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Die Eigentümer gehen davon aus, dass der Teppich bis Ende des Jahres mindestens ein weiteres Sofa sowie möglicherweise ein bis zwei neue Vorhänge produzieren wird.

© Andy Donaldson

Kuriose Immobilienfotos: Keine zweite Chance für den ersten Eindruck

Immobilien werden häufig schlecht fotografiert. Worauf kommt es an und was sollten Makler auf jeden Fall vermeiden, um das Objekt von seiner besten Seite zu zeigen?

Wer kennt das nicht? Auf der Suche nach einer neuen Wohnung oder einer Immobilie werden die Portale im Netz durchforstet. Und über kurz oder lang sind sie da: Skurrile Bilder, über die man belustigt nur noch den Kopf schütteln kann. Oder Bilder, die einem Angst machen können: Ein einsamer Schaukelstuhl in einem leer geräumten Zimmer, auf dem möglicherweise eben noch ein Psychopath saß. Anderenorts ein dunkelroter Fleck auf dem Teppichboden. Siehe da! Ein Tatort?

Preise steigen und fallen, Käufer kommen und gehen. Schlechte Immobilienfotos bleiben. Lässt sich da nichts machen?

Es gibt einige wenige Home-Staging-Agenturen, die sich des Problems angenommen haben und ihre Dienstleistungen Maklern anbieten. Sie stellen Fotografen, leihen Mobiliar aus und lassen Wände überstreichen. Und es gibt Makler, die voll und ganz auf eine professionelle Immobilienfotografie setzen. Bachmann Immobilien in Berlin arbeitet zum Beispiel mit einem eigenen Videoteam und hält stets eine Drohne startbereit. Und im Norden schweben Annegret Möllerherm immer wieder neue Bilder vor.

„Die ersten zwei Sekunden holen sie nicht mehr rein“, sagt sie mit Blick auf das Auge und Empfinden eines Kunden, der sich ein Exposé anschaut. Und so herrscht auf den Bildern der Maklerin, die vor allem in Schleswig-Holstein an der Ostsee aktiv ist, große Klarheit: Tiefblauer Himmel und strahlender Sonnenschein scheinen dort das Wetter zu bestimmen, Weiden und Gärten bestechen durch sattes Grün. „Wir verkaufen Gefühle, keine Steine – bedenken Sie: In der Regel kaufen die Frauen“, sagt Möllerherm. „Bei ,Schietwetter’ sagen wir den Fototermin ab.“

Die Firma beschäftigt einen eigenen Fotografen. Dreh- und Angelpunkt seines Blicks durch die Linse: Der potentielle Kunde soll ins Haus hineingeholt werden und schöne Gefühle bekommen.

Immobilienaufnahmen können geradezu beleidigend wirken

Daran arbeitet auch Florian Gürbig, Inhaber der Home-Staging-Firma „Immotion“, die in der Nähe von Kassel beheimatet ist. Er sieht „viel Potential nach oben“, wenn er Maklerfotos im Internet betrachtet. Professionelle Arbeiten seien die Ausnahme.

Der Immobilienmakler Engel & Völkers arbeite mit eigenen Fotografen. Meist sehe es eher duster aus. Es liegt in der Regel nicht an der Technik, sondern an den Motiven, dass Immobilienaufnahmen geradezu beleidigend wirken können: eine Sammlung von Hirschgeweihen über der Couch, Puppen auf der Sessellehne, religiöse Symbole im Schlafzimmer. „Das will kein Mensch sehen“, sagt Gürbig. „Der Klassiker ist natürlich Unordnung. Und Dinge, die die Persönlichkeit des Bewohners widerspiegeln.“ Annegret Möllerherm pflichtet dem bei: „Auch Enkelbilder möchte keiner sehen.“

Besonders schwierige Fälle in der Vermarktung sind nach Gürbigs Erfahrungen ererbte Immobilien, die auf den Markt kommen sollen. Sie seien Sonderfälle. Hier gelte: „Besser leer als voll.“ Aber warum? „Die Möbel sind meist alt, aus den fünfziger oder sechziger Jahren – die Generation Enkel will sich aber nicht die Vergangenheit vorstellen, sondern die Zukunft“, analysiert der Home Stager aus Kassel. Deshalb seien Leihmöbel für die Momentaufnahmen besser.

Was passiert, wenn derartige Ratschläge nicht beherzigt werden, zeigt der Brite Andy Donaldson. Er hat misslungene Fotos aus Immobilienanzeigen in einem Blog gesammelt. Der DuMont-Buchverlag hat daraus nun auch ein Buch gemacht: Fotos von Häusern, Wohnungen und Gärten, die alles waren, nur nicht seriös, vielversprechend, einladend oder gar werbend. Dafür aber ziemlich lustig.

Führerschein und Luftfahrtgenehmigung für Drohnen in Mecklenburg-Vorpommern

Das liegt manchmal schon an der Kamerahaltung. „Ich empfehle ein Stativ, damit die Raumwände nicht verzerren, oder einzustürzen scheinen“, sagt Gürbig. Die Kamera sollte konsequent in einer waagerechten Position sein. Außenaufnahmen klappen aber auch dann meist nicht. Es sei denn, der Fotograf entfernt sich weit – meist zu weit – von der Fassade. Oder er arbeitet mit einem Stativ. Immer häufiger eingesetzt werden allerdings Drohnen, die aus fünf Metern Höhe beste Aufnahmen liefern.

„Unser Hochbildstativ verstaubt inzwischen im Keller“, sagt Möllerherm. In Schleswig-Holstein sei sie mit der Drohne bereits unterwegs. Für Mecklenburg-Vorpommern sehe es noch anders aus: „Hier müssen wir eine Luftfahrtgenehmigung haben und einen Führerschein machen.“ Auch Gürbig kümmert sich in diesen Tagen um die rechtlichen Voraussetzung für die Kamerafahrt mittels Drohne: „Ich brauche keinen Führerschein, aber eine Aufstiegsgenehmigung.“

Warum aber geraten Immobilienfotos – vor allem die Innenaufnahmen – oft so scheußlich? Gelegentlich liegt es schlicht am Licht, bzw. am Mangel an Licht. „Alle Lichter also an, die Rollos hoch, die Gardinen beiseite“, rät Gürbig. „Bäder müssen aussehen wie auf einer Bad-Ausstellung, Küchen und Wohnzimmer wie auf einer Möbelmesse“, rät Möllerherm.

Ein weiterer Faktor ist die Zeit. „Wir sagen jedem Kunden, der verkaufen will: Stellen Sie sich bei den Fotoaufnahmen auf zwei, drei Stunden ein.“ Schließlich gelte es von jedem Zimmer eine optimale Aufnahme für die Präsentation herzustellen, von Gärten zwei. „Da muss vorher natürlich der Gärtner durchgehen“, rät die Maklerin aus Schleswig-Holstein. Zu den Aufnahmen schickt Möllerherm nicht nur ihren Fotografen, sondern auch einen ihrer Mitarbeiter, der die Aufnahmen aus Kundensicht betrachtet.

„Wenn Mieter nicht so mitspielen, haben Sie natürlich blöde Bilder“, sagt Möllerherm. Auch sei man mit den nachbearbeiteten Bildern schon einmal übers Ziel hinausgeschossen. Dass Bilder schöner seien als die Immobilie könne passieren. Meist heiße es aber beim Verkaufsgespräch vor Ort: „Genauso habe ich mir das vorgestellt.“

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