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Der deutsche Krebsforscher Harald zur Hausen sitzt in einem Labor im Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) (Archivbild).

© dpa/Ronald Wittek

Update

Der Virenjäger: Zum Tod von Harald zur Hausen

Von einer abwegigen Theorie zum Nobelpreis: Die Forschung von Harald zur Hausen rettet heute weltweit Leben.

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Können Viren Krebs auslösen? Noch Mitte der 1980er Jahre war der Gedanke so neu und abwegig, dass bei einem wissenschaftlichen Vortrag darüber empörter Protest ausbrach. Einer aber war überzeugt von der These und ließ nicht locker.

Harald zur Hausen hatte bereits Anfang der 70er Jahre begonnen, mit den damals noch beschränkten Methoden nach Viren in Warzen zu fahnden. Er isolierte das Humane Papillomavirus (HPV) und fand heraus, dass in gutartigen Hautwarzen andere HPV-Varianten vorkommen als in Warzen des Genitaltraktes.

Gegen alle Skepsis

Nach hartnäckigen Mühen gelang es ihm mit seinem Team, in Proben von Gebärmutterhalstumoren die beiden Varianten HPV16 und HPV18 zu isolieren und schließlich auch die skeptischen Fachkollegen zu überzeugen. Heute weiß man, dass die beiden Varianten für rund 70 Prozent aller Gebärmutterhalstumoren und deren Vorstufen verantwortlich sind. In infizierten menschlichen Zellen stellen die Viren zwei Proteine her, die die Kontrolle der Zellteilung torpedieren. Kommen weitere Schäden hinzu, dann kann es zu unkontrolliertem Wachstum kommen. Eine Infektion mit HPV führt also nicht zwangsläufig zu einer Entartung der Zellen, macht sie aber sehr viel wahrscheinlicher.

Ohne Übertreibung kann man sagen, dass Harald zur Hausen eine ganz neue Dimension der Krebsprävention eröffnet hat.

Michael Baumann, Vorstandvorsitzender und Wissenschaftlicher Vorstand des Deutschen Krebsforschungszentrum.

Der Gedanke einer HPV-Impfung lag nahe, die nach einigen Schwierigkeiten 2006 auf den Markt kam. Seither wird der Impfstoff weltweit eingesetzt. In großen Studien wurde nachgewiesen, dass die Impfung Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs verhindert und dass HPV-assoziierte Erkrankungen bereits seltener werden.

Nobelpreis für Impfstoff gegen Gebärmutterhalskrebs

Der geistige Vater des Impfstoffs wurde 2008 für seine Arbeit mit dem Nobelpreis für Medizin geehrt. „Ohne Übertreibung kann man sagen, dass Harald zur Hausen damit eine ganz neue Dimension der Krebsprävention eröffnet hat“, sagt Michael Baumann, Vorstandvorsitzender und Wissenschaftlicher Vorstand des Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ).

Harald zur Hausen (l), Nobelpreisträger für Medizin, erhält in der Konzerthalle seine Medaille und sein Diplom vom schwedischen König Carl XVI. Gustaf (Archivbild).

© dpa/Anders Wiklund

Harald zur Hausen starb am Sonntag im Alter von 87 Jahren, wie das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg am Montagabend mitteilte. Die rennomierte Forschungseinrichtung wurde 20 Jahre lang von zur Hausen geleitet. „Mit ihm verlieren wir einen herausragenden Wissenschaftler, der auf dem Gebiet der Tumorvirologie bahnbrechende Leistungen erbracht hat“, sagt Baumann. Zuletzt hatte zur Hausen an einem möglichen Zusammenhang zwischen Milch- und Rindfleischkonsum und der Entstehung von Brust- und Darmkrebs geforscht.

Zur Hausen wurde am 11. März 1936 in Gelsenkirchen geboren. Er studierte in Bonn, Hamburg und Düsseldorf Medizin. 1983 wurde er zum Leiter des DKFZ berufen. Auch nach seiner Auszeichnung mit dem Medizin-Nobelpreis im Jahr 2008 galt sein vorrangiges Interesse der Rolle von Virusinfektionen bei der Krebsentstehung. Bis ins hohe Alter kam er ins DKFZ und forschte an Erregern, die mit der Entstehung von Brust- und Darmkrebs in Verbindung stehen könnten.

Im Verlauf seines Forscherlebens wurde zur Hausen mit einer beeindruckenden Vielzahl akademischer Auszeichnungen geehrt. Er war Träger von fast 40 Ehrendoktorwürden und zahlreicher Ehrenprofessuren. Die Krönung seiner wissenschaftlichen Laufbahn erfuhr er 2008 mit der Verleihung des Nobelpreises für Medizin. 2009 erhielt zur Hausen das große Bundesverdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik. Im Jahr 2017 ernannte ihn die Stadt Heidelberg zum Ehrenbürger. (mit dpa)

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