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Rentenreform braucht Gleichstellung: Heiraten darf nicht länger die bessere Altersvorsorge für Frauen sein
Frauen haben noch immer schlechtere Rentenaussichten als Männer: Wegen des Gender-Pay-Gaps und weil sie mehr Care-Arbeit übernehmen. Eine Reform muss diese Abhängigkeit von der Ehe beenden.

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Die Sozialversicherung steht unter Druck, besonders das Rentensystem wird kritisiert. Die demografische Entwicklung rüttelt an den Festen eines Umlageprinzips, in dem die jeweils nachwachsenden Generationen die Renten der Älteren zu erwirtschaften haben. Mindestens zwei Entwicklungen zwicken. Die niedrige Geburtenquote führt dazu, dass auf zwei erwerbstätige Menschen ein Rentner kommt. Die gestiegene Lebenserwartung erhöht die Bezugsdauer von Renten beträchtlich.
Vor rund dreißig Jahren war ich Mitglied der Rentenkommission von Norbert Blüm, schon damals war diese Entwicklung absehbar und schon damals forderte man, die gesetzliche Rente durch betriebliche Renten und eine private Altersvorsorge zu ergänzen. Gleichermaßen war die eigenständige Alterssicherung von Frauen ein zentrales Thema.
So ist es auch heute. Die Renten aus eigener Erwerbsarbeit sind für Frauen zwar gestiegen und mein ironisch gewendeter, aber völlig zutreffender Einwurf, für die Altersabsicherung von Frauen sei der Ehemarkt lohnender als der Arbeitsmarkt, stimmt heute nicht mehr ganz.
Besonders die Anrechnung von Kindererziehungszeiten, einer versicherungsfremden Leistung, hat dazu beigetragen, dass die Lücke in der Rentenhöhe heute „nur“ noch bei knapp 37 Prozent liegt. Berücksichtigt man die abgeleiteten (Witwen-)Renten, sind es noch knapp 26 Prozent.
Die Heirat hilft also noch immer deutlich. Sie hilft auch im Falle einer Scheidung. Bei der Rentenberechnung greift dann der Versorgungsausgleich, die während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften werden also zwischen den Ehepartnern aufgeteilt. Man könnte auch sagen: Frauen erhalten einen kleinen Dank für ihre Care-Arbeit.
Dies allerdings geht meist zu Lasten der eigenständigen betrieblichen und privaten Absicherung von Frauen. Beide Säulen vergrößern den Rentenunterschied zwischen Frauen und Männern. Die Lücke bei der betrieblichen Altersrente liegt im Westen bei 43 Prozent, bei der privaten Altersvorsorge sind es sogar 56 Prozent.
Im Osten ist das anders. Die Lücke bei der gesetzlichen Rente liegt hier bei nur fünf Prozent, bei der betrieblichen Rente stellen sich Frauen sogar etwas besser als Männer. Und selbst bei der privaten Altersvorsorge ist die Lücke mit 40 Prozent zwar sehr hoch, aber doch deutlich niedriger als im Westen mit 56 Prozent.
Alle Reformvorschläge, so mein Einwurf, müssen die Auswirkungen auf Frauen berücksichtigen. Und daran arbeiten, dass die Abhängigkeit von der Ehe nicht mehr zwingend ist. Gerade in einem Land, in dem Eheschließungen immer mehr zurückgehen.
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