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Entwurf für den Umbau des Kinos Colosseum: So könnte das Atrium im Innenhof aussehen, im Hintergrund der geplante Büroneubau.

© Foto/Silumation: Values Real Estate

Gewerbeimmobilien: Top-Büros in Top-Lagen sind Investors Liebling

Standorte außerhalb des S-Bahn-Rings haben es schwer. Ein Interview über Marktmechanismen

Herr Fredrich, Sie sind ein intimer Kenner des hiesigen Gewerbeimmobilienmarktes. Welche Entwicklungen haben Sie am meisten überrascht?

Am meisten überrascht hat mich, dass die Büromieten so enorm gestiegen sind. Ich kann mich erinnern, dass sie konstant über viele Jahre, fast Jahrzehnte, irgendwo um 30 Euro den Quadratmeter gelegen haben. Aktuell liegt die Spitzenmiete bei 43 Euro und es gibt einige besondere Objekte, da finden die Preise sich schon nördlich von 50 Euro. Dass das passieren wird, hatte ich nicht erwartet.

Das müssen Sie uns genauer erklären. Zum einen haben wir Corona. Andererseits gab es zu wenige Büroflächen. Dann wiederum sind sehr viele Flächen, die spekulativ errichtet wurden - also vor ihrer Errichtung noch nicht vermietet waren - inzwischen auch in Betrieb gegangen.

Ja, Sie haben natürlich recht. Bei der Anmietung in diesen Objekten handelt es sich tatsächlich fast ausschließlich um Umsiedlungen innerhalb der Stadt. Viele Unternehmen, hauptsächlich Rechtsanwaltskanzleien, aber auch Immobilienberatungsunternehmen und Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind in modernere, energie-effizientere und besser gelegene Bürogebäude umgezogen. Auch und insbesondere durch Corona, um die Mitarbeitenden mit attraktiven Räumlichkeiten wieder verstärkt ins Büro zurückzuholen.

Also sieht man eigentlich, wenngleich die Gründe vielleicht jetzt dann andere sind, eine Entwicklung wie auf dem Wohnimmobilienmarkt.

In Bezug auf die steigenden Preise im Wohnbereich haben Sie völlig recht. Wenn man sich den Gewerbeimmobilienmarkt anschaut, dann ist eine hohe Anzahl von Investment-Transaktionen im Moment in der Pipeline von Investoren oder Entwicklern, die ihre Objekte möglichst frühzeitig veräußern wollen. Wenn, das wissen wir auch von anderen Standorten, Investoren oder Entwickler bereit sind, Objekte in großer Anzahl zu veräußern, dann nimmt man an, dass die Spitze der Vermietungs- bzw. Kaufpreisspirale erreicht ist. Das heißt: Ich glaube, dass die Preise für Gewerbeimmobilien nicht fallen, aber auch nicht mehr steigen werden.

Vielleicht herrscht inzwischen auch die nackte Angst, dass man Objekte - selbst wenn sie als besonders „grün“ zertifiziert sind - möglichst abstößt.

Wenn man Objekte entwickelt, dann ist es ja grundsätzliches Ziel und sinnig, diese zeitnah zu veräußern. Entwickler versuchen so früh wie möglich, häufig schon im Rahmen von Forward Deals, also während der Bauphase, bereits an einem institutionellen Investor zu verkaufen. Dieser verfügt über Mittelzuflüsse in regelmäßigen Abständen und kann sich so, etwas günstiger, erstklassige Immobilien ohne Wettbewerb sichern. Insgesamt ist der deutsche Markt innerhalb Europas einer der drei attraktivsten und weiterhin extrem gesucht. Und Berlin als innovativer, internationaler Standort, natürlich umso mehr. Auch wenn Risiken frühzeitig verschoben werden, Angst beobachte ich dabei nicht.

Blicken wir vielleicht kurz noch mal über den Tellerrand, sprich über die Landesgrenze nach Brandenburg hinaus. Sie werden beobachten, was ein Flughafen in Schönefeld in Bewegung bringt, was eine Tesla-Ansiedlung ausmacht. In welchen geografischen Räumen rund um Berlin sehen und erwarten Sie besonders viel Bewegung?

