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Der Maya-Kalender datiert die Erschaffung der Welt auf den 11. August 3114 v. Chr.

© IMAGO/ingimage

Heute vor 5137 Jahren: Maya-Kalender besagte nie das Ende der Welt

Mit dem Blockbuster „2012“ produzierte Roland Emmerich nach seinen Worten die „Mutter aller Zerstörungsfilme“. Der Film basierte auf einer uralten Prophezeiung der Maya – die es in Wahrheit nie gegeben hat.

Eine Kolumne von David Will

Manche Regisseure geben sich große Mühe, ihren Stoff akkurat zu verfilmen. Dazu gehört etwa Christopher Nolan, der für seinen Science-Fiction-Blockbuster „Interstellar“ einen renommierten Astrophysiker ans Set holte.

Es gibt aber auch Filme, die auf die lästige Recherche verzichten. Legendär ist in dem Zusammenhang Roland Emmerichs „2012“: Ein Endzeit-Schicken, in dem sich eine Prophezeiung der Maya erfüllt und die Erde im Jahr 2012 der Verwüstung anheimfällt.

Die Ursachen der Verwüstung – eine plötzliche Sonneneruption, gefolgt von Erdbeben und Tsunamis – werden so hanebüchen hergeleitet und so nachlässig aneinander getackert, dass die Nasa den Film im Jahr 2011 zur absurdesten Science-Fiction aller Zeiten erklärte. Die Raumfahrtagentur produzierte sogar einen eigenen kleinen Erklärfilm, um den Menschen die Angst vor dem drohenden Weltuntergang zu nehmen.

Im Grunde genommen war die schlampige Physik von „2012“ nur konsequent. Denn auch mit der vermeintlichen Maya-Prophezeiung war es nicht weit her. Das Szenario einer drohenden Apokalypse stützte sich zwar tatsächlich auf die sogenannte „Lange Zählung“ der Maya: Einen zyklischen, mehrstelligen Kalender im Vigesimalsystem, bei dem also jede Stelle für das Zwanzigfache der vorangegangenen Einheit steht – möglicherweise, weil die Maya alle Finger und Zehen zusammenzählten.

Legt man nun ein Umrechnungsverfahren des Archäologen Eric Thompson zugrunde, datiert dieser Kalender die Erschaffung der Welt auf den 11. August 3114 v. Chr., heute vor 5137 Jahren, und den Beginn eines neuen Zyklus‘ auf den 22. Dezember 2012.

Dass damit eine Art jüngstes Gericht hereinbrechen würde, hatten die Maya aber nie behauptet. Dieser Mythos findet sich erst im „Chilam Balam“, einer Textsammlung aus Mittelamerika, die zu großen Teilen erst zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert entstand. Wenn dort steht, dass zum Ende eines Kalenderzyklus‘ ein „Erbrechen von Blut“ bevorsteht, ist das also aller Wahrscheinlichkeit eine Erfindung der Neuzeit – eine Erfindung, mit der sich natürlich großes Spektakel machen lässt.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der „Tagesrückspiegel“-Kolumne hier.

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