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Welbild-Zentrale in Augsburg

© dpa

Insolvenzverfahren: Verlagsgruppe Weltbild steht vor dem Untergang

Die katholische Kirche schickt Weltbild in die Insolvenz. Angeblich wäre die Sanierung der Verlagsgruppe teurer geworden als gedacht.

Berlin - Die Verlagsgruppe Weltbild steht vor dem Aus. Wie der hierzulande zweitgrößte Onlinebuchhändler am Freitag mitteilte, stellte das Unternehmen, das der katholischen Kirche gehört, Insolvenzantrag beim Augsburger Amtsgericht. Die Mediengruppe mit Marken wie Weltbild, Jokers und dem Spielzeugversand Kidoh steht angesichts der wachsenden Onlinekonkurrenz etwa durch den US-Konzern Amazon unter Druck. Der Insolvenzantrag betreffe ausschließlich die Verlagsgruppe Weltbild GmbH. Nicht betroffen sei hingegen das Onlineportal Buecher.de, die Filialen in den Einkaufsstraßen sowie die Gesellschaften in Österreich und der Schweiz. In der Augsburger Zentrale arbeiten rund 2300 Menschen. Mehr als 4500 Mitarbeiter sind in den Filialen von Weltbild Plus, Hugendubel und Jokers beschäftigt.

Ausschlaggebend für die drohende Pleite ist nach Angaben des Unternehmens vor allem der Umsatzrückgang im ersten Halbjahr des laufenden Geschäftsjahres, das im Juni endet. Konkrete Zahlen nannte Weltbild nicht. Im Geschäftsjahr 2011/12 lag der Umsatz bei knapp 1,6 Milliarden Euro. Da die Erlöse auch in den kommenden drei Jahren stärker sinken würden als bislang angenommen, verdoppele sich der Finanzierungsbedarf, um den Verlag zu retten.

Für die Unternehmensführung um Carel Halff kam das finanzielle Aus offenbar überraschend. Entgegen der Erwartung der Geschäftsführung habe sich herausgestellt, „dass die notwendige Finanzierung nicht zur Verfügung stehen wird“. Für die Sanierung seien Mittel „mindestens im unteren dreistelligen Millionenbereich“ nötig, zitierte das „Handelsblatt“ einen namentlich nicht genannten Verhandlungsteilnehmer. Zuletzt hatten die zwölf Bistümer Kapitalzusagen in Höhe von mehr als 60 Millionen Euro gemacht, die sie nun zurückzogen. Die Banken hatten den Angaben zufolge dem Sanierungsplan schon zugestimmt.

Weltbild gehört den Bistümern, der Katholischen Soldatenseelsorge Berlin und dem Verband der Diözesen. Im vergangenen Herbst war nach anhaltenden Verlusten ein Kapitalschnitt eingeleitet und mit Josef Schultheis ein Sanierungsexperte in den Vorstand berufen worden. Obwohl die Diözesen Geld zur Rettung in Aussicht gestellt hatten, erklärten sie aber zugleich, aus dem Gesellschafterkreis ausscheiden zu wollen. Das hängt wohl auch mit ihrem Unwohlsein zusammen: Vor gut zwei Jahren kam heraus, dass das Unternehmen auch erotische und esoterische Literatur führt. Der Bestseller „Shades of Grey“ durfte zunächst nicht vertrieben werden. Ein Käufer für den Verlag fand sich jedoch nicht. Nun soll Arndt Geiwitz, ehemals Schlecker-Insolvenzverwalter, noch retten, was zu retten ist.

Arbeitnehmervertreter äußerten sich empört über die Insolvenzentscheidung. Das Verhalten der Weltbild-Eigentümer zeige, dass sie sich der Verantwortung gegenüber den Beschäftigten nicht bewusst seien oder den drohenden Arbeitsplatzverlust in einem zukunftsfähigen Unternehmen billigend in Kauf nähmen, sagte der Augsburger Verdi-Sekretär Thomas Gürlebeck. Jahrelang Gewinne einzustreichen und dann, wenn die Belegschaft Hilfe brauche, zugesagte Gelder wieder zu kürzen, sei „skandalös“. Die Gewerkschaft werde es nicht zulassen, dass sich die Bischöfe so „aus der Verantwortung stehlen“. Simon Frost (mit KNA)

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