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Likes vom Oberlandesgericht: Facebook hat Oberwasser. .

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Schlappe für das Bundeskartellamt: Facebook-Streit landet vor dem EuGH

Durfte das Bundeskartellamt dem US-Konzern das Datensammeln verbieten? Das Düsseldorfer Oberlandesgericht ist skeptisch.

Manchmal scheint es, als habe Andreas Mundt prophetische Fähigkeiten. „Ich hoffe wirklich, dass wir gegen Facebook vor Gericht gewinnen und dem Unternehmen endlich Grenzen gesetzt werden“, hatte der Präsident des Bundeskartellamts vor wenigen Wochen im Interview mit dem Tagesspiegel gesagt.

Doch aktuell sieht es anders aus. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat erhebliche Zweifel am Vorgehen der Wettbewerbshüter. Bei der Verhandlung am Mittwoch ging der Vorsitzende Richter des Kartellsenats, Jürgen Kühnen, mit der Behörde hart ins Gericht.

Andreas Mundt will Facebook Grenzen setzen.
Andreas Mundt will Facebook Grenzen setzen.

© Bundeskartellamt

„Wir üben Kritik an der Entscheidung des Bundeskartellamts“, sagte Kühnen. So habe sich das Kartellamt bei seinem Vorgehen gegen Facebook zu sehr auf deutsches Recht gestützt und EU-Recht vernachlässigt. Das Oberlandesgericht will daher, bevor es ein Urteil fällt, den Europäischen Gerichtshof anrufen.

Was der EuGH klären soll

Das EU-Gericht soll grundsätzlich klären, ob das Bundeskartellamt der Daten-Sammelwut von Facebook aus Gründen des Datenschutzes einen Riegel vorschieben kann. Der EuGH soll zudem entscheiden, ob der US-Internetkonzern eine marktbeherrschende Stellung ausnutzt, indem er Daten seiner Nutzer und Nutzerinnen unter Verstoß gegen Regeln des Datenschutzes sammelt und verwendet. Zur Auslegung europäischen Rechts sei allein der EuGH berufen.

Der Kartellsenat des OLG Düsseldorf: Der Vorsitzende Richter, Jürgen Kühnen (Mitte), mit Alexandra Poling-Fleuß und Ursula Mis-Paulußen.
Der Kartellsenat des OLG Düsseldorf: Der Vorsitzende Richter, Jürgen Kühnen (Mitte), mit Alexandra Poling-Fleuß und Ursula Mis-Paulußen.

© dpa

Im Verfahren des Bundeskartellamts gegen Facebook geht es um Grundsätzliches. Der Kernvorwurf der Wettbewerbshüter: Anbieter wie Facebook sind so groß, dass die Nutzer auf sie angewiesen sind. „Den Kunden wird keine Wahl gelassen“, sagt Mundt. „Entweder sie akzeptieren oder sie werden abgeschaltet“.

Kartellamt will Facebook "intern entflechten"

Das Bundeskartellamt will daher die „interne Entflechtung“ von Facebook mit Verboten durchsetzen und hat dazu vor zwei Jahren juristisches Neuland betreten. Die Behörde hatte dem Konzern untersagt, Nutzerdaten der Facebook-Töchter WhatsApp und Instagram sowie von Webseiten anderer Anbieter ohne ausdrückliche Zustimmung der Nutzer und Nutzerinnen mit deren Facebook-Konten zu verknüpfen. Und: Falls die User ihre Erlaubnis nicht geben, dürfe Facebook sie nicht von den Diensten ausschließen, hatte das Bundeskartellamt angeordnet.

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Facebook widerspricht

Der US-Konzern weist die Vorwürfe zurück. Von einer Marktbeherrschung könne angesichts der Konkurrenz durch Twitter, Snapchat oder Youtube keine Rede sein. Zudem entsprächen die Geschäftsbedingungen und die Methode der Datenverarbeitung der gängigen Praxis der Wettbewerber. Zudem habe die Transparenz der Datenverarbeitung im Laufe der Zeit zugenommen, das gelte auch für die Möglichkeit der User, bestimmte Verwertungen einzuschränken.

