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Pläne für die geplante Chipfabrik von Intel in Magdeburg.

© Gestaltung: Tagesspiegel/SAB/Hendrik Schmidt; Intel Corporation

Im Osten nichts Neues: Welche wirtschaftlichen Potenziale sind noch ungenutzt?

Am Sonntag eröffnet Bundeskanzler Scholz das dreitägige Ostdeutsche Wirtschaftsforum. Welche Chancen schlummern in den neuen Bundesländern? Drei Meinungen.

Über dreißig Jahre nach der Deutschen Einheit liegt die Wirtschaftsleistung pro Kopf in Ostdeutschland immer noch deutlich unter dem Niveau Westdeutschlands. Wir fragen drei Expert:innen: Welche wirtschaftlichen Potenziale sind im Osten aktuell noch ungenutzt? Alle Folgen „3 auf 1“ finden Sie hier.


Mehr Großunternehmen und Kapitalgeber

Ostdeutschland hat sich zu einem international anerkannten Standort entwickelt. Dazu beigetragen haben der Vorsprung bei den Erneuerbaren Energien, die Ansiedlung von Forschungsinstituten, verfügbare Flächen, aber auch eine kluge Strukturpolitik. Doch der Osten steht auch vor Herausforderungen.

Drei Beispiele: Erstens verzichten viele kleine ostdeutsche Firmen trotz ihres Erfolges auf einen Expansionskurs. Das ist im Einzelfall nachvollziehbar, für das Wirtschaftswachstum aber ein Nachteil. Wir brauchen mehr größere Unternehmen im Osten. Zweitens existiert eine lebendige Start-up-Szene mit vielen innovativen Ideen, oft im Umfeld von Forschungseinrichtungen. Jedoch mangelt es im Osten an Kapitalgebern. Deshalb schafft die Bundesregierung neue Finanzierungsinstrumente. Und drittens gefährdet der im Osten schon jetzt hohe Arbeitskräftebedarf die wirtschaftliche Entwicklung. Damit mehr Fachkräfte aus dem In- und Ausland kommen, brauchen wir neben guter Infrastruktur auch eine Willkommenskultur. Wenn das gelingt, kann sich die positive Dynamik fortsetzen. 


Das richtige Mindset und viele talentierter Fachkräfte

Laut Prognosen sind bis Mitte des Jahrhunderts gesamtwirtschaftliche Investitionen von fünf Billionen Euro erforderlich, um in Deutschland Klimaneutralität zu erreichen. Klar ist: Mit herkömmlichen Verfahren und Prozessen werden wir die Klimaziele nicht erreichen. Ein vielversprechender „Beschleuniger“ sind grüne Zukunftstechnologien.

Die gute Nachricht: Grüne Technologien sind bereits jetzt eine Stärke des deutschen Innovationssystems! Wie in der Vergangenheit der mRNA-Impfstoff globale Krisen überwunden hat, brauchen wir wissenschaftliche und technologische Disruptionen zur Lösung der Klimakrise, egal ob durch Wasserstoff, Chemie oder digitale Innovationen, an die heute noch niemand denkt.

Gerade für die neuen Bundesländer eröffnen sich große Chancen, gibt es hier doch eine Vielzahl von talentierten Fachkräften und Hochschulen. Um das wirtschaftliche Potenzial in Ostdeutschland auszuschöpfen, braucht es neben guten Rahmenbedingungen das richtige Mindset, die Verzahnung von Wissenschaft und Wirtschaft sowie nachhaltige Finanzierungsangebote. 


Eine höhere Qualifikation durch weniger Schulabbrecher

Die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit ist im Osten niedriger als im Westen. Zum einen ist das Verhältnis von Erwerbstätigen und Einwohnern ungünstiger, und zum anderen ist die Arbeitsproduktivität niedriger. Drei Ansatzpunkte seien hier herausgegriffen:

Das durchschnittliche Qualifikationsniveau der Erwerbstätigen ließe sich durch eine Senkung der Schulabbrecherquote steigern, sie ist in Ostdeutschland deutlich höher als im Westen. Die Integration von Zuwanderern könnte verbessert werden; die Arbeitslosenquote von Ausländern weist im Osten einen größeren Abstand zur Arbeitslosenquote von Deutschen auf als im Westen. Forschung und Entwicklung könnten stärker gefördert werden; die privaten F&E-Ausgaben sind im Osten in Relation zur Wirtschaftsleistung gering.

Die Sachkapitalausstattung stellt hingegen keinen wesentlichen Engpassfaktor mehr dar, so dass Investitionsförderung für Unternehmen nicht viel weiterhilft. Und eine Konzentration auf die Industrie ist ebenfalls nicht zielführend, weil die vor allem in urbanen Ballungsräumen angesiedelten Marktdienstleistungen eher der Schwachpunkt sind.

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