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Der US-Präsident: Donald Trump.

© dpa/Evan Vucci

Internationale Presse zu Trumps Zöllen: „Handelskrieg mit der EU scheint unausweichlich“

Nach der Ankündigung des US-Präsidenten für hohe neue Abgaben auf Importe in die USA reagieren Medien weltweit besorgt. Der Schritt wird als beispiellos bewertet und vor immensen Folgen gewarnt.

Stand:

US-Präsident Donald Trump sagt mit einem gewaltigen Zollpaket Handelspartnern auf aller Welt den Kampf an. Es könnte der Auftakt zu einem globalen Handelskrieg sein: Die Europäische Union und China kündigten bereits Gegenmaßnahmen an, suchen aber zugleich den Dialog.

Die US-Regierung führt neue pauschale Zölle in Höhe von zehn Prozent auf Importe aus allen Ländern ein, wie Trump verkündete. Für viele Staaten sollen je nach Handelsdefizit deutlich höhere Strafabgaben greifen. Auf Einfuhren aus Deutschland und anderen Staaten der Europäischen Union in die USA sind demnach neue Zölle in Höhe von 20 Prozent vorgesehen, für solche aus China sogar 34 Prozent. Die Reaktionen der internationalen Presse:

ITALIEN
„La Repubblica“: Der „Tag der Befreiung“ von Donald Trump ist ein Tsunami von Zöllen, der die Reste der Globalisierung hinwegfegt und eine Phase wirtschaftlicher Unsicherheit einleitet, die Allianzen kippen, Konflikte auslösen und die Versorgungsketten des Welthandels stören kann. Mit einer Flut von Auswirkungen, die in das Leben eines jeden von uns eindringen werden. 

Es ist die Ankündigung einer Offensive auf globaler Ebene. Aber es ist ein Weg, der nach Einschätzung der Geschäftsbank Goldman Sachs in den USA in diesem Jahr zu mehr Inflation, weniger Wachstum und höherer Arbeitslosigkeit führen wird. (...) Befürchtet wird, den Fehler des Smoot Hawley Tariff Acts zu wiederholen, jenes Kongressgesetzes, das Präsident Hoover 1930 unterzeichnete und mit dem Zölle von bis zu 20 Prozent auf etwa 20.000 importierte Produkte eingeführt wurden. Das führte zu einer Verschärfung der Großen Depression, von der die Amerikaner ohnehin schon geplagt waren.

Trumps neuer Zollangriff gibt China eine weitere Möglichkeit, seinen großen Markt zu nutzen, um US-Verbündete zu umwerben.

Wall Street Journal

USA
„Wall Street Journal“: Während wir dies schreiben, sind noch nicht alle Details klar, aber die Zölle von (US-Präsident Donald) Trump scheinen nur dem Namen nach „reziprok“ zu sein. Zunächst erlegt er allen Ländern der Welt einen „Grundzoll“ von 10 Prozent auf, um auf dem US-Markt verkaufen zu können. (...) China wird mit Zöllen in Höhe von 34 Prozent belegt, aber unsere japanischen Freunde werden mit 24 Prozent fast genauso viel zahlen. Die Europäische Union wird mit 20 Prozent belastet, Indien mit 24 Prozent. (...)

Trumps neuer Zollangriff gibt China eine weitere Möglichkeit, seinen großen Markt zu nutzen, um US-Verbündete zu umwerben. Südkorea und Japan sind die ersten Ziele, aber auch Europa steht auf Chinas Liste. Engere Handelsbeziehungen mit China inmitten von Zweifeln über den Zugang zum US-Markt machen es für diese Länder unwahrscheinlicher, dass sie sich den USA anschließen, um Exportkontrollen für Technologie nach China einzuführen oder das nächste Huawei zu verbieten. (...)

Die Neugestaltung der Weltwirtschaft hat weitreichende Folgen, und diese werden vielleicht nicht alle zu dem führen, was Trump als neues „goldenes Zeitalter“ anpreist.

CHINA
„Xinhua“: Indem es den Handel in ein allzu simples „Wie du mir, so ich dir“-Spiel verwandelt, zerlegt Washington ein globales Handelssystem, das auf Effizienz, Spezialisierung und gegenseitigem Nutzen beruht, und schadet damit sowohl der US-Wirtschaft als auch insgesamt der Weltwirtschaft.

Die Idee der wechselseitigen Zölle ist besonders fehlgeleitet. Das Prinzip des komparativen Vorteils erlaubt es den Ländern, sich auf das zu konzentrieren, was sie am besten können, und für den Rest zu handeln. Dies zu ignorieren, führt zu wirtschaftlicher Ineffizienz. (...)

Washingtons Zoll-Besessenheit versagt nicht nur darin, US-Branchen wiederzubeleben, sondern wirft sie sogar zurück.

