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Die Freie Universität.

© Rainer Jensen/picture alliance / dpa

Krise an der Freien Universität: Berliner CDU fordert Rücktritt der FU-Kanzlerin

„Skandal, der dem Ansehen der FU schadet“: Die CDU fordert Konsequenzen aus dem „Präsidenten-Putschversuch“. Die Kanzlerin soll derweil Fehler zugegeben haben.

„Es kann nicht ohne Konsequenzen bleiben, dass die Kanzlerin der Freien Universität an allen Gremien vorbei eine Personalagentur damit beauftragt, Bewerber für das Amt des Präsidenten zu finden.“ Mit dieser Erklärung meldete sich Adrian Grasse, der forschungspolitische Sprecher der CDU-Fraktion Berlin, am Donnerstag zu Wort.

Der Alleingang von FU-Kanzlerin Andrea Bör sei „nicht nur ein Skandal, sondern schadet auch dem Ansehen der Freien Universität“, so Grasse in einer Pressemitteilung, die mit dem Titel „CDU fordert Aufarbeitung des Präsidenten-Putschversuchs" überschrieben ist.

Dass Bör ohne das Wissen der Unigremien eine Personalagentur engagiert hatte, um Gegenkandidaten zu FU-Präsident Günter M. Ziegler zu finden, war am Dienstag durch Tagesspiegel-Recherchen bekannt geworden.

[Die FU rutscht tiefer in die Krise: Die Hintergründe zur Wahlintrige an der FU lesen Sie hier auf Tagesspiegel Plus.]

Gegenüber dem Tagesspiegel hatte CDU-Politiker Grasse schon am Mittwoch als Erster personelle Konsequenzen aus diesem Vorgehen gefordert: „Sollten die Vorwürfe zutreffen, ist ein Rücktritt der Kanzlerin unausweichlich.“ Tobias Schulze, Wissenschaftsexperte der Linken im Abgeordnetenhaus, kommentierte die Vorgänge an der FU auf Twitter mit einem Emoji mit genervt rollenden Augen.

Inzwischen ist der Auftrag zurückgezogen worden - von der Personalagentur, nachdem diese von den Unstimmigkeiten erfahren hatte. Das zerrüttete Verhältnis zwischen Bör und Ziegler gilt an der FU als ein Grund, warum Ziegler um seine Wiederwahl bangen muss. Ziegler will wieder antreten, obwohl er offenbar den Rückhalt seiner Professorenliste verloren hat, die im Wahlgremium die meisten Professorenstimmen führt.

Im Akademischen Senat soll Bör Fehlverhalten zugegeben haben

Diskutiert wurde die Causa Bör am Mittwoch in einer nichtöffentlichen Sitzung des Akademischen Senats. Zu hören ist, dass Bör eigene Fehler zugegeben habe. Sie sei zu ihrem Alleingang aber auch von einigen Mitgliedern der Professoren-Liste "Vereinte Mitte" angestiftet worden - ein pikantes Detail, schließlich gehört Ziegler der Liste selber an. Die Mitglieder der Gruppe hätten sich dafür entschuldigt, dass der Auftrag an die Personalagentur ohne das Wissen der Gremien initiiert wurde.

Ziegler sei nach Auffassung einiger Professor:innen gestärkt aus der Sitzung hervorgegangen.

Zu Rücktritten von Bör oder Ziegler kam es nicht. Auch der von den Studierendenvertretern angekündigte Abwahlantrag gegen Kanzlerin Bör kam dem Vernehmen nicht durch: Die Professor:innen sollen der Meinung gewesen sein, dass eine neue Bestimmung im Berliner Hochschulgesetz, die eine Abwahl überhaupt erst möglich machen würde, für den Fall Bör noch nicht greife.

Der Akademische Senat soll aber beschlossen haben, Akteneinsicht in den Auftrag an die Personalagentur nehmen zu wollen. Eine Kommission solle die Vorgänge aufarbeiten und dem AS demnächst einen Bericht dazu vorstellen.

„Für einen Rücktritt gab es auch vorher genügend Gründe“

Studierendenvertreter Janik Besendorf vom Asta der FU hatte am Mittwoch für eine Rücktrittsforderung gegen Bör „auch vorher genügend Gründe“ gesehen. Er nannte unter anderem die Datenschutzpanne vor einiger Zeit an der FU, bei der die Noten von Studierenden öffentlich einsehbar wurden. Das Thema IT gehört in den Zuständigkeitsbereich von Bör. Als weiteres Beispiel nannte der Asta-Vertreter, dass die Kanzlerin streikenden Studierenden mit der Kündigung gedroht habe.

CDU-Politiker Grasse fordert von der Senatskanzlei Wissenschaft unterdessen, sie müsse „jetzt als Rechtsaufsicht unverzüglich Schritte einleiten und sich öffentlich erklären“. Eine Exzellenzuni brauche im Leitungsgremium eine vertrauensvolle Basis, die zwischen Präsident und Kanzlerin offensichtlich nicht mehr gegeben sei. „Daher ist der Rücktritt der Kanzlerin unausweichlich“, erklärte Grasse.

Vom Berliner Senat fordert er außerdem eine parlamentarische Aufklärung. Wissen wolle er unter anderem, in welchem Verfahren die Personalberatungsagentur ausgewählt wurde und wer noch Kenntnis von dem Vorgang hatte. Ebenso interessieren Grasse das vereinbarte Honorar, aus welchen Mitteln der Auftrag bezahlt werden sollte – und welche Kosten tatsächlich entstanden sind.

Auf Anfrage des Tagesspiegels bestätigte die Senatskanzlei am Donnerstag erneut, dass es aus dem FU-Präsidium eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen Bör gibt. Diese werde derzeit geprüft.

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