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Das Grab einer jungen Frau aus der spätsteinzeitlichen "Glockenbecher"-Kultur in Rothenschirmbach in Sachsen-Anhalt.

© LDA Sachsen-Anhalt

Ursprung der europäischen Sprachen in Russland: Die Sprache der Viehhirten

Erbgut aus der Stein- und Bronzezeit legt den Schluss nahe, dass indoeuropäische Sprachen wie Deutsch, Französisch oder Griechisch mit Hirten aus der südrussischen Steppe nach Europa kamen.

Die heutigen Mitteleuropäer stammen zu einem beträchtlichen Teil von Gruppen ab, die vor etwa 4500 Jahren aus dem Süden des heutigen Russland eingewandert sind. Das schließt ein internationales Forscherteam aus Genanalysen von insgesamt 94 Menschen, die vor 3000 bis 8000 Jahren lebten, 41 von ihnen auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands. Die Resultate könnten auch Aufschluss zum Ursprung der indoeuropäischen Sprachen geben, zu denen Deutsch zählt.

Indoeuropäisch kam erst mit der zweiten Einwanderungswelle

Eine Forschergruppe um David Reich von der Harvard Medical School in Boston analysierte die Genome der Europäer aus der Mittel- und Jungsteinzeit sowie aus der späteren Bronzezeit, die im heutigen Deutschland, Ungarn, Schweden, Spanien und Russland gelebt hatten. Den Analysen nach gab es zwei große Einwanderungswellen. So wurden die damals in Mittel- und Westeuropa lebenden Jäger und Sammler vor etwa 7500 Jahren durch einwandernde frühe Bauern teilweise verdrängt und in deren Gesellschaften integriert. „Die Frühbauern aus Spanien, Deutschland und Ungarn sind genetisch nahezu identisch, was auf einen gemeinsamen Ursprung im Nahen Osten schließen lässt“, sagt Wolfgang Haak von der australischen Universität Adelaide, einer der Autoren der im Fachblatt „Nature“ veröffentlichten Studie.

Demnach sind die indoeuropäischen Sprachen nicht wie bislang angenommen mit diesen Zuwanderern nach Mitteleuropa gelangt, sondern erst mit der nächsten großen Welle vor etwa 4500 Jahren. Diese Menschen entstammten der Yamnaya-Kultur, die in der Region des heutigen Südrusslands verortet wird. Diese Viehhirten aus der eurasischen Steppe stellen neben den ursprünglichen Jägern und Sammlern und den Frühbauern die dritte Gruppe, die die Forscher im Erbgut identifizierten. Diese dritte Erbgutkomponente sei in jedem der untersuchten Individuen zu sehen gewesen, das jünger als 4500 Jahre war, und in keiner der älteren Proben aus Mitteleuropa. „In Deutschland taucht die dritte Komponente erstmals bei den Schnurkeramikern am Übergang zwischen Jungsteinzeit und Bronzezeit auf“, sagt Haak. Die Forscher schätzen den genetischen Anteil der Yamnaya-Kultur in den Schnurkeramikern aus Sachsen-Anhalt auf 75 Prozent. Angesichts der Distanz von 2600 Kilometern zwischen beiden Gebieten sei dieser Grad an Übereinstimmung erstaunlich.

Schnurkeramiker eng mit russischen Hirten verwandt

Die Forscher schlussfolgern, dass die Schnurkeramiker eng mit den Hirten verwandt waren und auch eine ähnliche Sprache hatten. „Da sämtliche heutigen Mittel- und Nordeuropäer einen hohen genetischen Anteil der damaligen Steppenbewohner in sich tragen und eine indoeuropäische Sprache sprechen, ist zumindest ein deutlicher Beitrag der Steppe nicht auszuschließen“, sagt Haak. Zur indoeuropäischen Sprachfamilie zählen mehr als 400 Sprachen, darunter Deutsch, Englisch, Griechisch und Russisch. (dpa)

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