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Trotz Schirm. Die Arbeitslosigkeit steigt, die Wirtschaftsleistung sinkt – die Zahlen sprechen derzeit nicht für eine Besserung der Lage in Spanien. Foto: dapd

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Wirtschaft: Spanien unter Druck

Das Land muss höhere Risikoprämien zahlen. Die bisherigen Sparbemühungen zeigen kaum Wirkung.

Madrid - Spanien kämpft mit aller Macht um seinen angekratzten Ruf als stabiler und verlässlicher EU-Partner. Und gegen wachsende internationale Sorgen, dass das schlingernde Euro-Schuldenland es vielleicht doch nicht schaffen könnte, mit eigener Kraft aus der tiefen Finanz- und Wirtschaftskrise zu kommen. Der konservative Regierungschef Mariano Rajoy hat Befürchtungen, dass nach Griechenland, Irland und Portugal auch Spanien vom Euro-Fonds gerettet werden müsse, zwar energisch zurückgewiesen: „Das ist nicht der Fall, und es wird auch in der Zukunft nicht so sein.“ Zugleich warnte Spaniens Ministerpräsident aber davor, dass die schwere Kreditlast durch den riesigen Schuldenberg „das Land stranguliert“. Sie müssten „unbedingt aus diesem Teufelskreis heraus“.

Allein im laufenden Jahr muss Spanien 29 Milliarden Euro für die Kredittilgung aufbringen – das ist der zweitgrößte Haushaltsposten gleich nach den staatlichen Ausgaben für Renten und Arbeitslosenunterstützung. Das Land hatte es im vergangenen Jahr nicht geschafft, sein Haushaltsdefizit, wie versprochen, deutlich zu senken. Statt der angestrebten sechs Prozent Neuverschuldung, gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP), landete das Krisenland bei einem klaffenden Etatminus von 8,5 Prozent. Und das Loch könnte sich noch vergrößern, da Regionen und Kommunen viele Milliarden Euro an unbezahlten Rechnungen vor sich herschieben.

Mit massiven Sparpaketen und Reformen versucht Spanien bereits seit Monaten, seine durchlöcherte Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen und die wachsende Unruhe an den Finanzmärkten zu besänftigen. Das jüngste Vertrauenssignal an Europa und die Finanzwelt ist der Beschluss einer radikalen Schuldenbremse, die gerade vom spanischen Parlament beschlossen wurde. Damit wird der Regierung, den Regionen und Kommunen die Neuschuldenaufnahme ganz verboten – wenn auch erst von 2020 an. „Wir können nicht mehr ausgeben, als wir einnehmen“, mahnte Rajoy an.

Zuvor hatte der Regierungschef bereits ein Anti-Krisen-Paket durchgepeitscht, das im Jahr 2012 Rekordeinsparungen und Sondereinnahmen (vor allem aus Steuererhöhungen) von 27 Milliarden Euro vorsieht. Überall wird jetzt gespart. Sogar in so wichtigen Bereichen wie Bildung, Forschung, Gesundheit, Jugend, Altenpflege, Arbeitsmarkt- und Wirtschaftsförderung. Auch Bauern und Beamte müssen kürzertreten. Regionen und Kommunen bürden den Bürgern weitere Lasten auf: Nahverkehr, Müllabfuhr, Schul- und Kindergartenangebote werden radikal teurer.

Bislang konnten die angekündigten Reformversprechen die internationalen Sorgen jedoch nicht dämpfen. Denn Analysten und Spekulanten orientieren sich vor allem an nüchternen Zahlen. Und die sprechen nach vier Jahren Krise nicht gerade für eine Besserung in Spanien: Die Arbeitslosigkeit steigt weiter und wird demnächst die 24-Prozent-Marke überspringen, gleichzeitig soll die Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um geschätzt 1,7 Prozent sinken – und die Schuldenkrise scheint außer Kontrolle.

Vor allem deswegen klettern die Risikoprämien, die Spanien für frisches Geld an den Finanzmärkten bezahlen muss: Zehnjährige spanische Kreditanleihen werden inzwischen mit knapp sechs Prozent Zinsen gehandelt, dreimal mehr als für deutsche Bundesanleihen verlangt wird. Die Aufnahme milliardenschwerer Staatskredite, ohne welche das Königreich seine laufenden Kosten nicht mehr bezahlen kann, engt zunehmend Spaniens Handlungsspielraum ein. „Die Lage“, räumt Rajoy mit der ihm eigenen Trockenheit ein, „ist sehr schwierig.“

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