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Postbote mit seinem Fahrrad in Berlin

© imago images / Seeliger

Exklusiv

Portoerhöhung der Post: War das Wirtschaftsministerium zu unkritisch?

Zum 1. Juli wird das Porto deutlich teurer. Ermöglicht hat das Wirtschaftsminister Altmaier. Doch eine Gewinnprüfung fand vorher nicht statt.

Postkunden müssen ab Juli tiefer in die Tasche greifen. Der Standardbrief kostet dann 80 Cent Porto statt bislang 70, die Postkarte muss mit 60- statt mit 45 Cent-Briefmarken beklebt werden, auch Kompakt-, Groß- und Maxibriefe werden teurer.

Verbrauchern steht die größte Portoerhöhung in der Geschichte der Post bevor. Den Weg dafür hatte das Bundeswirtschaftsministerium freigemacht. Im März hatte Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dem einstigen Staatsunternehmen einen deutlich größeren Preiserhöhungsspielraum eingeräumt als zuvor.

Statt 4,8 Prozent wie von der Bundesnetzagentur vorgesehen, kann die Post das Porto nun um 10,6 Prozent heraufsetzen.

Wie sich jetzt herausstellt, hat das Wirtschaftsministerium diese Entscheidung gefällt, ohne vorher eine Folgenabschätzung vorzunehmen. Das hat eine Anfrage des dienstleistungspolitischen Sprechers der Linken-Bundestagsfraktion, Pascal Meiser, an das Bundeswirtschaftsministerium ergeben, die dem Tagesspiegel exklusiv vorliegt. „Die konkrete Höhe des Gewinnsatzes, der sich aus der letzten Änderung der Post-Entgeltregulierungsverordnung ergeben würde, war der Bundesregierung im Vorfeld nicht bekannt“, heißt es in der Antwort des Ministeriums.

„Eine Prognose des zu erwartenden Gewinnsatzes war im Vorfeld der Verordnungsänderung nicht möglich.“ Mit der Änderung der Gewinnberechnung habe die Bundesregierung vielmehr auf die Herstellung eines „level playing fields“, also der Schaffung gleicher Wettbewerbschancen der Post im Vergleich zu europäischen Konkurrenten, abgezielt. Vor der Veränderung hatte sich der Gewinnzuschlag der Post an allen europäischen Postunternehmen orientiert. Nun sind kleine Dienstleister oder Staatsunternehmen, die billiger sind als die Post, aus der Vergleichsgruppe ausgenommen.

Die Post muss sich das Briefporto genehmigen lassen, weil sie die Grundversorgung für Deutschland übernommen hat und dafür beim Briefporto von der Mehrwertsteuer befreit ist. Post-Chef Frank Appel will den Gewinn des Konzerns, an dem der Bund noch mit gut 20 Prozent beteiligt ist, steigern. Von 3,2 Milliarden Euro im vergangenen Jahr soll der Gewinn in diesem Jahr auf 3,9 bis 4,3 Milliarden Euro steigen, 2020 sollen es über fünf Milliarden Euro sein. Die Brief- und Paketsparte soll dazu über 1,6 Milliarden Euro beisteuern.

Die größte Erhöhung seit langem: Eigentlich wollte die Post das Porto schon im vergangenen Jahr heraufsetzen.
Die größte Erhöhung seit langem: Eigentlich wollte die Post das Porto schon im vergangenen Jahr heraufsetzen.

© AFP

Linken-Politiker Meiser hält das Vorgehen des Bundeswirtschaftsministeriums für ein Armutszeugnis. „Entweder wusste die Bundesregierung tatsächlich nicht, welche konkreten Auswirkungen die von ihr vorgenommene Änderung der Post-Entgeltregulierungsverordnung auf die Umsatzrendite der Deutschen Post AG haben würde.

Dann handelte sie zumindest höchst fahrlässig. Oder sie stellt sich dümmer, als sie ist, und verzichtete mutwillig auf eine eigentlich zu erwartende quantifizierte Folgeabschätzung, um der Deutschen Post AG leichter den Roten Teppich für ihre nächsten Portoerhöhungen ausrollen zu können“, kritisiert Meiser, der auch im Beirat der Bundesnetzagentur sitzt.

Weg frei für die Portoerhöhung: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat den Gewinnspielraum der Post per Verordnung erhöht.
Weg frei für die Portoerhöhung: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat den Gewinnspielraum der Post per Verordnung erhöht.

© imago images / Arnulf Hettrich

Die Bundesregierung müsse die jüngste Änderung der Post-Entgeltregulierungsverordnung umgehend wieder zurücknehmen und künftig für Transparenz sorgen, fordert Meiser.

„Portoerhöhungen dürfen in Zukunft nur noch dann genehmigt werden, wenn die zusätzlichen Einnahmen nachweislich auf eine Kostensteigerung zurückgehen oder für bessere Arbeitsbedingungen für die Post-Beschäftigten und eine bessere Qualität bei der Postzustellung verwendet werden“, meint der Postexperte. Auch Verdi-Vizechefin Andrea Kocsis hatte kürzlich im Tagesspiegel-Interview kritisiert, dass die Personaldecke der Post auf Kante genäht sei.

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