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Wird Fliegen wieder billiger? Die Regierung plant Entlastungen für die Airlines.

© dpa/Michael Ukas

Luftverkehrsteuer und Kosten sinken: Flugtickets werden wohl trotzdem kaum günstiger

Die Koalition will die Fluggesellschaften entlasten. Profitieren davon auch die Passagiere? Zumindest ein Vorteil zeichnet sich jetzt schon ab – wenn auch nicht bei den Preisen.

Stand:

Es klingt nach einer echten Entlastung: Fluggesellschaften sollen im kommenden Jahr deutlich weniger Steuern zahlen. Darauf hat sich die Regierungskoalition geeinigt. Die Luftverkehrsteuer, die für alle Flüge ab Deutschland anfällt, soll zum 1. Juli 2026 auf das Niveau vor der Erhöhung im Mai 2024 gesenkt werden, den Airlines bringt das eine Steuerersparnis von 350 Millionen Euro.

Hinzu kommt: Auch die Kosten der in Deutschland vergleichsweise teuren Flugsicherung sollen im nächsten Jahr reduziert werden, bis 2029 sollen die Gebühren um mehr als zehn Prozent sinken.

Wird Fliegen jetzt wieder billiger? Kehrt die Zeit der Billigtickets zurück? Der Verkehrsexperte der Union, Stephan Stracke, fordert die Fluggesellschaften auf, die Ticketpreise zu reduzieren. Von Steuer- und Gebührensenkungen müssten auch die Kunden profitieren, sagte der CSU-Politiker der „Bild am Sonntag“. Die Preise, so meint Stracke, sollten dabei schon vor dem 1. Juli 2026 reduziert werden, damit Urlauber bereits in den Sommerferien etwas davon haben. Stracke erwartet Preissenkungen, allen voran von der größten deutschen Fluggesellschaft, der Lufthansa.

Die Lufthansa hält sich zurück

Doch die hält sich bedeckt. Für eine Prognose, wie sich die Ticketpreise entwickeln, sei es jetzt noch zu früh, sagte eine Sprecherin der Lufthansa Group dem Tagesspiegel. „Grundsätzlich spielen bei der Preisgestaltung viele Faktoren wie Angebot und Nachfrage, die konkrete Strecke sowie weitere Standort- und Produktionskosten eine Rolle.“ Das betrifft nicht nur die Lufthansa selbst, sondern auch Tochtergesellschaften wie Eurowings.

Auch andere Fluggesellschaften halten sich zurück. Die Ankündigung der Bundesregierung, die Luftverkehrsteuer zu senken, sei ein „erstes, positives Signal“ sowohl für Passagiere als auch für die Fluggesellschaften, heißt es auf Anfrage bei Easyjet. Deutschland zähle zu den Ländern mit den höchsten Abgaben im europäischen Luftverkehr.

Eine Easyjet-Sprecherin zählt Deutschland zu den Ländern mit den höchsten Abgaben im europäischen Luftverkehr.

© dpa/Patrick Pleul

„Günstige Preise basieren auf niedrigen Standortkosten und dementsprechend hohem Angebot“, sagte eine Sprecherin dem Tagesspiegel. Hier sei Deutschland im europäischen Vergleich „noch stark benachteiligt“.

Kosten haben sich seit 2019 verdoppelt

Nach Berechnungen des Bundesverbands der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) haben sich die Standortkosten für Flüge ab Deutschland seit 2019 mehr als verdoppelt. Durch die in Aussicht gestellten Entlastungen sinken die Kosten für Steuer, Sicherheitskontrolle und Flugsicherung gerade mal um zehn Prozent, hat der Branchenverband ausgerechnet.

Dies sei ein „erster, guter Schritt“, so BDL-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. Aber damit Deutschland am Boom des Luftverkehrs in Europa teilhaben könne, seien noch weitere Schritte erforderlich.

