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Haarige Erbschaften: Können Gene Glatzen vorhersagen?
Warum werden manche Männer früh im Leben kahl? Zu mindestens 80 Prozent wird ihnen das mit der genetischen Ausstattung in die Wiege gelegt.

Stand:
Etwa 80 Prozent aller Europäer müssen im Laufe ihres Lebens mit einem gewissen Grad an Haarverlust rechnen – und zwar Männer wie Frauen.
Während beim männlichen Geschlecht die Geheimratsecken oft bereits in einem Alter von 20 bis 30 Jahren sichtbar werden, beginnt sich das Haar bei Frauen meist erst nach der Menopause dünne zu machen.
Die Ursache liegt zu einem großen Teil, bis zu 80 Prozent, in den Genen. Doch welche Genvarianten wie zur frühen Glatzenbildung beitragen, ist nur teilweise erforscht.
Beteiligt ist wohl das AR-Gen. Es enthält den Bauplan für den Androgen-Rezeptor, der auf das Hormon Testosteron reagiert – Mutationen, die es besonders sensitiv für Testosteron machen, verdoppeln das Risiko für eine Glatze. Es ist aber längst nicht die einzige Genveränderung, die zum Haarausfall beitragen kann.
Mittlerweile haben Genforscher Hunderte Genvarianten gefunden. Für die Prognose, ob jemandem eine Glatze droht, hat das erhebliche Auswirkungen.
Ein Beispiel: Der Erbonkel bekam 2008 als Journalist die Möglichkeit, bei den Genanalysefirmen DecodeMe und 23andme sein Erbgut untersuchen zu lassen. Eines der Ergebnisse: Mit 40 würde ich wohl eine Glatze bekommen. Damit lagen die Firmen allerdings nachweislich falsch; bis heute sprießen die Haare durchaus recht üppig.
Der Grund für die falsche Vorhersage: Das Erbgutorakel beruhte nur auf einer oder wenigen DNA-Veränderungen. Heute lässt sich mit der Überprüfung von 117 Positionen im Erbgut mit rund 80-prozentiger Sicherheit vorhersagen, ob eine Glatze droht oder nicht, und mit etwa 73-prozentiger Sicherheit, ob mit moderatem Haarausfall zu rechnen ist.
So gut, wie sich etwa die Augenfarbe eines Menschen anhand seiner Gene erkennen lässt, mit 94-prozentiger Sicherheit, ist Haarausfall damit nicht vorhersagbar. Noch immer fehlen ein paar genetische Puzzleteile, um erklären zu können, warum die Haarwurzeln irgendwann die Arbeit einstellen. Zudem spielen auch nicht-genetische Faktoren eine Rolle.
Sicher ist aber, entgegen anderslautender Gerüchte, dass für den Haarverlust der Männer nicht allein deren Mütter verantwortlich sind: Auch die Väter vererben die entsprechenden Genvarianten. Entscheidend ist nur, welche davon ein Mensch in seiner Genlotterie zieht. Eine haarige oder eben weniger haarige Erbschaft.
Was wir zum Leben mitbekommen und was wir weitergeben – jedes Wochenende Geschichten rund um Gene und mehr in der „Erbonkel“-Kolumne.
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