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Krankenpfleger (Symbolbild).

© Kitty Kleist-Heinrich TSP

„Es ist eine unmögliche Situation“: Pflegestudierende in Berlin frustriert

Die Politik will die Pflege akademisieren - doch Studierende in den neuen Studiengängen kritisieren die Rahmenbedingungen. Bei der Frage fairer Vergütung setzt Berlin auf den Bund.

Sie sollen die Zukunft der Pflege sein: Fachkräfte, die an Hochschulen ausgebildet werden – schließlich wird ihr Beruf immer komplexer und anspruchsvoller. Auch an Berliner Hochschulen wurden daher vor einiger Zeit entsprechende Studiengänge eingerichtet.

Doch der Alltag mancher Studierenden sieht trist aus. So berichtete es eine Studentin der Alice-Salomon-Hochschule (ASH) am Montag im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses. 40 Wochenstunden umfasse allein der Lehrplan, dazu kämen Hausarbeiten. Ein bis zwei Nebenjobs seien für die meisten zusätzlich nötig, da es bei Praxisanteilen keine Bezahlung gebe.

So käme man leicht auf über 60 Stunden Arbeit, wegen der Belastung würden viele ans Abbrechen denken. „Es ist eine unmögliche und unstudierbare Situation“, schloss sie ihr Statement.

Politisch sind die Studiengänge sehr gewünscht – aber die Rahmenbedigungen sind unzureichend, so ließ sich die Anhörung zusammenfassen.

Johannes Gräske, Professor für Pflegewissenschaften an der ASH, nannte mehrere kritische Punkte. Der finanzielle Nachteil von Pflegestudierenden gehört dazu: Sie erhalten oft keine Vergütung und haben nicht ausreichend Zeit für auskömmliche Nebenjobs.

Der Workload liegt über dem der Medizin-Studierenden.

Adelheid Kuhlmey, Charité-Professorin.

Adelheid Kuhlmey von der Charité berichtete, ihre Pflegestudierenden hätten über 2000 Theoriestunden und mehr als 2400 Praxisstunden zu absolvieren: „Dieser Workload liegt über dem der Medizin-Studierenden.“ An der Charité seien in diesem Winter von 63 Studienplätzen in der Pflege nur 42 vergeben worden. Sie appellierte aber auch an die Politik, den neuen Studiengängen insgesamt Zeit zur Entwicklung zu geben.

Die Lehre müsste insgesamt aufgewertet werden, forderte Gräske. Der Aufwand für die Praxisbegleitung von Studierenden sei enorm. Ausgerechnet betreuungsintensive Seminare, in denen praktische Inhalte eingeübt werden, würde Dozierenden aber nur zur Hälfte für ihr Lehrdeputat angerechnet.

Frank Weidner vom Deutschen Institut für angewandte Pflegeforschung kritisierte, Deutschland habe in der hochschulischen Pflege den Rückwärtsgang eingelegt: Nur 0,4 Prozent aller Absolventen kämen von Hochschulen, nötig seien 10 bis 20 Prozent.

Tobias Schulze (Linke) warnte davor, das Pflegestudium stehe auf der Kippe, wenn die Politik nicht handele. Soweit wollte Wissenschafts- und Gesundheitssenatorin Ulrike Gote (Grüne) zwar nicht gehen. Aber auch sie erkannte viele Kritikpunkte als gerechtfertigt an. Gerade was die Vergütung angehe, setze sie auf eine rechtliche und finanzielle Lösung durch den Bund: Der Gesundheitsminister habe bereits signalisiert, dass diese im ersten Quartal 2023 kommen könne.

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