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Ein Containerschiff liegt im Hafen von Los Angeles in San Pedro vor Anker.

© dpa/Etienne Laurent

Update

Größtes Minus für USA erwartet: IWF rechnet wegen Trumps Zollpolitik mit Nullwachstum für Deutschland

Ein Aufwärtstrend für die deutsche Wirtschaft ist dem IWF zufolge auch in diesem Jahr nicht zu verzeichnen. Noch deutlich weiter nach unten korrigiert der IWF seine Prognose für die USA.

Stand:

Die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump hat nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) massive Folgen für die Wirtschaft in Deutschland und weltweit. Der IWF rechnet in diesem Jahr in Deutschland nur noch mit einem Nullwachstum, wie er am Dienstag in Washington mitteilte.

Auch seine Prognose für die Weltwirtschaft korrigierte der IWF nach unten – um 0,5 Prozentpunkte auf 2,8 Prozent für 2025. Am stärksten nach unten korrigiert wird die Prognose für die USA. Dort soll das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in diesem Jahr nur 1,8 Prozent wachsen, was ein Minus von 0,9 Prozentpunkten bedeutet.

Die Weltwirtschaft werde auf eine „harte Probe“ gestellt, schreibt IWF-Chefvolkswirt Pierre-Olivier Gourinchas mit Blick auf die Handelsstreitigkeiten. Es handle sich um eine „neue Ära“, das globale Wirtschaftssystem werde neu justiert.

Die deutsche Wirtschaft steckt in einer langen Schwächephase. Die zentrale Prognose des IWF sieht Deutschland beim Wachstum in diesem Jahr erneut als Schlusslicht unter den G7-Industrienationen. Während die IWF-Prognose Deutschland in diesem Jahr Stillstand bescheinigt, hatten führende deutsche Wirtschaftsforschungsinstitute immerhin ein Mini-Wachstum von 0,1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) prognostiziert.

Die geschäftsführende Bundesregierung will erneut ihre Konjunkturprognose senken und erwartet für dieses Jahr ebenfalls eine Stagnation. Im Januar hatte die Regierung noch mit einem Plus von 0,3 Prozent gerechnet, nun erwartet sie 0,0 Prozent. Der scheidende Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) wird die Frühjahrsprojektion an diesem Donnerstag in Berlin vorstellen.

Der IWF ist indes erst für das kommende Jahr optimistischer. Er erwartet dann ein Wachstum von 0,9 Prozent - das sind aber immer noch 0,2 Prozentpunkte weniger als im Januar prognostiziert.

Das Wirtschaftswachstum im Euroraum soll in diesem Jahr im Vergleich zur Januarprognose um 0,2 Prozentpunkte auf 0,8 Prozent sinken. Als Gründe nennt der IWF vor allem Unsicherheit und Zölle. Im Jahr 2026 soll das Wachstum im Euroraum bei 1,2 Prozent liegen (minus 0,2 Prozentpunkte). Für den Aufschwung sorgen demnach steigender Konsum durch reale Lohnzuwächse und mehr finanzpolitische Spielräume in Deutschland mit Blick auf die Lockerung der Schuldenbremse für Verteidigung.

Eine Prognose in einer außergewöhnlichen Lage

Der IWF betont, dass die globale Konjunkturprognose unter „besonderen Umständen“ erstellt worden sei. Hintergrund ist das heftige Zollpaket, das Trump am 2. April angekündigt hat und sowohl universelle als auch mittlerweile vorläufig ausgesetzte wechselseitige Zölle vorsieht.

Die zu diesem Zeitpunkt fast abgeschlossenen Prognosen hätten über Bord geworfen werden müssen, so der Fonds. „Obwohl viele der geplanten Zollerhöhungen vorerst auf Eis gelegt wurden, hat die Kombination von Maßnahmen und Gegenmaßnahmen die Zollsätze in den USA und weltweit auf ein Jahrhunderthoch getrieben.“

Die Weltwirtschaft habe sich während der schweren Schocks der vergangenen vier Jahre als erstaunlich widerstandsfähig erwiesen und trage immer noch erhebliche Narben davon, heißt es. Nun bestehe die Gefahr, dass die Handelsspannungen durch Vergeltungsmaßnahmen weiter zunehmen, auch die Inflation könnte wieder angeheizt werden.

Die Unsicherheit belaste das Wachstum. Der Fonds hat angesichts der komplexen Situation neben seiner zentralen Vorhersage, der sogenannten Referenzprognose, noch zwei weitere Vorhersagen vorgelegt.

Mehrere Prognosen wegen Zoll-Unsicherheit

Die Referenzprognose berücksichtigt alle Zollankündigungen bis zum 4. April. Demnach wächst die Weltwirtschaft dieses Jahr um eben 2,8 Prozent und im kommenden Jahr um 3 Prozent (minus 0,3 Prozentpunkte). Im Jahr 2024 lag das Wachstum noch bei geschätzt 3,3 Prozent.

