zum Hauptinhalt
Rauch steigt aus Schornsteinen von holzverarbeitenden Industriebetrieben am Seehafen Wismar in Mecklenburg-Vorpommern auf.

© dpa/Jens Büttner

Wegen hoher Energiekosten: Immer mehr deutsche Firmen erwägen Abwanderung ins Ausland

Wirtschaftsverbände beklagen schon lange im internationalen Vergleich hohe Energiepreise. Eine Umfrage zeigt, welche Konsequenzen das haben kann.

Stand:

Der Verband spricht von einem Alarmzeichen: Die hohen Energiepreise in Deutschland schränken einer Umfrage zufolge die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zunehmend ein. Deutlich mehr Industriebetriebe als im Vorjahr erwägen, ihre Produktion im Inland zu verringern oder zumindest Teile ins Ausland zu verlagern, wie die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) am Donnerstag in Berlin mitteilte. Der Verband forderte die Bundesregierung auf, den Standort Deutschland attraktiver zu machen.

Die DIHK hat im Juni knapp 3300 Unternehmen befragt. 37 Prozent gaben dabei an, Produktionseinschränkungen oder eine Abwanderung ins Ausland in Betracht zu ziehen. 2023 waren es erst 31 Prozent, 2022 sogar nur 16 Prozent. Deutlich überdurchschnittliche Werte gab es bei Industriebetrieben mit hohen Stromkosten (45 Prozent) sowie mindestens 500 Beschäftigten (51 Prozent).

Die Betriebe erkennen weiterhin deutlich mehr Risiken als Chancen für die eigene Wettbewerbsfähigkeit.

Achim Dercks, DIHK-Experte

In den bisherigen energiepolitischen Maßnahmen der Bundesregierung sehen die Unternehmen keine Grundlage für eine Entwarnung“, sagte DIHK-Experte Achim Dercks. „Die Betriebe erkennen weiterhin deutlich mehr Risiken als Chancen für die eigene Wettbewerbsfähigkeit.“

Das zuletzt von der Ampelregierung vorgestellte Paket zur Stärkung des Standorts greife nicht weit genug. Lösungen zum Energieangebot als auch zu den Preisen würden ausgespart. „Für viele Betriebe aus der Industrie ist das aber derzeit die entscheidende Standortfrage“, so Dercks.

Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine Anfang 2022 waren die Energiekosten zeitweise nach oben geschossen. Mittlerweile sind die Preise wieder zurückgegangen, im Vergleich zu anderen Staaten aber weiterhin hoch. Die Bundesregierung treibt zudem den Umbau hin zu grünen Energien voran. Kritiker bemängeln dabei viel Bürokratie und eine Einschränkung verfügbarer Ressourcen.

In der DIHK-Umfrage wurden Firmen dazu aufgefordert, die Auswirkungen der Energiewende auf ihre Wettbewerbsfähigkeit zu bewerten – auf einer Skala von minus 100 bis plus 100 Punkten. Aktuell wird die Lage mit minus 20 Zählern bewertet. Das ist der zweitschlechteste Wert seit Beginn der Erhebung 2012. Nur 2023 wurde die Lage mit minus 27 Punkten noch schlechter eingeschätzt.

Der Politik ist es bisher nicht gelungen, den Unternehmen eine Perspektive für eine zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung aufzuzeigen“, sagte Dercks. „Während in den Jahren vor 2023 viele Unternehmen auch Chancen in der Energiewende für den eigenen Betrieb sahen, überwiegen zuletzt aus ihrer Sicht deutlich die Risiken.“ Der von der Bundesregierung angestrebte Bürokratieabbau schlage sich bisher nicht spürbar nieder.

Die zunehmenden Pläne zur Produktionseinschränkung und -verlagerung und die tatsächlichen Verlagerungen zeigten, dass die energiepolitischen Standortbedingungen für alle Unternehmen in Deutschland inzwischen ein klarer Wettbewerbsnachteil seien, so die DIHK. 

Laut DIHK wird die Eigenversorgung für Unternehmen immer wichtiger, etwa über Direktlieferverträge für Windenergie. Der Zugang zu Wasserstoff gewinne zudem an Bedeutung. Fast zwei Drittel der Unternehmen fordern daher hier Planbarkeit. Die Steuern und Abgaben auf Strom müssten gesenkt, der Netzausbau beschleunigt werden. (Reuters, dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })