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Haben gerade anderes zu tun: Allerdings liegen den Bundesministern die Zwischenergebnisse der KI-Kommission schon seit vier Monaten vor.

© dpa

"Wozu der Aufwand?": Bundesregierung lässt KI-Enquete links liegen

Die Enquete-Kommission des Bundestages zur Künstlichen Intelligenz hat Zwischenberichte veröffentlicht. Doch die Regierung prüft diese noch nicht einmal.

Vier Monate ist es her, dass die Enquete-Kommission des Bundestages zur Künstlichen Intelligenz (KI) erste Ergebnisse präsentiert hat – in Form von Kurzberichten, in denen die Erkenntnisse der ersten drei Projektgruppen, die im ersten Halbjahr 2019 zu den Themen „KI & Staat“, „KI & Wirtschaft“ und „KI & Gesundheit“ getagt haben, zusammengefasst sind.

Insgesamt 25 Seiten Papier, denen ein Streit vorausgegangen war: Zunächst wollte man nämlich gar keine Zwischenergebnisse veröffentlichen, sondern die Empfehlungen der Parlamentarier und Sachverständigen erst im Sommer 2020 in Form des Abschlussberichts öffentlich machen. So war es im Einsetzungsbeschluss des Gremiums festgelegt worden.

Oppositionspolitiker wie die Grünen-Obfrau Anna Christmann erwirkten jedoch eine Teilveröffentlichung der ersten Berichte. „Gerade weil sich im Bereich KI so viel bewegt und wir in unserer Arbeit zu guten Ergebnissen gekommen sind“, begründet Christmann, die zum Thema Gesundheit gearbeitet hatte, den Schritt. Die gesamte Kommission hatte dem Anliegen der Grünen und Linken am Ende zugestimmt.

In der Kommunikation nach außen ging es den Politikern der Oppositionsparteien zu der Zeit vor allem darum, die Erkenntnisse des Expertengremiums mit der Öffentlichkeit zu teilen. Doch offenbar hatte man auch gehofft, dass die Bundesregierung sich die Berichte zumindest anschaut und erste Empfehlungen umsetzt.

Empfehlungen finden keine Beachtung

Insofern erteilt die Regierung Christmann nun eine Absage – und will die Berichte noch nicht einmal zur Kenntnis nehmen. „Die Bundesregierung richtet ihr Handeln nicht bereits nach vorläufigen Zwischenberichten aus und bewertet diese auch nicht öffentlich“, schreibt Michael Meister (CDU), parlamentarischer Staatssekretär im Forschungsministerium (BMBF) in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen, die Tagesspiegel Background vorab vorliegen. Für die Grünen-Politikerin ein Affront: „Wenn die Empfehlungen derartig missachtet werden, stelle ich mir ernsthaft die Frage, wozu wir den Aufwand der Enquete-Kommission überhaupt betreiben.“

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Begründet wird diese Haltung von Meister unter anderem damit, dass man „dem Abschlussbericht der Enquete-Kommission und einer anschließenden Aussprache im Deutschen Bundestag“ nicht vorgreifen möchte. Ebenfalls wolle man die Fortschreibung der KI-Strategie der Bundesregierung abwarten, die derzeit laufe. Somit dürften die Empfehlungen der Enquete-Kommission darin keine Beachtung finden.

Grundsätzlich verfolge die Bundesregierung aber „die Beratungen, Berichte und Empfehlungen aller relevanten nationalen und internationalen Kommissionen und Arbeitsgruppen zur Gestaltung des Einsatzes von KI“, verspricht Meister. Auch auf europäischer Ebene werden derzeit Regulierungsvorschläge zur Künstlichen Intelligenz erarbeitet.

"Würde auch in der Coronakrise helfen"

Christmann nennt es „nicht akzeptabel“, dass viele der Sachverständigen „ein enormes Engagement in die Kommission“ steckten und die Bundesregierung dies nun nicht zur Kenntnis nehme. Sie fühlt sich erinnert „an negative Erfahrungen mit der Internet-Enquete, deren Empfehlungen zum Großteil bis heute nicht umgesetzt wurden.“ Die erste Enquete-Kommission zur Digitalisierung hatte von 2010 bis 2013 getagt. Viele Beobachter und ehemalige Mitglieder dieser Kommission monieren noch heute, dass die Bundesregierung nie mit den Ergebnissen gearbeitet hatte.

Christmann scheint sich besonders daran zu stören, dass die Empfehlungen ihrer Projektgruppe in der derzeitigen Krise im Zusammenhang mit dem Coronavirus wohl kein Gehör mehr finden werden. „Eine bessere Aufstellung im Bereich Digitalisierung und Innovation im Gesundheitswesen würde uns in der aktuellen Krise resistenter machen“, meint sie. 

Ihre Projektgruppe hatte sich für ein vom Bund und von den Ländern ko-finanziertes Programm ausgesprochen, um die digitale Infrastruktur für die Krankenhäuser und Kliniken auszubauen. Mit Blick auf den Einsatz von KI im Gesundheitswesen forderten die Experten und Fachpolitiker eine Gesamtstrategie sowie, die Datenverfügbarkeit für die Forschung zu verbessern. 

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