Eine Prognose, die nur Zollankündigungen bis zum 12. März berücksichtigt - darunter eine erste Welle von US-Strafmaßnahmen gegen China, Kanada und Mexiko oder auch US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte - sieht das Wachstum in diesem und im kommenden Jahr bei 3,2 Prozent.

Eine modellgestützte Prognose, die auch Zollankündigungen nach dem 4. April wie die Pause bei wechselseitigen Zöllen in den Blick nimmt, sieht das Weltwirtschaftswachstum in diesem Jahr bei etwa 2,8 Prozent und für 2026 bei etwa 2,9 Prozent.

Dies entspreche in etwa den Schätzungen für das globale Wachstum in der Referenzprognose, wenn auch mit einer anderen Zusammensetzung der Wachstumsraten in den einzelnen Ländern, so der Bericht. Keine der Prognosen sagt eine Rezession voraus. Die einzelnen Länderprognosen beziehen sich auf die Referenzprognose.

So blickt der IWF auf einzelne Länder:

  1. USA: Der Fonds hat die Prognose für die größte Volkswirtschaft der Welt deutlich nach unten korrigiert. In diesem Jahr soll das BIP um 1,8 Prozent wachsen (minus 0,9 Prozentpunkte), im kommenden um 1,7 (minus 0,4 Prozentpunkte). „Die Abwärtskorrektur ist das Ergebnis größerer politischer Unsicherheit, Handelsspannungen und eines schwächeren Nachfrageausblicks angesichts eines langsamer als erwarteten Konsumwachstums“, so der IWF. Zu Jahresbeginn sei die Stimmung bei Verbrauchern, Unternehmen und Investoren noch optimistisch gewesen, das habe sich geändert.
  2. China: Auch bei der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt sieht der IWF Korrekturbedarf nach unten. So soll Chinas Wirtschaft sowohl in diesem als auch im kommenden Jahr um 4 Prozent wachsen (minus 0,6 Prozentpunkte/minus 0,5 Prozentpunkte). Neben der Schwäche des Immobiliensektors wird Chinas Wirtschaft dem IWF zufolge vor allem vom Handelsstreit mit den USA schwer belastet.
  3. Russland: Dort verliert das Wachstum im Vergleich zum vergangenen Jahr an Dynamik. Für dieses Jahr sagt der IWF 1,5 Prozent (plus 0,1 Prozentpunkte) voraus, 2026 sollen es 0,9 Prozent (minus 0,3 Prozentpunkte sein). Als Gründe nennt der Fonds, dass der private Konsum und Investitionen nachließen. Das Lohnwachstum verlangsame sich.

Das macht dem IWF Sorgen

Der IWF schaut mit großer Besorgnis auf die Handelspolitik. Eine Verschärfung des Handelskonflikts würde sich negativ auf das Wachstum der Weltwirtschaft auswirken, wenngleich einzelne Länder unterschiedlich getroffen würden. „Diejenigen, auf die die neuen Zölle direkt abzielen, wären am stärksten betroffen, vor allem China und die Vereinigten Staaten, aber mittelfristig auch eine große Anzahl von Ländern in Asien und Europa“, so der IWF.

Anders als im vorigen Jahrhundert sei die Weltwirtschaft heute wirtschaftlich und finanziell eng verflochten. Eine Auflösung dieser Lieferketten und Finanzströme könne große wirtschaftliche Verwerfungen zur Folge haben. Die Verringerung des Wettbewerbs führe außerdem dazu, dass es weniger Anreize für Innovation gebe. Generell rechnet der Fonds aufgrund der Zölle mit einem Rückgang der Gesamtproduktivität, was wiederum zu höheren Produktionskosten und Preisen führt.

So hat der Fonds auch seine Vorhersage für die Inflationsrate nach oben korrigiert. In den Industrienationen soll sie 2025 im Schnitt bei 2,5 Prozent (plus 0,4 Prozentpunkte) und im kommenden Jahr bei 2,2 Prozent (plus 0,2 Prozentpunkte) liegen. Zentralbanken streben in der Regel 2 Prozent an. Mit Blick auf die Konjunktur hält der Fonds fest: „Wenn die Länder ihre derzeitige Zollpolitik deeskalieren und sich abstimmen, um für Klarheit und Stabilität in der Handelspolitik zu sorgen, könnten sich die Aussichten sofort aufhellen.“

Für große Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung sorgt die Zollpolitik von US-Präsident Donald Trump. Trump hatte zwar vor zwei Wochen angekündigt, vielen Staaten – darunter auch die EU - 90 Tage lang eine Pause von bestimmten Zöllen zu gewähren. Ein zuvor in Kraft getretener einheitlicher Zollsatz in Höhe von zehn Prozent für alle Länder bleibt aber während der Pause bestehen. Dazu gibt es Sonderzölle auf Stahl, Aluminium und Autos. Das ist Regierungskreisen zufolge auch die Grundlage für die neue Prognose der Bundesregierung. (dpa, AFP)

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