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Die Kontrolle über das eigene Geld – für viele Verbraucherinnen und Verbraucher ist sie in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. 

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Sofort mehrere Hundert Euro sparen: Wo die größten Potenziale stecken

Lebensmittel und Miete sind teuer wie selten zuvor, die Inflationsgefahr hoch, Firmen bauen Stellen ab. Die meisten Leute müssen sparen. Aber wie? Tipps vom Konsumpsychologen und die besten Spar-Apps.

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Wenn Hans-Georg Häusel die Leidenschaft packt, kann ihn nur ein Blick aufs Handy stoppen. Genauer gesagt, ein Blick in sein digitales Haushaltsbuch. Darin findet der leidenschaftliche Musikhörer die entscheidende Information: Ist noch genug Geld für ein neues Paar Kopfhörer übrig – oder nicht?

„Der Blick ins Haushaltsbuch hilft mir dabei, den Kaufimpuls auszuschalten“, sagt Häusel, Konsumpsychologe und Autor zahlreicher Bücher mit Titeln wie „Kauf mich!“ oder „Brain View“. „Man vergisst immer, was man ausgibt – die App vergisst das nicht“, sagt Häusel. „Sie zwingt einen, die Kontrolle über sein Geld zu behalten.“

Neue Milliardenschulden und die Sorge vor Inflation

Die Kontrolle über das eigene Geld – für viele Verbraucherinnen und Verbraucher ist sie in den vergangenen Jahren immer wichtiger geworden. Und das nicht nur für teure Hobbys, sondern bei den Dingen für jeden Tag. Butter ist binnen eines Jahres um gut ein Viertel teurer geworden, meldet das Statistische Bundesamt. Nahrungsmittel insgesamt verteuerten sich gegenüber der Zeit vor Pandemie und russischem Angriffskrieg durchschnittlich um ein Drittel.

Auch wenn die Reallöhne im vergangenen Jahr wieder gestiegen sind und Ökonomen der Bundesbank bescheinigen, die Verluste durch die zwischenzeitlich hohe Inflation seien weitgehend ausgeglichen: Die Wirtschaft schrumpft und viele Unternehmen bauen Stellen ab.

Im Alter lebt man 20 bis 30 Prozent sparsamer als in der Jugend.

Gleichzeitig plant die voraussichtliche neue Bundesregierung aus Union und SPD mit hunderten von Milliarden Euro neuer Schulden, um zum Beispiel die Infrastruktur zu sanieren. Nach Ansicht des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln kann das die Inflation erneut anheizen.

Höchste Zeit also, mal ins eigene Portemonnaie zu schauen. Das Haushaltsbuch mag manchem oder mancher dabei vorkommen, wie ein Rezept aus Omas Zeiten. Fachleute jedoch erkennen in dem simplen Prinzip, den monatlichen Einnahmen die Ausgaben gegenüberzustellen, durchaus Potenzial.


Wie sinnvoll ist ein Haushaltsbuch – und für wen?

Ein Haushaltsbuch zu führen, lohne sich immer, urteilt beispielsweise die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Wer sich einen Überblick über Einnahmen und Ausgaben verschaffe, könne so manchen Aha-Moment erleben. Deshalb sei ein Haushaltsbuch nicht nur ein Instrument für Menschen, die knapp bei Kasse sind und sparen wollen, sagt Mechthild Winkelmann von der Verbraucherzentrale NRW. Ebenso sinnvoll sei es für alle, die ihr Budget planen und beispielsweise ausloten wollen, ob und was sie sich wann leisten können – oder eben nicht.

Womit wir wieder bei den Kopfhörern von Hans-Georg Häusel wären.


Wo habe ich das größte Sparpotenzial?

Seit langem rechnen Spargurus vor, wie viel sich bei den kleinen Luxusdingen des Alltags sparen lässt. Längst hat in diesen Rechenbeispielen der tägliche Coffee-to-go die Schachtel Zigaretten abgelöst. Das Ergebnis ist immer wieder einigermaßen beeindruckend.

  • 251 Arbeitstage hat das Jahr 2025 in Berlin
  • 1 Flatwhite (doppelter Espresso mit Milch) kostet durchschnittlich rund 4 Euro
  • macht bei totalem Verzicht übers Jahr eine Ersparnis von 1004 Euro.

Selbst, wenn man die Werte an die Realität – 25 Urlaubstage und Kaffee nur an 3 Tagen in der Woche – anpasst, kommt einiges zusammen: 301 Euro.

Doch auch weniger plakative Posten bergen laut Experten großes Sparpotenzial: Ein Blick auf die wirklich notwendigen Versicherungen und ihre Prämien, der regelmäßige Vergleich des Strom- oder Gasanbieters oder die laufenden Kosten fürs Auto.

„So sparsam, wie man denkt, ist man meist nicht“, sagt Konsumpsychologe Häusel. Vielen Menschen würden die Einzelposten und ihre Summe erst so richtig bewusst, wenn sie diese als Auflistung vor sich sähen. Zum Beispiel eben in einem digitalen Haushaltsbuch.

Was nach Ansicht des Experten aber nicht bedeutet, dass Sparen immer mit Verzichten einhergehen muss. Wer seinen Konsum kontrolliere, erkenne schnell, welcher Ausgaben notwendig, welche wichtig und welche weniger wichtig oder verzichtbar seien.

„Man muss ja nicht zum Asketen werden“, sagt Häusel. Wer sein Budget zielgerichtet ausgebe, könne wiederum Potenziale für echte Wünsche heben: eine Reise etwa oder eine teure neue Jacke.

