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Komfort in der Klinik. Zahlungskräftige ausländische Patienten buchen sich gern in Luxusstationen ein. Auch in Berlin gibt es solche Angebote. Foto: dapd

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Wirtschaft: Nach Berlin ins Krankenhaus

Immer mehr Menschen aus dem Ausland kommen in die Stadt, um sich medizinisch behandeln zu lassen.

Berlin - Eine Operation im Ausland erfordert viel Planung: Flüge und ein Hotel müssen gebucht, vielleicht ein Visum beantragt werden. Die landeseigene Klinikkette Vivantes in Berlin übernimmt das gern für die Patienten. „Wir kooperieren mit Hotels, kümmern uns um Transfers und haben Mitarbeiter, die verschiedenste Sprachen sprechen“, sagt Nizar Maarouf, Vize-Chef von Vivantes International, einer eigens für solche Dienstleistungen gegründeten Tochterfirma.

Vivantes betreibt derzeit zwei Erste- Klasse-Kliniken, eine größere in Reinickendorf, eine kleinere in Spandau, die besonders häufig von ausländischen Patienten genutzt werden. „Mittlerweile gibt es Wartelisten“, sagt Maarouf. In diesen Komfortkliniken erhält man Chefarztbehandlung, außerdem kümmern sich Helfer um zusätzlichen Service wie in einem Hotel. Zwar kann sich jeder in diesen Komfortkliniken behandeln lassen, Kassenpatienten müssen aber zuzahlen.

1400 Patienten kamen 2011 aus anderen Ländern in die Vivantes-Kliniken. Besonders gefragt waren orthopädische Behandlungen und Krebstherapien. Auch in der Berliner Universitätsklinik Charité werden zunehmend ausländische Patienten behandelt. „Vor allem aus Russland kommen derzeit viele“, sagt Sprecherin Stefanie Winde.

Berlin, das sich schon lange als Gesundheitshauptstadt vermarktet und sich um die Ansiedlung von Firmen aus der Medizintechnik und Biotechnologie bemüht, will nun auch den Gesundheitstourismus fördern. 2010 kamen insgesamt 3500 Patienten aus anderen Ländern in die Kliniken der Hauptstadt. Im Vergleich zu 2008 ist das ein Plus von mehr als 30 Prozent. Ein knappes Fünftel der „Gesundheitstouristen“ in Berlin kommt aus Russland, viele fliegen auch aus arabischen Staaten wie Saudi-Arabien und aus den europäischen Nachbarländern ein.

Doch damit liegt Berlin immer noch deutlich hinter Bundesländern wie Bayern und Nordrhein-Westfalen, die fünfmal mehr Patienten aus dem Ausland behandeln. In ganz Deutschland liegt der Anteil der ausländischen Patienten im Schnitt unter einem Prozent. Der Deutschen Zentrale für Tourismus (DZT) zufolge steigen aber die Zahlen: So kamen 2009 bereits rund 71 000 Patienten aus 173 Ländern nach Deutschland – im Vergleich zu 68 000 in 2008. „Viele internationale Reiseveranstalter wollen ihr Angebot an Gesundheitsreisen ausbauen“, sagt Petra Hedorfer, Vorstandsvorsitzende der DZT. Dies sei derzeit eines der größten Wachstumsfelder im Tourismus.

So freuen sich neben den Kliniken auch die Berliner Hotels über den Gesundheitstourismus. Denn ausländische Patienten bringen meist noch Angehörige mit in die Stadt. Nach Angaben von „Visit Berlin“, der Tourismusmarketingagentur der Hauptstadt, bleiben reguläre Berlin-Touristen im Schnitt 2,3 Tage, die Gesundheitstouristen übernachten jedoch durchschnittlich zwölf Tage. „Hinzu kommen die vielen medizinischen Kongresse in der Stadt mit rund 1,5 Millionen Besuchern im vergangenen Jahr – und Wellnessreisende“, sagt Burkhard Kieker, Geschäftsführer von „Visit Berlin“. Auch vom neuen Flughafen in Schönefeld erhofft sich die Stadt mehr ausländische Patienten durch zusätzliche Direktflüge.

Krankenhausärzte warnen jedoch, dass angesichts des wachsenden Marktes darauf geachtet werden müsse, dass die gesetzlich Versicherten aus Berlin nicht zu kurz kommen. In der Hauptstadt sind in den vergangenen 20 Jahren überdurchschnittlich viele Klinikbetten abgebaut worden. Gab es 1991 noch 104 Häuser mit 40 000 Betten, sind es heute noch 79 Kliniken mit 20 000 Betten. Laut Krankenhausplan des Senats seien 300 neue Klinikbetten nötig, um eine umfassende Versorgung zu gewährleisten. Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) sieht einer Sprecherin zufolge aber kein Problem im Medizintourismustrend.

Zuwachs soll es auch bald geben: Die Klinikkette Vivantes will demnächst zwei weitere Komfortkliniken für zahlungskräftige Patienten in Neukölln und in Schöneberg eröffnen.

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