zum Hauptinhalt
Dunkelflossen-Forellenbarsche versammeln sich zur Paarung in großen Gruppen.

© Rucha Karkarey

Liebesleben unter Beschuss: Menschen machen Barsche nervös

Im Indischen Ozean müssen Fische zunehmend ums Überleben kämpfen, statt um Partnerinnen. Unterwasserjagd lässt die Männchen zu früh und zu lange fliehen.

Patrick Eickemeier
Eine Kolumne von Patrick Eickemeier

Stand:

Amors Pfeilen kann niemand widerstehen. Einmal zielsicher ins Herz getroffen, verliebt sich das Opfer, Hals über Kopf und beide Ohren. „Omnia vincit amor“ heißt es im Lateinischen über die Verkörperung des Verliebens als mit Pfeil- und Bogen bewaffneter geflügelter Junge: „Amor besiegt alles“.

Dunkelflossen-Forellenbarsche sind allerdings nicht mit der griechisch-römischen Mythologie vertraut und sie verhalten sich auch anders. Bei der Partnerfindung sind sie mit einer realen Bedrohung konfrontiert, die sie an der Fortpflanzung hindert.

Fischer, die von den Paarungszusammenkünften der zu den Zackenbarschen gehörenden Art Plectropomus areolatus wissen, machen dabei gezielt Jagd auf sie: mit Speer oder Leine und Haken. Anstatt sich den Weibchen zu präsentieren und Paarungsvorrechte zu verteidigen, müssen die Männchen während der kurzen Zusammenkünfte zunehmend ihr eigenes Überleben sichern – und nicht den Fortbestand der Art. Amor, sofern er auch auf Fische schießt, verliert.

Barsch beäugt besuchenden Taucher.

© IMAGO/dreamstime

Ein Forschungsteam um Rucha Karkarey von der britischen Lancaster University beobachtete die Tiere in den Gewässern vor der Lakshadweep-Inselgruppe im Indischen Ozean. Dort versammeln sich die Fische zu Neu- und Vollmonden zwischen Dezember und März an bestimmten Laichplätzen. Die Männchen kommen bereits einige Tage zuvor, um sich Paarungsterritorien zu sichern, die Weibchen pünktlich mit dem Mondzyklus, um zu laichen.

Im Vergleich zu einer Untersuchung vor mehr als zehn Jahren sei es schwieriger geworden, sich den Fischen zu nähern, berichten die Forschenden im Journal „Biology Letters“. Seit fünf Jahren wird an einigen der Laichplätze intensive Unterwasserjagd betrieben. An den Untersuchungsstandorten haben die Fischbestände um rund 70 Prozent abgenommen.

„Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der verursachte Stress die Fische nervöser und wachsamer macht“, sagt Karkarey. Wenn Männchen ihre Reviere aufgäben, um zu fliehen, verringere das ihre Chancen, eine Partnerin zu finden und sich fortzupflanzen. Offenbar verändern die mit zwölf Jahren recht langlebigen Fische ihr Verhalten dauerhaft.

Zudem sind es die fitten Männchen, die schnell eine Partnerin finden, die besonders gefährdet sind. Sie erwiesen sich als weniger ängstlich, flohen später und kehrten schneller zu ihrem Revier zurück. In Zukunft könnte sich auf die Fitness dieser Population auswirken, dass sie daher nicht nur von Amors Pfeil, sondern auch häufiger von Fischerspeeren getroffen werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })