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Steht vor eine Vertragsverlängerung: Bahnchef Richard Lutz

© Michael Kappeler/dpa

Weichenstellung vor der Bundestagswahl: Vertragsverlängerung für Bahnchef Lutz wäre ein teurer Fehler

Bahnchef Lutz hat die gescheiterte Unternehmenspolitik mit zu verantworten. Eine neue Bundesregierung würde ihn womöglich nicht halten wollen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Caspar Schwietering

Milliardenrisiken für die Steuerzahler:innen ist die Öffentlichkeit bei der Deutschen Bahn inzwischen gewöhnt. Das erklärt vermutlich, warum die durchgesickerte Konzernbilanz Ende vergangener Woche weitgehend schulterzuckend zur Kenntnis genommen wurde.

Einen Verlust von 5,7 Milliarden Euro hat der Staatskonzern eingefahren. Das ist noch einmal eine Milliarde Euro mehr als Ende 2020 befürchtet. Und Schuld daran ist beileibe nicht nur Corona.

Eigentlich wäre es jetzt Zeit für Konsequenzen. Doch auf der Aufsichtsratssitzung am Mittwoch wollen der Bund und die Eisenbahnergewerkschaft EVG die Verträge von Vorstandschef Richard Lutz, sowie den einflussreichen Vorständen Ronald Pofalla (Infrastruktur) und Berthold Huber (Personenverkehr) verlängern. Dazu gibt es zehn Prozent mehr Gehalt - wenn auch erst ab 2023.

Bahnchef Lutz trägt Mitschuld an dem finanziellen Debakel

Nachvollziehbar ist das nicht, den insbesondere Lutz trägt eine erhebliche Mitschuld an dem finanziellen Debakel. Bei 29 Milliarden Euro lag der Schuldenstand Ende 2020. Am Ende dieses Jahres dürften es bereits 35 Milliarden Euro sein. Seit der Bahnreform hat die Deutsche Bahn damit mehr Schulden angehäuft als Bundesbahn und Reichsbahn vom Kriegsende bis 1994.

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Neben der Chaosbaustelle Stuttgart 21, die die Politik dem Konzern eingebrockt hat, sind vor allem die vielen Zukäufe und Beteiligungen für die finanziellen Probleme der Bahn verantwortlich. Lutz‘ Vorgänger Hartmut Mehdorn und Rüdiger Grube träumten von einem global tätigen Logistikkonzern. Doch damit hat die Bahn nur Geld verbrannt. Lutz hat viele dieser Zukäufe mitzuverantworten, unter Grube war er Finanzvorstand.

Und als Vorstandvorsitzender hat er es dann versäumt, den Konzern zu verschlanken. Über 600 Tochterfirmen hat die Deutsche Bahn weltweit. Der Konzern ist längst kaum noch steuerbar. Doch Lutz und sein Vorstand sperren sich gemeinsam mit der EVG dagegen, die DB aufs Kerngeschäft zu fokussieren – auf die Eisenbahn in Deutschland.

Grüne und FDP wollen den Bahnvorstand verkleinern - wenn sie gewählt werden

Auch die Verkehrswende kommt nur langsam voran. Großprojekte dauern in Deutschland oft bis 30 Jahre. Im Eisenbahnnetz würden aber auch viele kleine Maßnahmen enorm helfen. Die Deutsche Bahn hat unter dem Infrastrukturvorstand Ronald Pofalla in den vergangenen Jahren jedoch kaum zusätzliche Weichen und Ausweichgleise gebaut.

Grüne und FDP wollen die Deutsche Bahn deshalb nach der Bundestagswahl, sollten Sie an die Regierung kommen, umbauen und radikal verkleinern. Ein Vorstand mit sieben Mitgliedern ist dann vielleicht gar nicht mehr nötig.

Dass die Bundesregierung nun Fakten schafft und einer zukünftigen Bundesregierung Gestaltungsspielraum nimmt, regt Oppositionspolitiker wie den FDP-Verkehrsexperten Christian Jung zurecht auf. Denn womöglich muss der Konzern mit den Milliardenverlusten nun nach der Bundestagswahl auch noch teure Abfindungen bezahlen.

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