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Eine junge Wissenschaftlerin pipettiert im Labor und hält dabei einen Tablett-Computer in der Hand.

© imago images/Cavan Images

Arbeit in der Berlin University Alliance: Forschende stehen unter hohem Output-Druck

Der neue Berlin Science Survey zeigt: Viel zu publizieren, ist weitaus wichtiger als gute Lehre zu leisten. Persönlich haben die Forschenden andere Prioritäten.

Knapp 60 Prozent der Wisssenschaftler:innen in der Berlin University Alliance (BUA) und ihren Partnerorganisationen sehen sich unter einem sehr hohen Erwartungsdruck, möglichst viel über ihre Projekte zu publizieren. Weitere 30 Prozent verspüren einen hohen Erwartungsdruck, dies zu tun. Das zeigen erste Ergebnisse des neuen Berlin Science Survey, auf den die BUA jetzt hinweist.

Dass insgesamt 90 Prozent ihre wissenschaftlichen Karrieren so eng mit ihrem Output an Veröffentlichungen verbunden sehen, habe gravierende Folgen für die sonstige Tätigkeit der Forschenden, fand das Team vom Berlin Science Service heraus: Die Publikationen werden gegenüber anderen Aufgaben priorisiert – etwa zulasten der akademischen Lehre oder der Open Science, also der Verbreitung der Erkenntnisse über Netzwerke.

Befragt wurden über 1000 Teilnehmende von November 2021 bis Februar 2022. Sie gehören dem von Bund und Land geförderten Exzellenzverbund von HU, TU, FU und Charité sowie den außeruniversitären Einrichtungen der Allianz Berlin Research 50 an.

Der Druck ist da, aber es gibt Anzeichen von Resilienz

Die Befragung soll alle zwei Jahre wiederholt werden und Diskussionen im Berliner „integrierten Forschungsraum“ und Trends in der wissenschaftlichen Praxis abbilden. Der Berlin Science Survey wird von der BUA gefördert und vom Robert K. Merton Zentrum für Wissenschaftsforschung durchgeführt, das an der Humboldt-Universität angesiedelt ist.

[Lesen Sie auch unser Interview mit der Ex-Präsidentin der Humboldt-Uni zur BUA: Aufbau der BUA? "Einfach ist anders", sagte uns Sabine Kunst vor einem guten Jahr]

Hinsichtlich „guter Lehre“ sehen sich nur 23,4 Prozent der Befragten unter einem (sehr) hohen Druck ihrer Institutionen, ebenso wenige sind es beim Thema „Open Science“. Gefragt wurden die Berliner Forschenden auch, wo aus ihrer Sicht die Prioritäten im Wissenschaftssystem liegen sollten.

Hier zeigt sich ein etwas anderes Bild, das von einer gewissen Resilienz gegen den Erwartungsdruck zeugen könnte: Für 95 Prozent hat „methodische Strenge“ höchste oder hohe Priorität in ihrer eigenen Arbeit. An zweiter Stelle liegt die „Originalität“ der Forschungen mit 84,2 Prozent, gefolgt vom „Publikationsoutput“ mit 64,1 Prozent und „guter Lehre“ mit 53,6 Prozent. Ganz unten bei den persönlichen Prioritäten landet allerdings wieder die „Open Science“ mit 43,3 Prozent.

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Das Team vom Science Survey konstatiert, dass der hohe Erwartungsdruck, möglichst viel zu publizieren, „meist durch Evaluationsregime forciert“ werde. Hintergrund seien also Begutachtungen des Projektfortschritts seitens der Geldgeber:innen, die auf einen hohen Output an Publikationen Wert legen.

Das Missverhältnis zu den persönlichen Zielsetzungen könne „sowohl zu einer unnötigen Belastung der Wissenschaftler:innen führen als auch negative Auswirkungen auf die Forschungs- und Lehrqualität haben“, heißt es in einer Mitteilung der BUA.

Projektleiter Jens Ambrasat kündigt an, dass „die verschiedenen Effekte der Anreizstrukturen im Wissenschaftssystem“ weiter untersucht werden. Die BUA jedenfalls hat sich vorgenommen, die Instrumente der Forschungsevaluation zu verbessern. Künftige Befragungen durch den Berlin Science Survey sollten zeigen, ob das auch gelingt.

Ende Februar 2021 hatten junge Forschende in einem offenen Brief wie berichtet an die BUA-Leitung appelliert, vom Publikations-Stress befreit zu werden. Die Rede war damals von negativen Einflüssen auf die Psyche insbesondere von Promovierenden.

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