griechenland hat 2011 sein Defizitziel erneut verfehlt und muss nun weitere Milliarden Euro einsparen. Ab Dienstag ist die Troika wieder in Athen.

Athen - In Athen erwartet die Experten der Troika am Dienstag ein wolkenloser Himmel und strahlender Sonnenschein. Aber wenn die Inspekteure der EU, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds im Finanzministerium wieder die Bücher prüfen, dürfte sich die Stimmung verdüstern. Griechenland hat 2011 sein Defizitziel erneut verfehlt. Knapp zwei Milliarden Euro, die zu viel ausgegeben beziehungsweise zu wenig eingenommen wurden, muss Finanzminister Evangelos Venizelos im ersten Quartal 2012 einsparen. Außerdem stehen bis 2014 weitere Kürzungen von 7,7 Milliarden Euro an, damit die Defizitvorgaben erfüllt werden.

Zur Diskussion stehen neue Rentenkürzungen, Massenentlassungen im Staatsdienst, Abstriche bei Sozialleistungen, Kostensenkungen im Gesundheitswesen. Doch der Spielraum für weitere Einsparungen wird angesichts der schweren Rezession immer kleiner. Nach einem Minus von sechs Prozent im vergangenen Jahr könnte Griechenland 2012 nach einer Prognose sogar ein weiterer Rückgang der Wirtschaftsleistung um sieben Prozent drohen. Das würde den Haushaltsplan zu Makulatur machen.

Die Gewerkschaften fürchten, dass nach den Gehaltskürzungen im öffentlichen Dienst jetzt Lohnverzicht in der Privatwirtschaft angesagt ist. Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie der Mindestlohn von 751 Euro stehen zur Disposition. Die Gewerkschaften sehen in solchen Plänen einen unzulässigen Eingriff in die Tarifhoheit und reagieren mit Protesten. Die Ankunft der Troika wird von Streiks bei den öffentlichen Verkehrsmitteln, den Banken und Staatsbetrieben begleitet. Weil auch die Journalisten für 48 Stunden streiken, gibt es weder Zeitungen noch Nachrichtensendungen im Fernsehen.

Die meisten Griechen werden deshalb allenfalls mit Verspätung erfahren, ob die Verhandlungen über den Schuldenschnitt am Mittwoch fortgesetzt werden. Sie waren am Freitag unterbrochen worden, nachdem sich die griechische Seite mit den privaten Gläubigern nicht über die Modalitäten der Umschuldung einigen konnte. Banken und Versicherungen sollen auf 50 Prozent ihrer Forderungen verzichten und ihre alten Staatsanleihen gegen neue Papiere tauschen. Gerungen wird jetzt um Zins und Laufzeiten der neuen Anleihen. Davon hängt ab, ob Griechenlands Schulden künftig finanzierbar sind und welche Verluste private Gläubiger hinnehmen müssen.

Die Zeit drängt. Der Internationale Bankenverband, der die Gläubiger vertritt, erklärte, wenn es bis Ende dieser Woche keine Rahmenvereinbarung gebe, wäre ein rechtzeitiger Abschluss nicht mehr machbar sein. Der Schuldenschnitt muss schnell in trockene Tücher, weil er ein unverzichtbares Element des neuen Rettungspakets ist, das die EU-Staats- und Regierungschefs Ende Oktober für Griechenland geschnürt hatten. Gerd Höhler

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