zum Hauptinhalt
Bahn-Personalvorstand Martin Seiler (rechts) trifft sich zur ersten Gesprächsrunde mit den EVG-Verhandlern Cosima Ingenschay und Kristian Loroch.

© Boris Roessler/dpa

Tarifkonflikt bei der Bahn: Gewerkschaft und Konzern noch weit auseinander

Bei der ersten Verhandlung mit der Eisenbahnverkehrsgewerkschaft EVG legt die Bahn ein Angebot vor. Einigung soll ohne Streiks bis Ende Februar erreicht werden.

Stand:

Mit einem ersten Angebot des Arbeitgebers begannen am Dienstag die Tarifverhandlungen für rund 190.000 Beschäftigte der Bahn. Trotz der Krise des bundeseigenen Unternehmens, das sich ein Sanierungsprogramm bis 2027 verordnet hat, strebt Personalvorstand Martin Seiler keine Nullrunde an. Die Mitarbeitenden sollen eine Gehaltserhöhung um bis zu 6,6 Prozent bekommen, sofern der neue Tarifvertrag lange gültig ist. Eine lange Laufzeit bringe allen Beteiligten in einer Notsituation Planungssicherheit, argumentiert der Manager und schlägt 37 Monate vor.

Das ist viel zu lang für die Eisenbahngewerkschaft EVG, die für ihre Tarifverträge maximal 24 Monate vorsieht. Die EVG fordert 7,6 Prozent mehr Lohn inklusive eines neuen EVG-Zusatzgeldes (EVG-Zug), ohne sich konkret zur Dauer des Tarifvertrags zu äußern. Für Schichtarbeitende möchte die EVG ein weiteres Zusatzgeld in Höhe von 2,6 Prozent und dazu die Möglichkeit, einen Teil des Geldes in freie Tage zu tauschen. Mit rund 100.000 Schichtarbeitenden arbeitet mehr als die Hälfte des Bahn-Personals in Wechselschicht.

Die Bahn hat am Dienstag vier Prozent in zwei Schritten jeweils im Oktober 2025 und 2026 für alle sowie ein Zusatzgeld von 2,6 Prozent ab 2027 für die Schichtarbeiter angeboten. Für die EVG ist das „deutlich zu wenig, der Arbeitgeber muss sich in der nächsten Verhandlungsrunde spürbar auf uns zubewegen“, sagte Co-Verhandlungsführerin Cosima Ingenschay. Die nächste Verhandlungsrunde findet am 4. Februar statt, am 3. Februar ruft die EVG zu einer großen Demonstration zur Zukunft der Bahn in Berlin auf. 

Im vergangenen Dezember hatte die EVG im Tarifvertrag mit privaten Bahnen ein Zusatzgeld in Höhe von 25 Prozent des Monatsgehalts tarifiert, das spezielle Gruppen ab 2027 in Freizeit umtauschen können: Mitarbeitende in Wechselschicht, Eltern mit Kindern unter zwölf Jahren sowie Beschäftigte, die Angehörige ab Pflegegrad 2 betreuen, dürfen dann zwei freie Tage anstatt des Geldes wählen.

Mit dem EVG-Zug wolle man „neue tarifpolitische Akzente im Sinne unserer Mitglieder setzen“. Dazu gehöre auch die Forderung nach einer Bonuszahlung in Höhe von 500 Euro, die nur an EVG-Mitglieder in Diensten der Bahn ausgezahlt wird. Mit dem Mitgliederbonus möchte sich die EVG einen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Lokführergewerkschaft GDL verschaffen.

Die diesjährigen Tarifverhandlungen finden während der Friedenspflicht statt, die erst im März endet. Das Vorgehen der EVG ist ungewöhnlich und neben der Krise der Bahn auch der Bundestagswahl geschuldet. „Angesichts der immer lauter werdenden politischen Rufe nach Bahn-Zerschlagung, ist es uns wichtig, jetzt einen Tarifvertrag zu verhandeln, der für Beschäftigungssicherung auch über den Regierungswechsel hinaus sorgt“, sagt EVG-Verhandlungsführerin Ingenschay.

„Wenn unsere Kolleginnen und Kollegen nicht zum Spielball der Politik werden sollen, geht das nur jetzt. Im März ist es dafür womöglich zu spät“. Die EVG will eine Beschäftigungssicherung bis 2027 tariflich festschreiben.

Im Wahlprogramm von CDU/CSU heißt es, man werde die Strukturen der Bahn „angehen“. Für „mehr Wettbewerb“ möchte die Union „Infrastruktur und Transportbereich stärker als bisher“ trennen. Der Bahn-Vorstand sowie die EVG lehnen die Trennung von Netz und Betrieb ab, da sie einen Verlust an Synergien und mithin einen Wettbewerbsnachteil befürchten.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })