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Kampf gegen Corona: Mitarbeiter der RATP desinfizieren Zugwagons, die im Großraum Paris unterwegs sind.

© Ludovic MARIN / AFP

Update

Deutschland reagiert gelassen: 5 Zahlen zeigen, wie dramatisch sich Corona in Frankreich ausbreitet

Die Corona-Lage in Frankreich spitzt sich weiter zu. Am Freitag meldeten die Behörden rund 10.000 Neuinfektionen. Kommt jetzt ein neuer Lockdown?

In Frankreich steigt die Zahl der Corona-Infizierten weiter und hat einen neuen Rekordwert erreicht. Binnen 24 Stunden wurden am Donnerstag 9843 neue Fälle einer Corona-Infektion verzeichnet, wie das Gesundheitsministerium meldete. Dies sei die höchste Zahl in Frankreich seit Beginn der Pandemie. Die Infektionszahlen in Frankreich steigen seit Wochen massiv an.

Viele Ärzte befürchten, dass die Intensivstationen im Herbst - wie bereits im März - überlastet sein könnten. In der besonders betroffenen Hafenstadt Marseille berichteten Mitte der Woche erste Krankenhäuser von vollständig belegten Intensivbetten. Von den 70 Betten für Covid-19-Kranke im Département Bouches-du-Rhône seien derzeit 70 belegt, teilten die Behörden in Marseille mit. 

Ein Blick auf fünf Zahlen zeigt, wie ernst die Situation im Land ist:

Neuinfektionen: Die Zahl der Neuinfektionen ist zuletzt drastisch gestiegen. Allein in den vergangenen sieben Tagen haben die Behörden im Land rund 60.000 Neuinfektionen registriert. Besonders viele Fälle gibt es im dicht besiedelten Raum Paris und um Marseille. Insgesamt ist der Ostteil des Landes sehr viel stärker betroffen als der Westen. Allein in Paris zählten die Behörden am Donnerstag knapp 2400 Neuinfizierte.

Wie hoch diese Zahlen sind, wird im Vergleich zu Deutschland klar, das zudem 16 Millionen mehr Einwohner hat. Die Zahl der registrierten Neuinfektionen lag in Deutschland laut Zählung des "Tagesspiegels" bei etwas mehr als 9000 Fällen - in sieben Tagen. Pro Tag infizieren sich im 7-Tage-Mittel derzeit rund 1330 Menschen, in Frankreich sind es 8600.

Neuinfektionen steigen stärker als Zahl der Tests: Können die gestiegenen Zahlen in Frankreich auch mit der steigenden Zahl der Tests zu tun haben? Ja, aber sie erklären den starken Anstieg nicht. Laut dem Corona-Datenmonitor der Zeitung "Le Monde" wurden Mitte August pro Woche noch rund 550.000 Menschen getestet. In der ersten Septemberwoche waren es 930.000.

Ein Blick auf die Entwicklung der Fallzahlen zeigt, dass die gestiegenen Tests nicht der einzige Grund sein können. Denn seit August hat sich die Zahl der Tests zwar knapp verdoppelt, die täglichen Fallzahlen haben sich dagegen ungefähr verzehnfacht. Und: Auch in Deutschland liegt die Zahl der Tests pro Woche derzeit bei rund einer Million, die Fallzahlen sind aber deutlich niedriger.

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Positivrate der Tests: Und noch eine Zahl spricht dafür, dass sich die Pandemie in Frankreich derzeit stark ausbreitet: 5,3 Prozent der Abstriche führten in der ersten Septemberwoche zu einem positiven Test. In der ersten Augustwoche waren es noch 2,2 Prozent. Zum Vergleich: Die Positivquote liegt in Deutschland derzeit bei 0,74 Prozent.

Zahl der Patienten in den Kliniken und in Intensivbehandlung: Zwei weitere Entwicklungen bekräftigen den Ernst der Situation: In Frankreich steigt langsam auch die Zahl der Patienten in den Kliniken und in Intensivbehandlung. Ein Datenüberblick der Regierung zeigt zum Beispiel, dass am Donnerstag knapp 5100 Personen wegen einer Covid-19-Erkrankung in einer Klinik behandelt wurden und 615 Menschen wegen Corona auf einer Intensivstationen lagen. Am 31. August waren 4600 Menschen in Behandlung und 409 auf einer Intensivstation. Auch die Zahl der Verstorbenen hat sich in den vergangenen Tagen leicht erhöht.

Zum Vergleich: In Deutschland werden aktuell 230 Patienten wegen Corona intensivmedizinisch betreut. Hierzulande haben die gestiegenen Fallzahlen bei den Infektionen bisher nicht zu einem Anstieg der Patientenzahlen in den Krankenhäusern oder Intensivstationen geführt.

Experten fordern Regierung zum Handeln auf

Angesichts dieser Zahlen fordert der wissenschaftliche Beirat der französischen Regierung die Politik zum Handeln auf. Derzeit sind bereits große Versammlungen verboten. In einigen Städten sind Masken auf öffentlichen Plätzen und sogar auf den Straßen vorgeschrieben. An diesem Freitag will die Regierung über weitere Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie beraten.

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Frankreich ist mit seinen rund 67 Millionen Einwohnern eines der am stärksten von Corona betroffenen Länder in Europa. Das bisherige Maximum war Anfang September mit rund 9000 neu erfassten Fällen binnen eines Tages vermeldet worden - die Zahlen lagen seitdem regelmäßig auf ähnlich hohem Niveau. Im Frühjahr lag das Maximum bei rund 7500 erfassten Fällen.

Wie in anderen Staaten Europas stecken sich derzeit auch in Frankreich verstärkt junge Erwachsene mit Sars-CoV-2 an, nach Behördenangaben hauptsächlich bei Feiern und Urlaubsreisen. Als Risikogebiete gelten vor allem der Großraum Île-de-France mit der Hauptstadt Paris und die Region Côte d'Azur am Mittelmeer.

In einer ersten Reaktion von deutscher Seite hieß es aus der saarländischen Staatskanzlei mit Blick auf etwaige Maßnahmen, für eine Verschärfung sehe man „keine Veranlassung“. Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte, „Maßnahmen an der Grenze sind für uns kein probates Mittel mehr. Als es im März zu Grenzkontrollen kam, standen wir vor einer völlig anderen Situation, in der es keine Testungen und Nachverfolgungen von Infektionsketten gab“. Man stehe in einem engen interregionalen Austausch mit den Partnern und setze „auf eine grenzüberschreitende Pandemiebekämpfung“, sagte Hans dem Tagesspiegel.

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