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Ein Skifahrer bewundert die verschneite Bergkulisse im französischen La Plagne.

© imago/blickwinkel

Der Kick, der in den Genen liegt: Wenn die Ski-Leidenschaft stärker ist als jede Prognose

Ist es verrückt, sich danach zu sehnen, schneebedeckte Hänge hinunterzurasen und Knochenbrüche und Kreuzbandrisse zu riskieren? Bestimmt. Aber das Glücksgefühl dabei hat auch etwas Gutes.

Sascha Karberg
Eine Kolumne von Sascha Karberg

Stand:

„Skifahren? Das können Sie vergessen!“, sagte der Neurologe lapidar, nachdem er das fast völlig gelähmte rechte Bein untersucht hatte. Nach einer Notoperation hatte der Femoralis-Nerv, der das Bein versorgt, die Segel gestrichen. „Seien Sie froh, wenn Sie wieder ordentlich laufen können.“

Natürlich, niemand muss Ski fahren. Und lieber durchs Leben humpeln als gar nicht am Leben zu sein. Die Notoperation hätte auch schiefgehen können, jede Minute seitdem ist ein Geschenk, ein Bonus. Also sei dankbar, vergiss das Skifahren.

Doch eine Leidenschaft legt man nicht einfach so ab. Einer Studie zufolge soll es sogar eine genetische Prädiposition geben, den „Kick“ auf der Piste zu suchen, den Geschwindigkeitsrausch oder den Thrill beim Abheben nach dem Sprung …

Gegen jede Prognose: Der Erbonkel Sascha Karberg ist wieder auf den Skiern.

© privat

Unter 500 erfahrenen Skifahrern und Snowboardern zeigten jene mit einer kleinen Veränderung im DRD4-Gen signifikant häufiger ein besonders risikoreiches Fahrverhalten. Vermutlich, weil DRD4 im Dopamin-Stoffwechsel, dem Belohnungssystem des Gehirns, eine Rolle spielt. Menschen mit der DRD4-Mutation spüren den Dopamin-Kick nur in besonders herausfordernden Situationen.

Ob die Ski-Manie des Erbonkels genetische oder andere Ursachen hat – keine Ahnung. Es spielt auch keine Rolle, denn so oder so: Die Sehnsucht nach der Piste hat durch die vielen Stunden, Wochen, Jahre in Rehas, Physiotherapien und Fitnessstudios geholfen. Hat dem Üben, dem Schinden, dem mühsamen Wecken und Trainieren des Nervs ein Ziel gegeben – auch wenn es anfangs völlig unerreichbar schien.

Am Sonntag stand der Erbonkel zum ersten Mal nach der OP wieder auf Skiern. Die Schwünge waren vorsichtiger und unsicherer als früher. Keine aufregenden Sprünge. Aber das Glücksgefühl war nie größer.

Was wir zum Leben mitbekommen und was wir weitergeben – jedes Wochenende Geschichten rund um Gene und mehr in der „Erbonkel“-Kolumne.

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