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Eine Grundschullehrerin sitzt vor ihrem Laptop in einem leeren Klassenzimmer.

© Kay Nietfeld/dpa

Wie das Homeschooling funktionieren kann: Mehr Bildungsaktivisten braucht das Land

Twitternde "Bildungspunks", die über digitales Lernen diskutieren. Lehrkräfte, die Pakete mit der Post verschicken. Was eine Bildungsforscherin beobachtet.

Sie nennen sich Bildungspunks und haben ihren eigenen Twitteraccount. Homeschooling sehen sie als Chance, kreativ zu sein – und sich darüber auszutauschen, was schon geklappt hat im digitalen Unterricht. Vor den Osterferien haben sie angefangen, „Unterstützungsmaterialien“, die engagierte Lehrkräfte auf Twitter vorgestellt haben, in Listen zu sammeln, um sie allgemein zugänglich zu machen.

Die Tipps reichen von Empfehlungen für die besten Konferenzplattformen bis zu konkreten Aufgaben für den Fernunterricht in allen Klassenstufen und Schulformen.

„Die Bildungspunks waren schon vor den Schulschließungen aktiv und jetzt sind sie noch viel aktiver – und sie nehmen viele Lehrkräfte dabei mit“, sagt Felicitas Macgilchrist, Professorin für Medienforschung an der Universität Göttingen. Sie leitet die Abteilung Mediale Transformation am Braunschweiger Georg-Eckert-Institut – Leibniz Institut für internationale Schulbuchforschung, und verschiedene Studien zur Digitalisierung der Schulen. Und sie beobachtet derzeit die bunte Bildungsszene in der Coronakrise.

Solche Bildungsaktivisten und andere aktive Lehrkräfte, die sich auch unter #TwitterLehrerzimmer (oder #twlz) tummeln, diskutieren die Situation, in der plötzlich digitale Bildungsmedien essenziell sind, um überhaupt noch Unterricht machen zu können, „reflektiert und solidarisch“, sagt Macgilchrist.

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„Sie wissen, dass digitales Arbeiten in der Schule vollkommen anders ist als in der Distanz.“ Und sie haben Ideen, um diese zusätzlichen Hürden zu überbrücken – mit Aufgaben, die das Interesse der Schülerinnen und Schüler treffen.

Zwei Beispiele, die der Göttinger Bildungsforscherin aufgefallen sind: Eine Biologielehrerin schreibt, sie müsse doch auch im Fernunterricht den Lehrplan weiter durchgehen. Die Antwort aus der Community: Nee, mach’ jetzt was mit Corona, das interessiert jetzt alle.

Ein anderer Kollege schlägt vor, gegen die Langeweile in den zu Hause verbrachten Osterferien eine Challenge mit 20 spaßbetonten Aufgaben „aufzugeben“, etwa: Male die Sicht aus deinem Fenster und stelle das Bild für alle auf unsere digitale Pinnwand. Wie ein solches „Padlet“ funktioniert, lernen die Lehrkräfte wiederum im Youtube-Film eines Kollegen.

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Die Initiativen von Bildungsaktivisten sind für Felicitas Macgilchrist einer von drei Wegen, wie in der Zeit der Schulschließungen Bildung in die angeschlossenen Kinderzimmer, Küchen und Wohnzimmer kommt.

Die zweite Möglichkeit sind kommerzielle Plattformen, die seit Mitte März zunehmend kostenlose Angebote gemacht haben. „Das ist eine schöne Unterstützung, damit die Schulen ad hoc digitale Materialien haben, mit denen sie sofort loslegen können“, sagt Macgilchrist. „Aber es ist natürlich auch gezieltes Marketing für die Zukunft.“ Wer jetzt kommerzielle Apps ausprobiert, bleibt vielleicht nach der Krise dabei – und zahlt.

Lob der großen Plattformen, aber bitte kreativ bleiben

Zum zweiten Weg gehören auch Lernplattformen wie „itslearning“, „Schulmanager“ und nicht kommerzielle Lernumgebungen wie die vom Bundesbildungsministerium geförderte Schulcloud des Hasso-Plattner-Instituts in Potsdam – oder der „Lernraum Berlin“.

Diese Plattformen, die alles von erprobten Chatfunktionen bis hin zu konkretem Unterrichtsmaterial bieten, sieht Macgilchrist als gute Grundlage für die Schulen. Auch wenn sie sich damit „auf ein einziges System festlegen“ und womöglich nicht mehr die kreativen Ideen aus dem Twitterlehrerzimmer aufgreifen.

Unsere Berichte zu Schulschließungen und Homeschooling

Aber ist der Griff nach den „Clouds“ wirklich für alle Schulen und Lehrkräfte zwingend? Ist nur noch digitaler Unterricht guter Unterricht, obwohl Erfahrungen damit und die Ausstattung dafür bei vielen Lehrkräften und Schülern nicht vorhanden sind? Nein, sagt Felicitas Macgilchrist – und plädiert dafür, diesen dritten Zugang zum Distanzunterricht nicht schlechtzureden.

Wer "nur" Arbeitsblätter kopiert, arbeitet barrierefrei

Denn Lehrkräfte, die für ihre Schülerinnen und Schüler einen Umschlag mit kopierten Arbeitsblättern packen und per Post verschicken, handeln „barrierefrei“. Sie erreichen auch die Kinder ohne eigenen Laptop und W-Lan. „Wenn sie sich dann noch telefonisch melden und Unterstützung anbieten, ist das ein Paket, mit dem Kinder und Eltern arbeiten können“, sagt Macgilchrist.

Doch egal, welchen Weg Schulen und Lehrkräfte wählen, um sehr wahrscheinlich auch nach den Osterferien wieder Homeschooling aus der Distanz anzubieten: Sie brauchen einen Plan. Wichtig sei es, asynchrones und eigenverantwortliches Lernen zu ermöglichen.

Lehrkräfte sollten nicht erwarten, dass ihre Schüler täglich von 10 bis 14 Uhr für die Schule arbeiten, sondern ihnen mit einem Wochenplan freistellen, wann sie ihre „Challenges“ im eigenen Tempo abarbeiten. Beim Dranbleiben am Wochenplan helfen könne dann ein regelmäßiger Klassenchat, in dem alle über ihre Erfahrungen mit der neuen Situation berichten, rät Macgilchrist.

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