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Die Kohlenstoff-Giganten: Diese Unternehmen machten Hitzewellen stärker und häufiger
Die globale Erwärmung führt zu extremem Wetter wie Hitzewellen. Die Wirkungskette lässt sich zurückverfolgen zu den Förderern von Kohle, Erdöl, Gas und zu Zementproduzenten. 14 von ihnen stellen alle anderen in den Schatten.
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Der August 2025 war weltweit der drittwärmste seit Beginn der Aufzeichnungen. Übertroffen wurden die Augusttemperaturen nur in den Jahren 2023 und 2024, berichtet der europäische Klimadienst Copernicus. Das warme Wetter hatte Folgen: Die Iberische Halbinsel und Südwestfrankreich waren besonders stark von Hitzewellen betroffen.
Jetzt hat ein Forschungsteam solche extremen Wetterphasen der vergangenen zwei Jahrzehnte analysiert, bei denen entweder viele Menschen gestorben sind, es zu bedeutenden wirtschaftlichen Verlusten kam oder die betroffenen Länder wegen der Hitze internationale Hilfe angefordert hatten.
Diese Studie ist ein wichtiger Schritt in Richtung Verantwortlichkeit.
Friederike Otto, Klimawissenschaftlerin am Imperial College London
Im Fachjournal „Nature“ berichten sie, wie stark 180 private und staatliche Unternehmen, die Kohle, Erdöl oder Gas fördern oder Zement produzieren, zu den Hitzewellen beigetragen haben. Die Ergebnisse könnten dazu herangezogen werden, die Schäden rechtlich stärker nach dem Verursacherprinzip zu beurteilen.
Desinformation und Lobbyarbeit
„Jetzt sind wir an dem Punkt, an dem wir die ernsthaften Konsequenzen von Wetterextremen für die Weltwirtschaft und die Gesellschaft erkennen“, sagt Yann Quilcaille, Erstautor der Studie von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich. Dazu gehörten etwa hitzebedingte Todesfälle und Ernteausfälle in der Landwirtschaft. „Die Menschen fragen sich, wer dafür verantwortlich ist“, sagt Quilcaille.
Frühere Arbeiten hätten vor allem die Emissionen von Einzelpersonen und Ländern betrachtet. Für die aktuelle Analyse habe sich das Team auf die Akteure konzentriert, die für besonders viel Kohlenstoff verantwortlich sind, der aus unterirdischen Lagerstätten in die Luft freigesetzt wurde, hauptsächlich in Form des Verbrennungsprodukts und Treibhausgases Kohlendioxid (CO₂).
„Diese Firmen und Körperschaften haben vor allem ihre wirtschaftlichen Interessen verfolgt, obwohl sie seit den 1980er Jahren wussten, dass die Verbrennung fossiler Treibstoffe zu einer Klimaerwärmung führen wird“, sagt Quilcaille. Mit der Verbreitung von Desinformation und intensiver Lobbyarbeit hätten sie ihr Geschäft jedoch geschützt und weiterbetrieben. Sie hätten „eine besondere Verantwortung“.
Rund die Hälfte der Erwärmung
Hitzewellen werden heute weltweit deutlich häufiger dokumentiert als noch vor wenigen Jahrzehnten, auch wenn sie im globalen Süden nur schlecht erfasst sind. Es wird dabei auch immer heißer, weil die langfristige globale Erwärmung zu den kurzfristigen Temperatur-Ausschlägen nach oben hinzukommt.
Der vergangene August war etwa 1,3 Grad Celsius wärmer als der Durchschnitt der Jahre 1850 bis 1900. Es ist ein scheinbar kleiner Temperatursprung. Aber er kann den Unterschied zwischen „warmen“ und „heißen“ Tagen machen, zwischen Sommerwetter und einer Hitzewelle und zwischen einer hohen und einer Rekord-Temperatur.

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Das Team um Quilcaille hat berechnet, dass im Jahr 2023 rund die Hälfte der globalen Erwärmung – 0,67 der insgesamt 1,3 Grad Celsius – auf die Emissionen von 180 Organisationen zurückgeht, die zusammen für 60 Prozent des menschengemachten CO₂-Ausstoßes verantwortlich sind.
Außerdem analysierten die Forschenden 213 Hitzewellen, die zwischen 2000 und 2023 auftraten. Das Ergebnis: „Der Klimawandel hat jede einzelne dieser Hitzewellen wahrscheinlicher und intensiver gemacht, und die Situation hat sich im Laufe der Zeit verschärft“, sagt Quilcaille. In den Jahren 2000 bis 2009 traten Hitzewellen mit einer gegenüber vorindustrieller Zeit zwanzigfach erhöhten Wahrscheinlichkeit auf. In den Jahren von 2010 bis 2019 hat der Klimawandel sie sogar 200 Mal wahrscheinlicher gemacht. Etwa jede vierte der betrachteten Hitzewellen hätte es ohne Klimawandel sehr wahrscheinlich gar nicht gegeben.

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„Die Arbeit erweitert unser Verständnis davon, wie der Klimawandel Hitzewellen beeinflusst“, sagt Quilcaille. Im Hinblick auf Klimaklagen geschädigter Menschen gegen Kohlenstoff-Emmitenten belege sie aber auch einen eindeutigen kausalen Zusammenhang zwischen der Produktion von fossilen Brennstoffen und Zement und den Hitzewellen. „Wir liefern damit wichtige wissenschaftliche Beweise“, sagt Quilcaille.
„Diese Studie ist ein wichtiger Schritt in Richtung Verantwortlichkeit“, sagte die Klimawissenschaftlerin Friederike Otto vom Imperial College London dazu dem Science Media Center. Große Kohlenstoffkonzerne könnten für Schäden haftbar sein, die ihre Produkte verursacht haben.
Die aktuelle Studie unterschätze das Ausmaß wahrscheinlich noch, weil sie sich auf Hitzewellen konzentriere, von denen viele nicht gemeldet werden. „Die realen Folgen sind wahrscheinlich weitaus größer“, sagt Otto, die mit der Forschungsgruppe World Weather Attribution den Zusammenhang von Extremereignissen mit dem Klimawandel untersucht.
Die Forschenden um Quilcaille wollen nun weitere Extremereignisse wie Starkniederschläge, Dürren und Waldbrände systematisch untersuchen, um auch diese Ereignisse auf die Beiträge einzelner Akteure zurückzuführen.
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