Es gibt verschiedene Unternehmen, die sich an Tesla ausrichten, das muss man ganz klar sagen. Für die Logistik und Industrie ist der Süden von Berlin bzw. Brandenburg schon einer der attraktivsten Standorte. Was uns dabei etwas überrascht hat, ist, dass der Büromarkt in Brandenburg und auch in Schönefeld quasi tot ist. Es gibt aktuell kaum Nachfrage. Der Büronutzer favorisiert jeden Standort in Berlin mehr als einen Standort in Brandenburg. Im Wohnbereich ist das anders, da gibt es exzellente Standorte, zum Beispiel Nauen, und einen Trend, in den Westen des Speckgürtels zu gehen. Aber der Büronutzer, der möchte in Berlin bleiben.

Ja, weil er da auch wohnt.

weil er dort auch wohnt. Man unterschätzt tatsächlich die Pendelzeiten, egal wie gut der Standort angebunden ist. Es geht ungefähr bis Adlershof gut. Adlershof ist auch ein exzellenter Bürostandort, aber danach bricht die Nachfrage dann doch rapide ab.

Hanns-Joachim Fredrich (55) führt als Managing Partner und Head of Capital Markets den Berliner Standort des internationalen Immobiliendienstleisters Knight Frank. Fredrich ist seit mehr als 30 Jahren in leitenden Positionen im Immobilieninvestment tätig und Experte für den Berliner Gewerbeimmobilienmarkt. 
Hanns-Joachim Fredrich (55) führt als Managing Partner und Head of Capital Markets den Berliner Standort des internationalen Immobiliendienstleisters Knight Frank. Fredrich ist seit mehr als 30 Jahren in leitenden Positionen im Immobilieninvestment tätig und Experte für den Berliner Gewerbeimmobilienmarkt. 

© Knight Frank/Promo

Wir haben jetzt in den vergangenen Wochen verstärkt den Blick gen Schönefeld gerichtet. Hier gibt es viele neue Büros, andererseits wird in Schönefeld auch Wohnungsbau nachgelegt. Das Bild könnte sich also ändern.

Im Wohnungsbau ist Schönefeld hochattraktiv, aber die Mieten sind von 11 auf 12,50 Euro im Durchschnitt gestiegen. Die Nachfrage ist enorm. Gleichzeitig haben wir eben 88000 Quadratmeter leere Büroflächen in Schönefeld - also der Gemeinde Schönefeld mit Flughafen und Umgebung - und nur eine Marktaufnahme von etwa 7000 bis 10000 Quadratmetern pro Jahr. Und das ist natürlich ein sehr, sehr schlechtes Verhältnis.

Das ist interessant. Sie haben schon von Risikoverschiebungen gesprochen, auch Büros in Schönefeld scheinen ein gewisses Risiko zu sein. Wie ist es denn mit Hotel-Immobilien?

Was viele Hoteliers im Moment noch an die Zukunft glauben lässt, ist eher die Ausweitung des Mittelstandes in Asien. Und Hotels müssen sich einfach den veränderten Gegebenheiten anpassen. In diese Rubrik fallen Hotels für Geschäftsreisen mit relativ kleinen Konferenzräumen, die keine größeren Räumlichkeiten für Bälle oder andere Events haben, die eben auch für Freizeit- oder Wochenendtouristen infrage kommen. Es wird wahrscheinlich keine so klare Abgrenzung mehr geben zwischen Business-Hotels und Häusern für Wochenende oder Ferien. Und das, was räumlich eben nicht gut liegt oder was dezentral ist, wird es schwer haben.

Hotels liegen oft in Innenstädten, die haben ohnehin schon Probleme. Haben diese Zentren überhaupt keine Zukunft mehr?

