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Lampen unter dem Label Osram verkauft das Unternehmen immer noch, doch das vor gut 100 Jahren in Berlin an der Oberbaumbrücke gegründete Unternehmen ist inzwischen Spezialist für Fahrzeugsensorik und autonomes Fahren.

© Reuters

Umstrittene Übernahme: Österreicher kaufen Osram

Der Apple-Lieferant AMS bietet 3,7 Milliarden Euro für den Sensorikspezialisten. Die IG Metall befürchtet eine Osram-Zerschlagung und massiven Stellenabbau.

Am Ende gibt das Geld den Ausschlag. Vorstand und mehrheitlich auch der Aufsichtsrat von Osram empfehlen den Aktionären trotz Bedenken den Verkauf ihrer Aktien an die österreichische AMS. Die Österreicher bieten 38,50 Euro je Aktie, was auf eine Summe von 3,7 Milliarden Euro hinausläuft. Bain Capital und Carlyle, Finanzinvestoren aus den USA, wollten knapp 3,4 Milliarden Euro zahlen. Mit Blick auf die Ausrichtung der Geschäfte, die globalen Standorte, das Synergiepotenzial und das Integrationskonzept seien noch viele Fragen offen, teilte die Osram-Führung mit. Insgesamt sei die AMS-Strategie dennoch „vielversprechend“, vor allem „bei der Entwicklung innovativer Sensorik- und Photonik-Lösungen“.

Einige hundert Stellen in München weg

AMS-Chef Alexander Everke meinte, beide Unternehmen ergänzten sich weitgehend: „95 Prozent sind komplementäre Teams die fast nicht überlappend sind.“ Allerdings wolle AMS in der Verwaltung in München „einige hundert“ Stellen abbauen, kündigte Everke an. „Wir haben die Möglichkeit, einen europäischen Champion zu schaffen“, sagte er in München.

Als Beispiele nannte er die Entwicklung neuer optoelektronischer Produkte für Mobiltelefone, Autoindustrie und Medizintechnik, die Sensoren und LED-Beleuchtung kombinieren. Hauptkunde von AMS ist Apple, unter anderem liefern die Österreicher die Sensorik für iPhone-Displays und 3D-Gesichtserkennung.

Die IG Metall befürchtet das Schlimmste und stellt sich vehement gegen die Übernahme. Die Österreicher hätten angekündigt, mit Entlassungen 120 Millionen Euro Personalkosten jährlich sparen zu wollen. „Zudem will AMS die Digitalsparte von Osram verkaufen und Osram damit de facto zerschlagen“, schimpfte die Gewerkschaft. Das Unternehmen habe großes Potenzial, doch „das Geschacher am Finanzmarkt“ drohe tariflich gut bezahlte Industriearbeitsplätze zu vernichten.

Osram sei mit 24.000 Beschäftigten, davon ein Viertel in Deutschland, die Nummer Eins bei Auto- und Sensorlicht, hieß es weiter. AMS plane nun, die über 17 000 Patente von Osram nach Singapur zu verlagern und das Unternehmen von Österreich aus zu steuern. Eine Investitionsprüfung durch das Bundeswirtschaftsministerium sei daher wahrscheinlich und bedeutet ein beträchtliches Transaktionsrisiko für alle Beteiligten, argumentiert die IG Metall.

IG Metall appelliert an Allianz

Die Gewerkschaft habe deshalb „Kontakt zur Allianz als Lead-Investor von Osram aufgenommen und darum gebeten, AMS keine Aktien anzudienen, um die Zukunft von Osram nicht zu gefährden“. AMS-Chef Everke wiederum gab an, er habe von der Allianz ein „positives Feedback“ bekommen. Die Übernahme will AMS durch Kredite finanzieren.

AMS ist viel kleiner als Osram

AMS ist in der Schweiz börsennotiert und derzeit rund drei Milliarden Euro wert, der Umsatz lag 2018 bei 1,4 Milliarden Euro – nicht einmal die Hälfte des Osram-Umsatzes im vergangenen Geschäftsjahr. Osram steht zum Verkauf, weil der Traditionskonzern in jüngster Zeit in schwieriges Fahrwasser geraten ist. In diesem Jahr könnte der Umsatz um gut zehn Prozent zurückgehen.

Das Unternehmen produziert hauptsächlich LEDs und Optoelektronik, die wichtigsten Kunden sind Auto- und Smartphone-Hersteller. Da in beiden Branchen die Geschäfte mindestens stagnieren, ist das Unternehmen in Schwierigkeiten geraten. Hinzukommt, dass Osram unmittelbar vor Beginn des Abschwungs noch viel Geld in die Erhöhung der Kapazitäten investiert hatte.

1918 in Berlin gegründet

Osram war 1918 nördlich der Oberbaumbrücke in Berlin gegründet worden. AEG, Siemens & Halske und die Deutsche Gasglühlicht legten damals ihre Glühlampenproduktion in der neuen Gesellschaft Osram zusammen. Der Name geht auf die Metalle Osmium und Wolfram zurück, die seinerzeit bei der Herstellung der Glühfäden für Lampen verwendet wurden. Nach der Enteignung der Betriebsteile im Osten verlagerte Osram seinen Firmensitz 1954 nach München.

In den 1970er-Jahren übernahm Siemens alle Anteile am Unternehmen. Vor einigen Jahren wurde Osram aus dem Siemens-Konzern als selbstständige AG ausgegliedert und an die Börse gebracht. Bis 1999 wurden noch in Berlin Glühlampen produziert. Heute beschäftigt das Unternehmen an der Spandauer Nonnendammallee noch etwa 700 Mitarbeiter mit der Produktion von  Sensorik für die Autoindustrie sowie Software für autonomes Fahren. (mit dpa)

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