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Studierendenwerk muss sparen und hat ein Wohnheim-Problem: 120 Millionen Euro Sanierungsstau – Senat will nicht unterstützen
Der Spardruck beim Studierendenwerk Berlin hält wegen des gekürzten Landeszuschusses weiter an. Zudem verhindert eine bürokratische Hürde dringend nötige Wohnheimsanierungen. Das Land hält an ihr fest.
Stand:
Die finanzielle Lage des Berliner Studierendenwerks, das unter anderem Kitas, Mensen, Cafés und Wohnheimplätze für Studierende anbietet, bleibt weiter angespannt. In den kommenden beiden Jahren soll es jeweils 15,86 Millionen Euro Zuschuss vom Land Berlin bekommen. Das Budget bleibt damit weiter auf dem bereits gekürzten Niveau des laufenden Jahres. Bei den Wohnheimen gibt es nach Angaben des Werks einen Sanierungsstau von 120 Millionen Euro.
Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gab jetzt zudem bekannt, an einer Richtlinie weiter festzuhalten, die das Studierendenwerk gerne abschaffen würde: Diese verhindert, dass sich das Werk beim Bund um Modernisierungsgelder bewerben kann, um seine zum Teil maroden Heime instandzusetzen.
Dieses Jahr hätte das Studierendenwerk eigentlich 22,42 Millionen Euro bekommen sollen. Der Betrag wurde dann aber wegen des Sparkurses des Senats in der Wissenschaft um fast ein Drittel gekürzt. Jana Judisch, Sprecherin des Berliner Studierendenwerks, zeigte sich auf Anfrage zwar erleichtert, dass in den beiden kommenden Jahren der Etat nicht noch weiter schrumpft. Man müsse aber weiter „konsolidieren“, sprich: Kosten einsparen.
Eine Kürzung gibt es auch beim Investitionszuschuss des Landes, der allerdings nicht für das Wohnen aufgewendet wird. Gab es 2025 noch 667.000 Euro, wird er um fast die Hälfte gestrichen – auf 367.000 für beide Folgejahre.
Weil sich das Werk auch über die Sozialbeiträge der Studierenden finanziert, ist es vom Abbau von Studienplätzen in Folge der Hochschulkürzungen betroffen. Zuletzt wurde der Beitrag auf 85 Euro erhöht. Für 2026 ist laut der Sprecherin Jana Judisch keine Erhöhung zu erwarten. Aber: „Für die Folgejahre möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht aus dem Fenster lehnen.“
Es hänge davon ab, wie sich Kostensteigerung und Studierendenzahlen entwickeln. 25.000 Studierende weniger, wie zeitweise befürchtet wurde, wären etwa vier Millionen Euro weniger in ihrem Budget.
Wohnheime und Sanierungen
Die Wohnheime, die das Werk in Berlin mit 9200 Plätzen betreibt, müssten sich selbst tragen, erklärt Judisch. Vom regulären Landeszuschuss haben sie also ohnehin nichts.
Die Versorgungsquote an Wohnheimplätzen ist in Berlin im bundesweiten Vergleich unterdurchschnittlich: Zuletzt studierten hier rund 200.000 Menschen. Wegen der Sparvorgaben des Senats müssen die Unis voraussichtlich 14.000 Studienplätze abbauen. Bei weniger Andrang „schwächt sich zwar die Unterversorgung etwas ab“, sagt Judisch zur Wohnsituation. „Es bleibt aber beim prekären Zustand“. 4000 Personen stünden auf der Warteliste.
Für Neubau fehlt es an Geld, Grundstücken, Förderung.
Sprecherin Jana Judisch über die Unterversorgung mit Wohnheimplätzen für Studierende.
Aber auf mehr Wohnheimplätze ist in Berlin zeitnah nicht zu hoffen. „Für Neubau fehlt es an Geld, Grundstücken und Förderung“, sagt Judisch. Das einzige aktuelle Vorhaben ist ein Erweiterungsbau mit etwa 170 Plätzen am Aristotelessteig. Judisch zufolge dürfte die Fertigstellung noch zwei Jahre dauern.

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Viele der Immobilien seien in den Neunzigern angekauft worden und heute stark sanierungsbedürftig. „Wir setzen alles daran, den Bestand zu erhalten und nicht eines Tages abgeben zu müssen, weil er nicht mehr sanierungsfähig ist.“ 120 Millionen Euro betrage der Sanierungsstau bei den Wohnheimen.
Zuletzt war ein Heim an der Düsseldorfer Straße in Wilmersdorf in den Schlagzeilen: Studierende hatten sich über unhaltbare Zustände beschwert, unter anderem Schimmel und Fäkalienwasser, das in die Waschbecken aufstieg. Bei der Sanierung gebe es Verzögerungen, berichtet Judisch nun. „Es wohnen da immer noch Studierende.“ Wann das Heim fertig saniert sei, sei noch nicht abzusehen.
