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Die Region Berlin-Brandenburg kommt auf Platz 32 von insgesamt 268.

© imago images/CHROMORANGE

Wenig wettbewerbsfähig: Warum die Hauptstadtregion im EU-Vergleich nur Mittelmaß ist

Berlin-Brandenburg belegt in einer Studie über Europas Top-Regionen Platz 32. Einer der Gründe: Der Hauptstadtregion mangelt es an Innovationskraft.

Die Region Berlin-Brandenburg schneidet im europäischen Vergleich der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit relativ schwach ab. In einer am Dienstag veröffentlichten Studie der EU-Kommission und des Wiener Unternehmensberaters Stefan Höffinger kommt die Hauptstadtregion auf Platz 32 von insgesamt 268. Rang 1 sicherte sich Stockholm, Rang 2 London.

Die britische Metropole hatte bei der vorangegangenen Untersuchung 2017 noch den Spitzenplatz belegt – hier spielte die Diskussion um den Brexit eine Rolle. Trotz des politischen Gegenwinds erreichten die britischen Regionen Oxfordshire/Buckinghamshire sowie Surrey/Sussex die Plätze 4 und 5. Sie verfügen über herausragende Universitäten und eine starke Wirtschaft. Punktgleich mit London rangiert die niederländische Stadt Utrecht auf Platz 2.

Für Berlin und Brandenburg ist zumindest der Trend positiv: Im März 2017 hatte die Hauptstadtregion nur Platz 45 belegt, in der Auswertung 2013 einen ebenfalls enttäuschenden Platz 42. Innerhalb von zweieinhalb Jahren ging es also 13 Plätze nach oben, was Höffinger und die EU-Experten unter anderem auf den Ruf Berlins als „Start-up-Kapitale“ zurückführen, die aber in einem intensiven Wettbewerb stehe.

Schaut man sich Berlin-Brandenburg im Vergleich zum europaweiten Spitzenreiter Stockholm und München/Oberbayern (Platz 8 in der EU) an, so werden die Stärken und Schwächen sehr deutlich: Die Innovationskraft ist bei der Konkurrenz deutlich höher. Offensichtlich können die Berliner Start-ups die Schwächen der restlichen Berliner Wirtschaft und des Landes Brandenburg nicht ausgleichen. Die Regionen Stockholm und München sind da homogener.

Arbeitsmarkt wenig effizient

Bei der Bereitschaft, neueste Technologien einzuführen, ist der Abstand zu Stockholm geringer, der zu München praktisch null. Auch der Entwicklungsstand der Wirtschaft ist kaum schlechter als bei den beiden Konkurrenten. Der Berliner Arbeitsmarkt ist dagegen deutlich weniger effizient als der in Stockholm und München. Mit diesem Kriterium werden unter anderem die Beschäftigungsquote, die Arbeitsproduktivität und die Verteilung der Erwerbstätigkeit auf die Geschlechter bewertet.

Bei der Basisausbildung der Bevölkerung liegen Berlin-Brandenburg und München-Oberbayern gemeinsam auf einem bescheidenen Niveau, mit großem Rückstand auf Stockholm. Beim Kriterium höhere Bildung und lebenslanges Lernen sieht es für die deutsche Hauptstadtregion ebenfalls düster aus, die Oberbayern liegen hier zumindest ein Stück näher an den Schweden.

Elf Kriterien zur Bewertung

Auch bei den staatlichen Institutionen muss sich Berlin den Wettbewerbern München und Stockholm geschlagen geben. Hier geht es zum Beispiel um die Qualität der Behörden. Die Nase vorn hat die deutsche Hauptstadtregion dagegen bei der Infrastruktur. Bewertet wurden die Anbindung an Auto- und Eisenbahn sowie die Zahl der Passagierflugzeuge.

Berater Höffinger und die EU-Experten haben elf Kriterien für die Bewertung herangezogen. Neben den klassischen ökonomischen Kennziffern wie gesamtwirtschaftliche Stabilität, Marktgröße und Beschäftigung sowie Innovation und Bildung wurde auch der Punkt Gesundheit untersucht. Hier spielten eine Rolle: Verkehrstote, Lebenserwartung bei guter Gesundheit, Kindersterblichkeit, Krebstote, Tote durch Herzerkrankungen und Selbstmorde. Hier werden die Zahlen für die Unterpunkte nicht aufgeschlüsselt, insgesamt liegt Berlin-Brandenburg aber etwas hinter München-Oberbayern und deutlich hinter Stockholm. In ganz Schweden erreichen sieben von acht Regionen Spitzenwerte.

Utrecht ist Musterbeispiel

Eine deutsche Besonderheit: Die Hauptstadtregion schneidet bei der Wettbewerbsfähigkeit schlechter ab als viele andere deutsche Regionen: Neben München/Oberbayern kommen auch noch Hamburg (Rang 12), Darmstadt/ Frankfurt (13), Karlsruhe (15), Stuttgart (18) und Köln (19) unter die ersten 20 in Europa. Die Folgen der jahrzehntelangen Teilung und die Randlage innerhalb Deutschlands machen Berlin nach wie vor zu schaffen.

Generell sind nämlich in Europa sieben der Top-10-Regionen Hauptstädte mit ihrem Umland. Das gilt nicht nur für London und Stockholm, sondern auch für Paris und Amsterdam. Ein Musterbeispiel für wirtschaftlichen Erfolg ist Utrecht, das rund 50 Kilometer von der niederländischen Hauptstadt entfernt liegt. Hier haben eine hervorragende Infrastruktur, die Bildung der Menschen und die Offenheit für neue Technologien zu Platz 2 im europäischen Vergleich der regionalen Wettbewerbsfähigkeit geführt.

Einen Schwerpunkt legt Utrecht auf CO2-neutrale Wohnquartiere und Arbeitsplätze. Die Studienautoren loben, dass die Stadt die konventionelle Sektorpolitik und das weitverbreitete „Silodenken“ überwunden habe und die Themen Gesundheit, Nachhaltigkeit und Digitalisierung zusammenbringe.

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