Sparen ist laut Häusel nicht nur Typsache, sondern hängt auch mit dem Lebensalter zusammen. „Im Alter lebt man 20 bis 30 Prozent sparsamer als in der Jugend“, sagt der Psychologe. Mode werde beispielsweise weniger wichtig, ebenso das Ausgehen in Bars und Kneipen oder gemeinsame Kinobesuche mit Freunden. Bei manchen älteren Menschen nehme dafür das Thema Reisen eine größere Bedeutung ein.

Wer sich auf ein Haushaltsbuch einlässt, braucht Geduld. Mindestens drei bis sechs Monate empfehlen Verbraucherschützer wie Mechthild Winkelmann von der Verbraucherzentrale NRW. Erst dann bekomme man einen Überblick über Einnahmen und Ausgaben.

Gerade diejenigen, die ihr Haushaltsbuch per App führen, sollten mit solchen Zeiträumen keinerlei Probleme haben, mein Psychologe Häusel. Immer mehr Menschen nutzten ihr Smartphone zum Bezahlen. „Da ist es nur logisch, auch die Ausgaben über das Handy zu kontrollieren.“ Der Aufwand sei minimal und gleichzeitig stelle sich bei vielen ein gewisser Spaß an der Sache ein, wenn sie Erfolge sähen.

Ein Allheilmittel seien die digitalen Helfer aber nicht für jeden. „Wer zum Geld ausgeben neigt, wird sich auch mit Apps schwertun.“

„Man vergisst immer, was man ausgibt – die App vergisst das nicht“, sagt Hans-Georg Häusel.

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Die Stiftung Warentest hat im Oktober 2023 rund ein Dutzend Apps fürs Smartphone getestet, sowohl für das Apple-Betriebssystem iOS als auch für Android-Geräte. Zweimal vergaben die Tester damals ein „Gut“, einen Komplettausfall gab es nicht.

Die Schulnoten würde Kerstin Backofen, Redakteurin von Stiftung Warentest Finanzen, heute nicht ungeprüft bestätigen. Dafür sei der Test zu lange her, während der Markt digitaler Apps und Technologien sich sehr schnell entwickle. Dennoch könnten sich Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Auswahl ihrer App an einige zeitlose Grundsätze halten.

„Zunächst einmal sollte ich mich entscheiden, ob ich eine App will, die mit meinem Bankkonto verknüpft ist oder nicht“, sagt Backofen. Im Test hätten verknüpfte Apps besser abgeschnitten – zum einen wegen des einfachen Handlings, zum anderen, weil das Kategorisieren automatisiert funktioniere.

Ein wichtiger Punkt, speziell in diesem Zusammenhang: die Datensparsamkeit. Alle getesteten Apps hätten die Daten der Nutzenden gut geschützt und nicht mehr Informationen über sie eingesammelt als notwendig.

Inzwischen haben zahlreiche Banken über ihre Konto-App bereits Funktionen integriert, die Kundinnen und Kunden einen Überblick über ihre Monatsbilanz geben sollen. Solche Apps seien 2023 nicht Teil des Testes gewesen, sagt die Finanzredakteurin. Aber: „Wenn ich ohnehin die App meiner Bank nutze, gibt es keinen Grund, die Budgetfunktionen nicht ebenfalls auszuprobieren.“


App oder DIY – was empfehlen KI-Fachleute?

Viele der gängigen Apps werben damit, dass sie Einnahmen und Ausgaben selbstständig kategorisieren. Sie erkennen, dass beispielsweise eine Rückzahlung aus einer Retoure von einem Modeladen stammt und verbuchen sie entsprechend.

Mit Künstlicher Intelligenz (KI) hat das aber noch nicht so richtig was zu tun, findet Susanne Renate Schneider. Auf den sozialen Medien versucht Schneider Menschen KI so einfach zu erklären, dass ihre Oma Renate es versteht. Auf Instagram und Tiktok folgen Renate.GPT rund 125.000 Menschen. Ihr Wissen über ChatGPT, die populäre KI von OpenAI, teilt Schneider auch mit Unternehmen und sie spricht auf Konferenzen.

Auch Oskar Vitlif tauscht sich gern mit Menschen persönlich und in den Sozialen Medien über Künstliche Intelligenz aus. In seinem Blog schreibt er zudem über seine Erfahrungen mit generativer KI, testet regelmäßig neue KI-gestützte Apps und verschickt einen Newsletter.

Sowohl Schneider als auch Vitlif empfehlen unabhängig voneinander die Apps Finanzguru und Outbank als besonders smart und komfortabel. „Beide Apps haben die Möglichkeit, mehrere Bankkonten zu verknüpfen und Buchungen Kategorien zuzuordnen, ich kann Budgets festlegen und kontrollieren“, sagt Vitlif. Beide seien allerdings mindestens in Teilen kostenpflichtig.

„Wer sein Haushaltsbuch lieber individuell gestalten möchte, kann mit ChatGPT und Tools wie Google Sheets oder Notion kreativ werden“, sagt Schneider. Einen Prompt für die KI liefert sie gleich mit:

„Du bist ein erfahrener Haushaltsbuch-Profi mit einer Liebe zur Struktur. Erstelle mir eine Vorlage für ein digitales Haushaltsbuch in Google Sheets – mit automatischer Budgetübersicht, monatlichen Auswertungen und farblicher Visualisierung.“

Das Ergebnis sei eine personalisierbare Tabelle, inklusive Monatsvergleich und Ausgabenkategorien. Füllen müsse man sie dann aber selbst.

Doch ganz egal, ob jemand sein Haushaltsbuch mit KI entwirft, eine App nutzt oder den spitzen Bleistift – für alle gelte eine Regel, ohne die es nicht funktioniere, sagt Psychologe Häusel: „Man darf nicht mogeln.“

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