Senatsverwaltung will Richtlinie nicht ändern
Es gibt theoretisch einen Ausweg aus dem Sanierungsstau bei den Berliner Studi-Wohnheimen: das Bund-Länder-Programm „Junges Wohnen“, dessen Gelder nicht nur für Bau, sondern auch für Modernisierungen von Wohnheimen verwendet werden dürfen. Die Bundesregierung will dieses bis 2029 fortsetzen und kündigte eine Verdoppelung der Mittel an. Bisher waren 500 Millionen Euro jährlich im Topf.
Wir appellieren an den Senat, die Richtlinie so anzupassen, dass die Fördermittel auch für den Bestandserhalt, nicht nur für den Neubau, genutzt werden können.
Jana Judisch über die Berliner Richtlinie, die die Bewerbung um Bundesmittel verhindert
Praktisch scheitert das laut dem Studierendenwerk in Berlin an einer Landesrichtlinie. Ihretwegen sei es nicht möglich, die Mittel aus dem Programm auch für Sanierungen zu verwenden, erläutert Judisch. „Wir appellieren an den Senat, die Richtlinie so anzupassen, dass die Fördermittel auch für den Bestandserhalt, nicht nur für den Neubau, genutzt werden können.“ Ohne Zuschuss könne man die Heime nicht erhalten und gleichzeitig weiter günstige Mieten anbieten.
Die Wissenschaftsverwaltung habe schon Unterstützung zugesagt. Von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen kommt nun aber eine Absage auf den Wunsch des Studierendenwerks. „Aufgrund der sehr hohen Nachfrage und der begrenzten Mittel hat Berlin entschieden, den Schwerpunkt auf Neubau und Ankauf zu legen“, schreibt der Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung auf die Anfrage des Tagesspiegels hierzu.
So könnten möglichst viele neue Plätze entstehen. Der „hohe Bedarf“ an Studi-Wohnheimen sei bewusst, man wolle hier „Lösungen ermöglichen“. Die Sprecherin des Berliner Studierendenwerks antwortet darauf: „Für Neubau oder Ankauf sehen wir in den nächsten Jahren ehrlich gesagt keine realistische Option.“ Man wolle nochmals auf die Senatsverwaltung zugehen, um über die Sanierungsproblematik zu sprechen.
Psychologische Beratungen
Die Budgetkürzung des Landes betrifft das psychologische Beratungsangebot. Wo es möglich ist, solle es „mehr Gruppen- und weniger Einzelangebote geben“, sagt Judisch. Man wolle sich auch unter Spardruck so aufstellen, „dass wir möglichst vielen Studierenden helfen können“.
Dass in der jüngeren Generation immer mehr mit ihrer mentalen Gesundheit zu kämpfen haben, ist auch beim Studierendenwerk spürbar. „Früher war die Beratung vor allem wegen studienbezogener Themen wie Prüfungsangst gefragt. Heute geht es überwiegend um psychologische Probleme wie Depressionen.“
Oft müsse das Personal klarstellen: „Wir beraten, wir therapieren nicht.“ Man könne nur eine Erstberatung leisten und vermittle die Hilfesuchenden dann weiter. Mit „Community Building“, also Begegnungsformaten, wolle man gegen Einsamkeit helfen.
Mensen und Essenspreise
Der auf 367.000 Euro gekürzte Investitionszuschuss des Landes fließt laut Judisch überwiegend in Mensen, etwa zur Instandhaltung oder für Anschaffungen.
Anfang des Jahres mussten bereits drei Mensa-Standorte – die Architektur-Mensa der Technischen Universität und zwei Backshops – schließen. Derzeit drohe nicht, dass weitere Standorte dicht machen. Ganz ausschließen könne man das für die Zukunft aber nicht, sagt Judisch angesichts der Finanzlage.
Und die Mensapreise? Der Standardpreis von 1,75 Euro für den Tagesteller, der dieses Jahr erhöht wurde, soll zunächst bestehen bleiben. „Trotzdem kann es sein, dass die Preise mal um 5 bis 10 Cent steigen“, sagt Judisch. „Denn der Preis ist auch an den Warenwert gekoppelt.“ So sei nicht zu verhindern, dass die Studierenden die steigenden Lebensmittelpreise auch in der Mensa leicht zu spüren bekommen.
Hinweis: In einer früheren Version war die Höhe der Gesamtmittel im Bundesprogramm „Junges Wohnen“ falsch angegeben. Wir haben die Zahl korrigiert.
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