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Energieintensiven Industrien wie der Stahlbranche bereiten die hohen Strompreise Schwierigkeiten. Die Produktion verlagere sich zunehmend ins Ausland, beklagen Vertreter.

© imago/Rupert Oberhäuser/IMAGO/Rupert Oberhäuser

Industrie in der Krise: Industrievertreter fordern Investitionen in Billionen-Höhe

Deutschland ist kein wettbewerbsfähiger Industriestandort mehr, das beklagen Vertreter aus verschiedenen Branchen. Was durch die Rezession noch schwieriger wird: der Weg zur Klimaneutralität.

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Bürokratie, Fachkräftemangel, hohe Energiekosten und eine überalterte Infrastruktur – all das erschwert Deutschlands Industrien die grüne Transformation. So beklagen es unter anderem Vertreter der Stahl-, Chemie- und Baustoffbranchen beim Klimakongress des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI).

„Nur mit einer wettbewerbsfähigen Wirtschaft kann eine klimaneutrale Zukunft gelingen“, betonte BDI-Präsident Siegfried Russwurm zum Auftakt der Veranstaltung in Berlin. Doch Klimaneutralität sei ein „politisch gestecktes Ziel“. Regulierung, detaillierte Zielvorgaben und technologische Einschränkungen durch die Politik behinderten klimafreundliche Innovationen. So fordert Russwurm von der Bundesregierung etwa weniger Vorgaben zum Einsatz von grünem Wasserstoff.

Grünes Wachstum durch gezielte Subventionen in den Markt – das ist der Kurs von Robert Habeck. „Auch gesellschaftliche Normvorgaben können Treiber von Innovation sein“, sagte der Wirtschaftsminister auf dem BDI-Kongress. Aber zieht die Industrie mit? Momentan überlegt etwa der Stahlkonzern Thyssenkrupp, den Bau einer von Wasserstoff betriebenen Anlage zu stoppen und bereits geflossene staatliche Subventionen zurückzuzahlen.

Habeck kündigte gegenüber den Industrievertretern an, weiterhin in Innovationen investieren zu wollen – auch wenn das nicht mit der Schuldenbremse vereinbar sei. „Investitionen führen zu mehr Wachstum, das bezweifelt niemand, aber dummerweise nicht im selben Haushaltsjahr“, sagte Habeck.

Wirtschaftsminister Robert Habeck plädiert beim BDI-Klimakongress für Investitionen in die Transformation von Industrien.

© dpa/Jörg Carstensen

Dass Investitionen dringend gebraucht werden, da sind sich die Industrieverbände einig. Eine im Auftrag des BDI veröffentlichte Studie kommt zu dem Schluss, dass private und öffentliche Investitionen in Höhe von 1,4 Billionen Euro bis 2030 nötig sind, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie zu sichern.

Die Autoren der Studie beschrieben den Umfang der Investitionen beim BDI-Klimakongress als „vergleichbar mit dem Marshall-Plan nach dem Zweiten Weltkrieg“. Das Geld müsse etwa in Infrastruktur, Digitalisierung und das Schließen der Fachkräftelücke gesteckt werden.

Ein Großteil der Investitionen für ein klimaneutrales Deutschland, darunter auch Investitionen in Industrieanlagen, müssten dagegen laut der Agora Thinktanks nicht aus neuen Geldern finanziert werden. Eine am Dienstag erschienene Studie der Thinktanks ergibt: Drei Viertel der notwendigen Investitionen könnten dadurch gedeckt werden, Gelder von fossilen Technologien weg- und auf klimaneutrale Alternativen umzulenken.

Doch kommen Subventionen für Industrien überall dort an, wo sie gebraucht werden?

Gerd Röders betreibt ein Unternehmen, das Aluminium-Druckguss herstellt. Mit seinen etwa 400 Mitarbeitern sei die G. A. Röders GmbH zu klein, um sich auf die Förderung durch die Klimaschutzverträge zu bewerben – aber zu groß, um von staatlichen Zuschüssen zur Forschung zu profitieren. „Für eine energieintensive Industrie ist es schwer, in Transformationen zu investieren. Zum Beispiel, weil die Industrie aktuell zu wenig Gewinne macht, auch wegen der hohen Energiepreise“, sagt Röders.

Eine Forderung, die auf dem Treffen der Industrievertreter daher oft fällt: Netzentgelte senken und aus dem Haushalt finanzieren. Wirtschaftsminister Robert Habeck zeigte sich der Forderung gegenüber aufgeschlossen. Die Finanzierung der Stromnetze dürfe nicht „auf Unternehmen abgewälzt werden“. Habeck signalisierte, dafür einen Sonderfonds schaffen zu können. Ob sein Finanzminister da mitziehen würde, ist eher fraglich.

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