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Ein Porträtfoto von George Turner.
© Mike Wolff

Turners Thesen: Mehrfacher Schaden im Fall Giffey

Geschädigt ist das Wissenschaftssystem nicht, weil Franziska Giffey gemogelt hat, meint unser Kolumnist. Verantwortlich sind die Doktormutter und die Uni.

Die gescholtene Familienministerin hat erklärt, zukünftig auf die Führung ihres Doktortitels verzichten zu wollen. Hätte sie dies unmittelbar nach Bekanntwerden ihrer Verfehlungen zum Ausdruck gebracht, wäre die Angelegenheit heute vergessen.

Stattdessen wird gefordert, dass die Universität das Plagiatsverfahren fortsetzt, weil die Integrität des Wissenschaftssystems beschädigt sei. Das ist der Fall, aber nicht nur, weil Frau Giffey Plagiate nachgewiesen worden sind.

Man sollte sie jetzt in Ruhe lassen. Wer durch die ständige Benutzung des Titels bei Unterschriften zu erkennen gibt, wie wichtig er das nimmt, ist gestraft genug, wenn dieses Dekor zukünftig wegfällt.

Dennoch haben die recht, die behaupten, die Integrität der Wissenschaft sei betroffen. Aber nicht, weil die Doktorandin gemogelt hat, sondern weil die Doktormutter und die Leitung der Universität gravierende Fehler gemacht haben.

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Die HRK schweigt - unter dem früheren FU-Präsidenten

Bei der Beurteilung der Dissertation ist man wohl zu (nach)lässig verfahren. Sonst hätten die nicht gekennzeichneten „Anleihen“ auffallen müssen. Der Seriosität von Promotionsverfahren würde es im Übrigen gut tun, wenn nicht diejenigen die Arbeit zu beurteilen hätten, die das Thema ausgegeben haben, sondern Dritte.

Eine Trennung von Doktorvater beziehungsweise -mutter und Berichterstatter beziehungsweise Gutachter wäre eine Konsequenz aus den in den letzten Jahren bekannt gewordenen Plagiatsfällen. Für die zukünftige Ausgestaltung von Promotionsverfahren wäre eine Empfehlung der Rektorenkonferenz insoweit hilfreich gewesen. Die aber schweigt vernehmlich unter dem Vorsitz eines früheren FU-Präsidenten.

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Den Hauptvorwurf aber muss sich die derzeitige Leitung der Universität gefallen lassen. Schon die Funktion der Doktormutter als Zuständige für die Bildung der Kommission, erst recht die Zusammensetzung derselben hätte das Präsidium veranlassen müssen, sich Rechtsrat bei Mitgliedern der Juristischen Fakultät zu holen.

Gleichgültig, ob in Form der Rechtsaufsicht oder des kollegialen Hinweises – so hätte Schaden von der Universität abgewendet werden können. Das wäre auch noch möglich gewesen, wenn die Senatskanzlei Wissenschaft und Forschung per Rechtsaufsicht eingeschritten wäre.

So bleibt eine Doktorandin, die zu spät erkannt hat, dass sie als Politikerin die Affäre nicht unbeschädigt werde überstehen können. Und eine Exzellenzuniversität, die nicht in der Lage war, ein anstehendes Problem sachgerecht zu lösen.

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