Xinhua, Chinas amtliche Nachrichtenagentur

Ironischerweise sind die offensichtlichsten Opfer von Trumps Protektionismus wahrscheinlich die Amerikaner selbst. Trotz der Versprechen, das verarbeitende Gewerbe wiederzubeleben, haben protektionistische Maßnahmen Ineffizienzen verfestigt und die Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt. (...)

Washingtons Zoll-Besessenheit versagt nicht nur darin, US-Branchen wiederzubeleben, sondern wirft sie sogar zurück. Noch beunruhigender für die amerikanischen Politiker ist die Tatsache, dass dieser Ansatz die Gefahr birgt, dass die Vereinigten Staaten ins Abseits geraten, während die Weltwirtschaft ohne sie voranschreitet.

SCHWEIZ
„Tages-Anzeiger“: Es ist der bisher aggressivste und folgenschwerste Schritt in der Handelspolitik des US-Präsidenten. Dies trifft die Europäische Union hart und dürfte die Weltwirtschaft im erheblichen Maße belasten. Ein Handelskrieg mit der Europäischen Union scheint nun unausweichlich.

Der Republikaner hatte den Tag der Verkündung vorab als „Tag der Befreiung“ angepriesen und die Verhängung wechselseitiger Zölle angekündigt. Das bedeutet im Prinzip, dass die USA überall dort ihre Zölle entsprechend im Verhältnis anheben, wo sie derzeit weniger verlangen als ihre Handelspartner. Nun will er ein höchst komplexes System einführen, das sowohl wechselseitige als auch pauschale Strafabgaben enthält.

Trumps Ziel ist, US-Unternehmen davon abzuhalten, Produkte aus dem Ausland einzuführen. Das soll langfristig den Produktionsstandort USA fördern. Da mit Gegenzöllen gerechnet wird und auf die exportierenden Unternehmen Umsatzeinbußen zukommen dürften, könnte dies zu einem Rückgang der Produktion und möglichen Stellenstreichungen führen, was die Wirtschaft insgesamt belasten kann. Ein eskalierender Handelskonflikt zwischen den USA und der EU wird daher auch für Schweizer Verbraucher deutlich spürbare Auswirkungen haben.

Ein solcher Protektionismus wird die USA nicht in ein neues goldenes Zeitalter führen.

Neue Zürcher Zeitung

„Neue Zürcher Zeitung“: Er träumt von einem Amerika, das wirtschaftlich völlig unabhängig wird – allen Stahl selbst gießt, alle Möbel, Autos und Schiffe selbst baut. (…) Ein solcher Protektionismus wird die USA nicht in ein neues goldenes Zeitalter führen, sondern ihre Konsumenten und Produzenten teuer zu stehen kommen. Zwar spielt der Außenhandel in den USA wegen des großen Binnenmarkts eine viel kleinere Rolle als in Deutschland und der Schweiz. Aber die Zölle werden den Inflationsdruck in den USA erhöhen und das Wachstum bremsen.(…)

Wichtig wird nun sein, wie die betroffenen Staaten auf Trumps Kehrtwende reagieren. Lassen sie sich provozieren und üben Vergeltung nach dem Prinzip „Auge-um-Auge, Zahn-um-Zahn“, droht ein globaler Rückfall in den Merkantilismus. Ein solcher könnte leicht eine ernsthafte Weltwirtschaftskrise auslösen.

Um dies zu verhindern, sollte Europa jetzt möglichst auf Gegenzölle verzichten, das von den USA mit Füßen getretene Welthandelssystem achten und den Freihandel mit Gleichgesinnten ausbauen. Die EU und die Schweiz könnten hier eine Vorreiterrolle einnehmen und ihre Wirtschaftsbeziehungen zu anderen vom amerikanischen Protektionismus getroffenen Ländern in Asien (inklusive China) und Lateinamerika stärken.

IRLAND
„The Irish Times“: Bis vor Kurzem hatte man in anderen Ländern gehofft, dass US-Präsident Donald Trump von seiner irren Zoll-Besessenheit abgebracht werden könnte. Jetzt wissen wir, dass er damit weitermacht, koste es, was es wolle. Und täuschen wir uns nicht: Zölle in dem Umfang, wie er sie am Mittwoch in seiner gewohnt ausschweifenden Präsentation angekündigt hat, werden erhebliche negative Auswirkungen auf die Weltwirtschaft und die USA selbst haben.

Dies ist ein Wendepunkt in der Wirtschaftsgeschichte und wird wahrscheinlich eine Kette von Ereignissen in Gang setzen, die nicht leicht rückgängig zu machen sind. Aber vielleicht ist es genau das, was der US-Präsident will.

