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Eine Israel-Flagge spiegelt sich bei einem stillen Protest einer Initiative für die Sicherheit jüdischer Studierender in einer Scheibe der Freien Universität Berlin.

© dpa/Christoph Soeder

Freie Universität Berlin: Studierende werfen Diversity-Beauftragter Parteilichkeit vor

Eine Hochschulgruppe für jüdische und israelische Themen erhebt Vorwürfe gegen die neue Beauftragte für Diversität und Antidiskriminierung an der Freien Universität Berlin. Der Uni selbst ist keine Kritik bekannt.

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Wenige Monate nach ihrem Amtsantritt steht die neue Diversity-Beauftragte der Freien Universität, Carolin Loysa, in der Kritik. In einem Statement, das dem Tagesspiegel vorliegt, wirft die Hochschulgruppe „Chaverim@FU“ ihr mangelnde Objektivität vor und bezeichnet Loysas Ernennung als einen „erneuten Schlag ins Gesicht für israelische, jüdische und israelsolidarische Studenten“.

Carolin Loysa ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im Fachbereich Sozial- und Kulturanthropologie und Gleichstellungsbeauftragte am Lateinamerika-Institut. Im Juni wurde sie vom Akademischen Senat (AS) zur Beauftragten für Diversität und Antidiskriminierung ernannt – ein Amt, das laut Berliner Hochschulgesetz diskriminierungsfreie Teilhabe fördern soll. Genau daran zweifeln die Studierenden.

Boykottaufruf und Instagram-Post

Zentraler Kritikpunkt der Hochschulgruppe: Loysas Aktivitäten in den sozialen Medien. Dort habe sie nach Ansicht der Hochschulgruppe mehrere „antiisraelische“ Beiträge verfasst. Zudem sei sie Unterzeichnerin eines offenen Briefes, in dem zum akademischen Boykott israelischer Universitäten aufgerufen werde.

Nach Recherchen des Tagesspiegels gehört Loysa tatsächlich zu den Unterzeichnern eines offenen Briefes der Gruppe „Academics for Palestine“. In ihm wird die Europäische Union dazu aufgefordert, Kooperationen mit israelischen Forschungseinrichtungen „sofort“ zu beenden und finanzielle Förderung einzustellen. Zur Begründung heißt es: Die Einrichtungen seien aus Sicht der Unterzeichner eng mit Israels Militär verflochten und trügen so indirekt zum Vorgehen der Armee in Gaza bei. 

Zudem fiel ein Post auf Loysas privatem Instagram-Profil auf (Stand August 2025). Er beinhaltet das Lied „Leve Palestina“. Darin heißt es unter anderem: „And we have fired missiles / At our enemies / And the whole world knows our struggle“. Zu deutsch: „Und wir haben Raketen abgefeuert / Auf unsere Feinde / Und die ganze Welt kennt unseren Kampf“.

Die Posts ihres Accounts sind nur noch für Follower, deren Anfragen sie akzeptiert, zu sehen.

Geschichtsrevisionismus, die Projektion antisemitischer Narrative auf den Jüdischen Staat und Auslöschungsfantasien sind ein fester Bestandteil des universitären Alltags.

Ein Sprecher der Hochschulgruppe Chaverim@FU

Chaverim@FU sieht in Boykottaufruf und Postings einen Widerspruch zu den Aufgaben einer Diversity-Beauftragten und übt scharfe Kritik an der FU. Im Statement der Gruppe heißt es: „Geschichtsrevisionismus, die Projektion antisemitischer Narrative auf den Jüdischen Staat und Auslöschungsfantasien sind ein fester Bestandteil des universitären Alltags.“ Unter diesen Bedingungen zweifle man daran, dass die Ernennung Loysas dazu beitrage, „eine chancengerechte Lernumgebung für von Antisemitismus und Israelhass betroffene Studenten an der FU“ herzustellen. 

Seit dem Überfall der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 kam es an der FU immer wieder zu antiisraelischen, teils antisemitischen Protestaktionen auf dem Campus. Zudem wurde der für sein Engagement gegen Antisemitismus bekannte FU-Student Lahav Shapira im Februar 2024 in Berlin-Mitte von einem Kommilitonen zusammengeschlagen. Seitdem betritt er den Campus nur noch in Begleitung eines Sicherheitsdienstes. 

Der FU ist keine Kritik bekannt

Die FU teilte auf Anfrage mit, dass ihr keine Kritikpunkte an der Amtsführung Loysas bekannt seien. Eine vom Akademischen Senat eingesetzte Kommission habe Loysa in geheimer Wahl und ohne Gegenkandidaten zur beauftragten Person für Diversität und Antidiskriminierung gewählt.

Vor der Wahl im Juni habe es „eine Aussprache unter den Kommissionsmitgliedern“ gegeben, in der „die Unterzeichnung eines offenen Briefes durch Dr. Carolin Loysa“ thematisiert worden sei. Anschließend sei sie auch vom AS bestätigt worden. 

Es ist nicht an der Universitätsleitung oder -verwaltung, eine solche demokratische Wahl oder die gewählte Person zu bewerten

Eine Sprecherin der FU-Berlin

Zu etwaigen Posts in den sozialen Medien äußerte sich die FU nicht. „Es ist nicht an der Universitätsleitung oder -verwaltung, eine solche demokratische Wahl oder die gewählte Person zu bewerten“, sagte eine Sprecherin der Uni. Auch Loysa selbst wollte sich gegenüber dem Tagesspiegel nicht äußern. 

Nach Angaben der FU suchte Loysa Anfang September den Dialog mit den Studierenden. Die Gruppe bestätigte, dass es ein Gesprächsangebot gab und teilte mit, nach Ende der vorlesungsfreien Zeit über das Angebot zu beraten. Obwohl Gespräche zwischen Universität und jüdischen Studierenden in der Vergangenheit aufgrund „ausbleibender Ergebnisse“ abgebrochen worden seien, sei die Gruppe grundsätzlich gesprächsbereit.

Hinweis: In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, die Hochschulgruppe „Chaverim@FU“ habe das Gesprächsangebot der Diversity-Beauftragten abgelehnt. Dies ist nicht richtig. Die Gruppe gab an, nach Ende der vorlesungsfreien Zeit über das Angebot zu beraten.

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