In den Händen eines Konzerns? WhatsApp gehört zu Facebook.
In den Händen eines Konzerns? WhatsApp gehört zu Facebook.

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Der Bundesgerichtshof ist für, das OLG Düsseldorf gegen das Kartellamt

Gegen den Beschluss des Kartellamts wehrt sich Facebook daher vor Gericht. In einem Eilverfahren hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf Mitte 2019 die Kartellamtsanordnungen ausgesetzt, im vergangenen Jahr hatte der Bundesgerichtshof (BGH) jedoch wiederum die Entscheidung der Düsseldorfer außer Kraft gesetzt und dem Kartellamt Recht gegeben. Der Vorsitzende Richter am BGH, Peter Meier-Beck, hatte damals zur Begründung gesagt, das Gericht habe weder ernsthafte Zweifel an der marktbeherrschenden Stellung von Facebook noch daran, dass das Unternehmen diese marktbeherrschende Stellung mit den vom Kartellamt untersagten Nutzungsbedingungen „missbräuchlich ausnutzt.“

Was die Düsseldorfer Richter bemängeln

Nach dem Eil- geht es nun um das Hauptsacheverfahren, in dem gründlicher geprüft wird. Kühnen machte am Mittwoch jedoch deutlich, dass sich der Düsseldorfer Senat nicht an die Sichtweise des BGH gebunden fühlt.

Das Kartellamt habe unter anderem eine Behinderung des Wettbewerbs durch Facebook nicht nachweisen können, so Kühnen. Auch seien die Bonner keine Datenschutz-Behörde. Zudem richte sich das Verbot des Kartellamts gegen alle Facebook-Gesellschaften - diese seien aber nicht alle gehört worden.

Kartellamtspräsident Mundt bedauerte am Mittwoch die Entscheidung des Oberlandesgerichts. "Eine endgültige höchstrichterliche Klärung durch den Bundesgerichtshof wird dadurch leider verzögert", sagte er am Mittwoch. "Wir bedauern das natürlich im Lichte der Unterstützung, die unsere Entscheidung im Eilverfahren durch den Bundesgerichtshof erfahren hat.“

Rückendeckung aus Düsseldorf: Facebook-Chef Mark Zuckerberg.
Rückendeckung aus Düsseldorf: Facebook-Chef Mark Zuckerberg.

© AFP

Das Bundeskartellamt legt sich immer wieder mit Internet-Riesen an. Im jüngsten Verfahren – Oculus – geht es um eine Virtual-Reality-Brille, die man nur mit einem Facebook-Account nutzen kann. Facebook macht die Nutzung der Brille davon abhängig, dass man einem Austausch der Daten zwischen Oculus und Facebook zustimmt. „Diese Verknüpfung zwischen Virtual-Reality-Produkten und dem sozialen Netzwerk des Konzerns könnte einen verbotenen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch Facebook darstellen“, hatte Kartellamtschef Mundt gesagt.

Auch gegen Amazon geht das Kartellamt vor

Auch gegen den Internethändler Amazon ist die Wettbewerbsbehörde eingeschritten. Nach einer Intervention des Kartellamts hat Amazon den über 300 000 Händlern, die über den Amazon-Marketplace verkaufen, für sie günstigere Geschäftsbedingungen eingeräumt. Sie profitieren jetzt von besseren Kündigungsfristen.

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Zudem muss Amazon nun Gründe für eine mögliche Kündigung nennen und kann sich nicht länger von jeder Haftung gegenüber den Händlern freizeichnen. In einem weiteren Verfahren überprüfen die Wettbewerbshüter, ob Amazon Händler, die sich zu Beginn der Coronakrise mit Mondpreisen etwa für Masken bereichern wollten, zu Recht gesperrt hat oder nicht.

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