Der Markt für Ladenlokale ist ich will nicht sagen tot, aber der hat es wirklich schwer und wird sich wahrscheinlich nur in den absoluten Topbereichen erholen. Es gibt kaum neue Brands. Die Unternehmen verdienen teilweise mittlerweile sehr viel mehr und einfacher Geld durch Onlinehandel. Aber was macht man mit den Immobilien? Sicherlich wird man an einigen Standorten für Wohnen umnutzen können, teilweise kommt vielleicht auch eine Nutzung im Bereich Public Office, also zum Beispiel für die örtliche Krankenkasse oder soziale Einrichtungen infrage. Das, was man hier machen muss, ist teilweise einfach die Mieten zu senken und auf hohe Sicherheiten zu verzichten. Also Unternehmertum ankurbeln. Wenn die Eigentümer nicht bereit sind, ihre Mieten dem Markt anzupassen, dann wird es sehr, sehr schwierig werden.

Wie ist das mit dem Thema der Überalterung der Gesellschaft, Pflege- und Seniorenimmobilien? Ist das eine Klasse mit hohen Renditen in Zukunft?

Also Investitionen in Pflege- und Seniorenimmobilien sind zumeist wirklich exzellente Investments, völlig richtig. Die Alterung der Bevölkerung ist in ganz Europa ein Wachstumstreiber für den Bereich. Und der größte Kunde ist der Staat. Der zahlt auch in Krisenzeiten. Die Investition ist also relativ sicher und stabil, allerdings sind die Renditen in den letzten Jahren konstant nach unten gegangen, liegen aber immer noch etwa ein Prozent höher als bei Büro- oder Logistikimmobilien.

Ja, die Renditen sind das eine. Es gibt aber auch eine gesellschaftliche Aufgabe. Passiert in Berlin genug? Wird investiert?

Also die Nachfrage ist in Berlin enorm. Die passenden Standorte zu finden, ist oftmals das Problem. Und natürlich, wenn Sie für eine leerstehende Büroimmobilie mehr als 15 000 Euro den Quadratmeter bezahlen, dann ist das für eine Pflegeimmobilie nicht darstellbar. Sie sind sehr standortsensibel, sollten verkehrsgünstig angeschlossen sein, idealerweise ist auch ein Park in der Nähe - und das ist auch richtig so.

Auweia, Pflegeimmobilien verlieren das Rennen gegen die Büroimmobilien. Braucht man eine Förderung durch den Staat oder wie könnte es gehen?

Na ja, ich weiß nicht, ob das aber bei einer Grundstücksakquisition hilfreich ist. Ich glaube, es ist das ist das gleiche Thema wie das, was wir im Moment im Wohnbereich haben. Besonders in den letzten zwei Jahren haben sich Investoren und Projektentwickler großflächig dem teilweise exzellent erschlossenen Speckgürtel und dem Umland in Brandenburg gewidmet. Wenn Sie aus Nauen innerhalb von 21 Minuten mit der Regionalbahn am Hauptbahnhof sind, dann sind solche Distanzen in München, Frankfurt oder in Hamburg überhaupt kein Thema. Ich denke, wenn man sich tatsächlich immer noch auf dem Kurfürstendamm oder die Französische Straße konzentriert, wird man solche Immobilien im Zweifel eben nicht nur in Berlin finden, sondern eben in gut angeschlossenen Standorten um Berlin herum - in Brandenburg.

Eine interessante Perspektive. In Berlin - Gott sei Dank werden Sie sagen - gibt es keine Gewerbeimmobilien-Mietpreisbremse. Wie attraktiv ist denn der Markt für internationale Investoren?

Nach den USA und Großbritannien ist Deutschland der mit Abstand attraktivste internationale Markt. Aktuell liegt der Fokus nach wie vor auf Büro, Wohnen und Logistik mit Tickets ab ungefähr 100 Millionen Euro aufwärts. Aber ganz klar: Auch aufgrund der Sprachthematik ist der erste Standort, den internationale Unternehmen in Europa erschließen, immer UK, dann folgt Paris und dann auch Deutschland.

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