Trump wird behaupten, dass die kurzfristigen Kosten für die USA mit der Zeit zu einer neuen Ära des Wohlstands führen werden. Auch das ist ein Irrtum, wobei wir nicht erwarten sollten, dass der Präsident dies jemals zugeben wird. Während die Preise in den USA steigen und Arbeitsplätze verloren gehen, wird er weiter abwiegeln und behaupten, die USA würden ungerecht behandelt.“

NORWEGEN
„Verdens Gang“: Donald Trump hat einen Handelskrieg gestartet, der die Verbraucherinnen und Verbraucher trifft, die Preise in die Höhe treibt und die Weltwirtschaft erschüttert. Kaum ein Land entgeht seinen neuen Zöllen. Alles wird mit ihnen teurer, etwa Autos und Streaming. Die sogenannte „Befreiung“ trifft den internationalen Handel und die Wirtschaft, es ist eine seltsame Art und Weise, nach Befreiung zu streben.

Ökonomen lehnen die Zölle entschieden ab und gehen davon aus, dass in den USA und vielen anderen Ländern Arbeitsplätze verloren gehen werden. Trump glaubt dagegen, dass sie „Amerika wieder großartig machen“ werden. Allerdings schwankte er in der Vergangenheit mit seinen Zollvorstößen hin und her. Die größte Hoffnung besteht darin, dass er auch dieses Mal wieder zurückrudert.

GROSSBRITANNIEN
Der Wirtsschaftexperte des britischen Senders „BBC“ bezeichnet Trumps Zölle als „die größte Veränderung im Welthandel seit 100 Jahren“, weiter schreibt er: Die Auswirkungen dieser Zölle auf die Weltwirtschaft werden enorm sein. (...) Im Kern handelt es sich um einen allgemeinen Zoll von 10 Prozent auf alle Einfuhren in die USA, der in der Nacht zum Freitag eingeführt wird. Darüber hinaus werden Dutzende der „schlimmsten Übeltäter“ für ihre Handelsüberschüsse mit Gegenzöllen belegt. Die Zölle auf asiatische Länder sind bemerkenswert. Sie werden die Geschäftsmodelle Tausender Unternehmen, Fabriken und möglicherweise ganzer Nationen zerstören.

Einige der von den größten Unternehmen der Welt geschaffenen Lieferketten werden sofort zusammenbrechen. Die unausweichliche Folge wird sein, dass diese Firmen nach China drängen.

Ziel dieser Politik ist es, das US-Handelsdefizit „wieder auf Null“ zu bringen. Das bedeutet eine völlige Umstellung der Weltwirtschaft. (...) Doch die Verlagerung von Fabriken wird Jahre dauern. Zölle in dieser Größenordnung auf Ostasien, insbesondere in Höhe von 30 oder 40 Prozent, werden die Preise für Kleidung, Spielzeug und Elektronik schnell in die Höhe treiben. Die Frage ist nun, wie der Rest der Welt darauf reagiert.

TSCHECHIEN
„Aktualne.cz“: Donald Trump wirkt oft unstet und chaotisch. Doch wenn es ein Thema gibt, bei dem er absolut konsistent bleibt, dann sind es Zölle. Trump liebt Zölle und bringt das seit Jahrzehnten zum Ausdruck. (...) Das Einzige, was sich ändert, ist der Feind: Erst war es Japan, dann China - und nun sind es Europa und Kanada. (...) 

Trump verspricht sich von seinen Zollerhöhungen, dass die Industrie in den „Rust Belt“ im Nordosten der USA zurückkehren wird. Das kommt bei seinen Wählern gut an. Denn die Globalisierung hat zwar die USA reich gemacht, doch nicht immer sind auch die einfachen Amerikaner reicher geworden. Ganz im Gegenteil: Für viele Arbeiter ist der amerikanische Traum inzwischen in weite Ferne gerückt.

BELGIEN
„De Tijd“: Die Idee hinter seiner beispiellosen Zoll-Bonanza ist eine zweifache. Der Republikaner will das seiner Meinung nach wahnsinnig unfaire Handelsdefizit der USA gegenüber dem Rest der Welt beseitigen, das bis 2024 auf mehr als 1,2 Billionen Dollar angestiegen ist. Nach Ansicht des Präsidenten profitieren andere Länder von Amerikas Reichtum, indem sie mehr in die USA exportieren als sie von dort importieren.

Trump hofft zudem, dass Unternehmen aufgrund der Zölle ihre Produktion in die USA verlagern werden, was zu mehr Arbeitsplätzen, Wohlstand und dem von ihm versprochenen „goldenen Zeitalter“ führen soll. Nach Angaben des Weißen Hauses werden durch die erhöhten Zölle jährlich etwa 700 Milliarden Dollar in die Staatskasse fließen. Damit sollen dann die von Trump versprochenen Steuersenkungen gegenfinanziert werden.

Doch die Realität dürfte sich als widerspenstiger erweisen. Viele Unternehmen, unter anderem in der Autoindustrie, haben Lieferketten mit globalen Verzweigungen. Die neue Zollsalve, die schwerste seit Jahrzehnten, droht, diese globalen Handelsströme zu zerstören. (lem)

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