Ryanair-Chef Michael O’Leary wird konkreter. Er bedauert, dass Bundeskanzler Merz „diese dumme und schädliche Steuer nicht vollständig abgeschafft, sondern nur ab Juli 2026 reduziert hat“. Was die Steuersenkung für die Ticketpreise des irischen Billigfliegers bedeutet, lässt aber auch Ryanair offen.

So viel ist es konkret: 3,05 Euro pro Flug

Klar ist: Für die weit überwiegende Zahl der Flüge zu Zielen innerhalb Europas ist die Entlastung übersichtlich. Für Inlandsflüge und Verbindungen zu europäischen Destinationen soll die Steuer von derzeit 15,53 Euro auf 12,48 Euro sinken. „Es sind nur 3,05 Euro Entlastung drin“, sagt André Duderstaedt, Verkehrsexperte des Bundesverbands der Verbraucherzentralen. Das ist die Benchmark für den Großteil des innereuropäischen Verkehrs, lediglich der Flug zum Aytrau International Airport in Kasachstan, der im Flugverkehr zu Europa zählt, wird steuerlich um 7,73 Euro noch preiswerter.

Größte deutsche Airline: Streicht die Lufthansa weniger Verbindungen als angekündigt?

© dpa/Malin Wunderlich

Eine großangelegte Preissenkung für Tickets dürfte daher eher unwahrscheinlich sein. Dennoch werden Passagiere nach Einschätzung der Branche profitieren. Denn viele Airlines haben in der Vergangenheit Strecken gestrichen oder planen das aktuell, weil die Verbindungen nicht wirtschaftlich waren. Im aktuellen Winterflugplan, der bis Ende März gilt, liegt das Sitzplatzangebot verglichen mit dem Vor-Corona-Jahr 2019 bei 87 Prozent, in Ländern außerhalb Deutschlands sind es inzwischen 113 Prozent.

„Ein wesentlicher Grund für die Verschlechterung der Wirtschaftlichkeit von Flügen in und ab Deutschland sind die viel zu hohen staatlichen Standortkosten“, heißt es bei der Lufthansa Group. Daher seien Entlastungen notwendig, um das rückläufige Angebot an deutschen Flughäfen zu stabilisieren.

Streicht die Lufthansa weniger Verbindungen als geplant?

„Davon profitieren unmittelbar auch Kundinnen und Kunden“, betont eine Lufthansa-Sprecherin. „Strecken, die zur Disposition stehen, werden unter Einbeziehung der beschlossenen und angekündigten Maßnahmen weiter geprüft.“ Erst vor einem Monat hatte Lufthansa-Konzernchef Carsten Spohr angekündigt, 100 innerdeutsche Flüge pro Woche auf den Prüfstand zu stellen und eventuell im kommenden Sommer zu streichen.

Davon wären etwa Verbindungen von München nach Münster/Osnabrück oder Dresden betroffen gewesen. Nun wird im Konzern noch einmal neu gerechnet.

Auch Ryanair hat den Rotstift angesetzt. Bereits im Frühjahr hatte die Linie ihr Angebot in Deutschland reduziert, jetzt sollen weitere 24 Verbindungen mit Platz für 800.000 Passagiere gestrichen werden. Die Liste der Streichungen umfasst Berlin und den kleineren Flughafen Memmingen. Allein in Berlin fallen fünf Verbindungen weg.

Ryanair und Easyjet weichen auf europäische Standorte aus, die geringere Kosten haben. Im europäischen Ausland fällt in der Regel nur ein Bruchteil der Kosten für Steuern, Flugsicherung und Sicherheitskontrollen an, betont ein BDL-Sprecher. Airlines hätten daher aus wirtschaftlichen Gründen zunehmend ihre Flugzeuge in andere Länder verlagert und Strecken von, nach und in Deutschland reduziert oder ganz eingestellt. Das könnte sich jetzt ändern: „Verschiedene in Deutschland tätige Fluggesellschaften werden den Erhalt einzelner Strecken prüfen, die sie zuvor aufgrund mangelnder Wirtschaftlichkeit zur Disposition gestellt hatten.“
 

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