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Die Erdstöße haben bis Thailand Zerstörungen angerichtet: Hier sind Rettungskräfte vor einem Hochhaus im Einsatz, das nach einem Erdbeben der Stärke 7,7 in Bangkok eingestürzt ist.

© AFP/LILLIAN SUWANRUMPHA

Update

Forscher warnen vor weiteren Beben in Myanmar: „Die Region gleicht einem seismischen Pulverfass“

Das starke Erdbeben in Myanmar vom Freitagmorgen könnte nicht das letzte gewesen sein: Forschende vergleichen die aktive Sagaing-Störung mit dem San-Andreas-Fault in Kalifornien.

Stand:

Das schwere Erdbeben, das am Freitagmorgen Südostasien erschüttert hat, war nach Einschätzung von Seismologen des Helmholtz-Zentrums für Geoforschung (GFZ) vergleichbar mit den verheerenden Beben in der Türkei im Februar 2023.

Die Erdstöße der Magnitude 7,8 ereigneten sich in der Nähe der Stadt Mandalay in Myanmar. Das Erdbeben war so stark, dass es selbst in der 1000 Kilometer entfernten thailändischen Hauptstadt Bangkok noch Schäden anrichtete. Der Geologische Dienst der Vereinigten Staaten (USGS) rechnet mit einer hohen Zahl von Todesopfern und erheblichen Schäden mit weitreichenden Auswirkungen.

Die GFZ-Expert:innen gehen von einer Bruchlänge von mehr als 100 Kilometern aus. Der Herd des Bebens lag demnach in einer Tiefe von etwa 24 Kilometern. Bei einem Beben dieser Stärke könnte der Bruch bis an die Erdoberfläche gereicht haben.

Das Erdbeben ereignete sich an der sogenannten Sagaing-Verwerfung, einer bekannten Störungszone, an der die Indische Kontinentalplatte und die Eurasische Platte aufeinandertreffen.

Sagaing-Störung aktiv

Entlang der Sagaing-Verwerfung bewegen sich die Erdplatten mit einer Geschwindigkeit von etwa 18 Millimetern pro Jahr aneinander vorbei.

Die Verwerfung nimmt damit etwa die Hälfte der Nordwärtsbewegung der Indischen Platte auf. Mandalay und die Stadt Sagaing liegen direkt an dieser Verwerfung, die auch die jüngsten Erdbeben verursacht hat.

Zwischen 1930 und 1956 ereigneten sich entlang der Sagaing-Verwerfung zahlreiche starke Erdbeben. Danach folgte eine ruhigere Phase, in der sich große Spannungen im Untergrund aufbauten, die nun plötzlich durch das starke Beben freigesetzt wurden.

Es ist zu befürchten, dass sich entlang der 1.200 Kilometer langen Störung auch an anderen Stellen Spannungen aufgebaut haben, die sich in der nächsten Zeit in starken Erdbeben entladen könnten.

Marc Szeglat, Geowissenschaftler

Die Forschenden des GFZ rechnen mit weiteren starken Nachbeben. Bereits zwölf Minuten nach dem Hauptbeben wurde ein Nachbeben der Magnitude 6,4 registriert.

„Es ist zu befürchten, dass sich entlang der 1.200 Kilometer langen Störung auch an anderen Stellen Spannungen aufgebaut haben, die sich in der nächsten Zeit in starken Erdbeben entladen könnten“, schreibt auch der Geowissenschaftler Marc Szeglat auf dem Portal vulkane.net.

Das Gesicht einer Überlebenden des Erdbebens ist blutverschmiert, als sie sich am 28. März 2025 in einem Krankenhaus in Naypyidaw nach einem Erdbeben in Zentral-Myanmar ausruht.

© AFP/SAI AUNG MAIN

Myanmar liegt in einer stark erdbebengefährdeten Region, da hier mehrere tektonische Platten aufeinandertreffen. Hauptverantwortlich dafür ist die Kollision der Indischen mit der Eurasischen Platte, die auch zur Entstehung des Himalaya geführt hat.

Eine der aktivsten tektonischen Zonen der Welt

Im östlichen Bereich dieser Bewegung sind zwei kleinere Platten, die Burma- und die Sunda-Platte, eingekeilt. Zwischen ihnen verläuft die Sagaing-Störung, eine aktive Verwerfung, an der sich die Platten seitlich gegeneinander verschieben.

Diese Bewegung baut Spannungen ab, die durch die Kollision der großen Platten entstehen. Dadurch zählt die Sagaing-Störung zu den aktivsten tektonischen Zonen der Welt.

Schwere Erdbeben entlang der Sagaing-Störung hatten bereits in der Vergangenheit massive Schäden verursacht, wie das Beben von 1930 mit einer Magnitude von 7,3 in Bago. Im Jahr 2012 erschütterte ein Beben der Stärke 6,8 die Region nahe Mandalay und forderte zahlreiche Todesopfer.

Die Region gleicht damit einem seismischen Pulverfass und wird mit der San-Andreas-Verwerfung in Kalifornien verglichen, so die Einschätzung von Marc Szeglat.

Gefahr für große Metropolen

Für Bill McGuire, emeritierter Professor für Geophysik und Klimagefahren am University College London (UCL), war das Erdbeben keine Überraschung. Er weist darauf hin, dass sich die Sagaing-Verwerfung in der Nähe mehrerer großer Bevölkerungszentren befindet.

„Dies ist wahrscheinlich das stärkste Erdbeben auf dem Festland von Myanmar seit einem Dreivierteljahrhundert, und die Kombination aus Stärke und sehr geringer Tiefe wird die Wahrscheinlichkeit von Schäden maximieren“, sagte McGuire dem britischen Science Media Center (SMC).

Ein Mann geht eine beschädigte Straße in Naypyidaw am 28. März 2025 nach einem Erdbeben in Zentralmyanmar entlang.

© AFP/SAI AUNG MAIN

McGuire erwartet, dass die Bauqualität in der Region im Allgemeinen nicht ausreichen werde, um dem Ausmaß der Erschütterungen standzuhalten. „Die Zahl der Opfer wird mit Sicherheit deutlich steigen, wenn mehr über das Ausmaß der Katastrophe bekannt wird.“

Auch der britische Geophysiker erwartet größere Nachbeben. „Das wird die geschwächten Gebäude zum Einsturz bringen und die Arbeit der Rettungskräfte noch schwieriger machen.“

Langfristige Folgen befürchtet

Daniel McCrum, außerordentlicher Professor für Bauingenieurwesen am University College Dublin, Irland, spricht von einem „schwerwiegenden Erdbebenereignis“. Ein beträchtlicher Teil der Häuser, die nach dem Erdbeben noch stehen, könnte für die Menschen nicht mehr bewohnbar sein, und die Versorgung mit Wasser und Strom wird stark beeinträchtigt sein.

„Solche schweren Erdbeben erfordern normalerweise eine internationale Reaktion“, sagte er dem SMC. Myanmar werde voraussichtlich dringend Hilfe von der internationalen Gemeinschaft in Form von Nahrungsmitteln, Notunterkünften usw. benötigen.

Das Erdbeben könnte ähnliche Auswirkungen auf die Bevölkerung haben wie das Erdbeben in Nepal im Jahr 2015, bei dem fast 9.000 Menschen ums Leben kamen, schätzt der Experte. Für direkte Vergleiche sei es aber noch zu früh.

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