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Eine Ärztin oder ein Arzt ohne Facharzttitel beginnt mit knapp 5300 Euro im Krankenhaus.

© imago/Rainer Weisflog/Rainer Weisflog

Verhandlungen für kommunale Kliniken: Ärzte fordern mehr Geld trotz Klinikkrise

Marburger Bund und Arbeitgeber streiten über die Lohnforderung von 8,5 Prozent für 61.000 Ärztinnen und Ärzte. Die meisten Krankenhäuser machen Verlust.

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Die Einkommen der Ärztinnen und Ärzte an den kommunalen Krankenhäusern steigen kontinuierlich: Im Mai 2022 um 3,35 Prozent, ein Jahr später um 8,8 Prozent und demnächst um weitere 8,5 Prozent – so stellt sich das jedenfalls die Ärztegewerkschaft Marburger Bund vor. Seit Monaten wird darüber mit den kommunalen Arbeitgebern verhandelt, bis zum Wochenende möchten die Tarifparteien in der inzwischen fünften Verhandlungsrunde einen Kompromiss erreichen.

Nach Berechnungen der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeber (VKA) würde die Umsetzung der Tarifforderung die Krankenhäuser 542 Millionen Euro im Jahr zusätzlich kosten. Dabei gehen jetzt schon gut 70 Prozent der Kliniken von einem negativen Jahresergebnis 2024 aus, argumentiert die VKA und warnt vor Pleiten. 2023 gab es bereits 40 Krankenhausinsolvenzen – so viele wie noch nie.

Grund für die schwierige finanzielle Lage sind einerseits die gestiegene Sach-, Personal- und Energiekosten. „Andererseits waren die Patientenfallzahlen im stationären Bereich in den vergangenen Jahren rückläufig“, heißt es bei der VKA. Damit reduzierten sich die Erlöse der Krankenhäuser; zudem liege die Bettenauslastung nur noch bei 70 Prozent.

30
Prozent der allgemeinen Krankenhäuser gehören zu Kommunen.

In zehn Jahren, so schätzt die Deutsche Krankenhausgesellschaft, gibt es womöglich ein Drittel weniger Krankenhäuser als derzeit. Die Zahl ist seit Jahren rückläufig, 2022 waren es noch 1893, fast sieben Prozent weniger als 2012. Knapp 30 Prozent der allgemeinen Krankenhäuser gehören zu Kommunen; sie sind häufig größer als die Kliniken anderer Träger (Kirchen und Wohlfahrtsverbände, private Betreiber).

Mehr Geld für Bereitschaftsdienste

Der Marburger Bund erklärt seine Forderung mit den unattraktiven Arbeitszeiten und möchte deshalb auch die Vergütung von Bereitschafts- und Rufzeiten erhöhen und das Schichtsystem insgesamt verändern. „Wir wollen das jahrzehntealte System der Schicht- und Wechselschicht hinter uns lassen und ein neues Modell entwickeln, das den ärztlichen Anforderungen besser gerecht wird“, kündigte Christian Twardy, Verhandlungsführer des Marburger Bundes, am Mittwoch an.

Die regelmäßige Arbeitszeit in den Krankenhäusern beträgt 40 Wochenstunden und kann auf 56 angehoben werden. Vier Bereitschaftsdienste dürfen je Monat angeordnet werden und bis zu 13 Rufbereitschaften. Schließlich müssen die Ärztinnen und Ärzte zwei Wochenenden im Monat arbeiten.

31 Prozent mehr Geld seit 2014

Hinsichtlich der 8,5 Prozent-Forderung verweist die Gewerkschaft auf die Inflationsrate, die nach dem Angriff Russlands und der folgenden Energiekrise 2022 stark gestiegen war, sich inzwischen jedoch bei rund zwei Prozent einpendelt.

Nach Angaben der VKA erhöhten sich in den vergangenen zehn Jahren die Gehälter an den kommunalen Kliniken um 31 Prozent. Aktuell verdienen Ärzte und Ärztinnen ohne Facharzttitel je nach Entwicklungsstufe zwischen 5288 und 6798 Euro. Das Entgelt eines leitenden Oberarztes beträgt bis zu 11.000 Euro, heißt es bei der VKA.

Mehr als 61.000 Ärztinnen und Ärzte sind im Tarifbereich der kommunalen Arbeitgeber beschäftigt. Knapp 77 Prozent davon in Bayern, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen. Ärzte machen einen Anteil von 13,7 Prozent der insgesamt 445.0000 Beschäftigten in den kommunalen Krankenhäusern aus.

Für das nicht-ärztliche Personal stehen Tarifverhandlungen Anfang kommenden Jahres an: Verdi fordert acht Prozent mehr Geld, was die VKA als nicht finanzierbar zurückweist.

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