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© Unsplash/Getty Images

Neue Studie zur Handynutzung: Lange Bildschirmzeit gefährdet psychische Gesundheit von Kindern

Die Zeit, die Kinder und Jugendliche am Handy hängen, nimmt drastisch zu. Wer dadurch ängstlich oder depressiv wird, greift wiederum zum Handy – ein toxischer Kreislauf.

Von Larissa Schwedes

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Kinder, die viel Zeit mit Handy, Computer oder Fernseher verbringen, entwickeln häufiger Ängste, depressive Symptome oder Verhaltensauffälligkeiten. Umgekehrt neigen Kinder mit psychischen Problemen dazu, sich verstärkt digitalen Medien zuzuwenden – ein Teufelskreis, den ein Forschungsteam der Universität Brisbane jetzt systematisch aufgearbeitet hat. Dafür analysierten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler 117 Studien mit Daten von mehr als 292.000 Kindern weltweit im Alter bis zu zehn Jahren. 

„Kinder verbringen zunehmend Zeit vor Bildschirmen – sei es zur Unterhaltung, für Hausaufgaben oder beim Chatten mit Freunden“, hält Studienautor Michael Noetel fest. „Unsere Analyse zeigt, dass mehr Bildschirmzeit emotionale und Verhaltensprobleme begünstigen kann – und dass Kinder mit solchen Problemen oft gerade deshalb noch mehr Zeit mit digitalen Medien verbringen.“

Das Team wertete Studien aus, in denen Kinder mindestens über einen Zeitraum von sechs Monaten mit Blick auf ihr digitales Nutzungsverhalten und ihre psychischen Probleme beobachtet wurden. Rund ein Drittel dieser Arbeiten stammt aus den USA, jeweils sieben aus Deutschland und den Niederlanden.

Höheres Risiko für Angststörungen, Depressionen und Aggressivität

Die Erkenntnis: Je mehr Zeit die Kinder vor Bildschirmen verbrachten, desto höher war die Wahrscheinlichkeit für Angststörungen, Depressionen, aber auch Aggressivität und Hyperaktivität

Insbesondere bei digitalen Spielen scheinen die Effekte besonders ausgeprägt zu sein: Das Team konnte hier ein noch höheres Risiko für problematische Entwicklungen nachweisen als bei der Nutzung von Handy & Co. für andere Freizeit- oder Bildungszwecke. Gleichzeitig griffen Kinder mit psychischen Problemen häufiger zu Spielen, um belastende Gefühle zu bewältigen.

Bei Älteren und bei Mädchen noch stärkerer Zusammenhang

Auch Alter und Geschlecht spielten eine Rolle. Der Zusammenhang zwischen hoher Bildschirmzeit und psychischen Auffälligkeiten war bei Kindern zwischen sechs und zehn Jahren noch stärker als bei Jüngeren. Und Mädchen waren insgesamt stärker betroffen als Jungen – mit einer wichtigen Einschränkung: Jungen neigten eher dazu, sich bei seelischer Belastung in digitale Welten zurückzuziehen.

Für das Forschungsteam sind die Ergebnisse ein wichtiger Schritt, um den ursächlichen Zusammenhang zwischen Bildschirmzeit und psychischer Gesundheit besser zu verstehen. „Wir kommen dem kausalen Beweis so nahe wie möglich, ohne Tausende von Kindern wahllos ihrer Bildschirme zu berauben“, erklärt Noetel. Ganz auszuschließen seien andere Einflussfaktoren, etwa der Erziehungsstil der Eltern, jedoch nicht.

Eltern sollten auch emotionale Unterstützung bieten

Die Forschenden empfehlen Eltern, die Bildschirmzeit ihrer Kinder im Blick zu behalten – und zugleich auf ihre emotionale Verfassung zu achten. Denn Kinder brauchen in einer digital geprägten Welt nicht nur klare Regeln, sondern auch Unterstützung im Umgang mit belastenden Gefühlen; „Wenn wir den Zusammenhang zwischen Mediennutzung und psychischer Gesundheit in beide Richtungen verstehen, können Eltern, Lehrkräfte und Politik gezielter zur gesunden Entwicklung von Kindern beitragen.“

Ein aktueller Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) unterstreicht die Relevanz des Themas: In westlichen Ländern besitzen demnach rund 70 Prozent der Kinder mit zehn Jahren bereits ein eigenes Smartphone. Zu den 38 Nationen der Organisation, auf die sich der Bericht bezieht, zählen neben weiten Teilen Europas unter anderem auch Japan und Israel.

Zwar fokussiert sich der Bericht auf Jugendliche – also eine ältere Altersgruppe als in der Überblicksstudie aus Brisbane –, doch auch hier sind die Zahlen alarmierend: In Deutschland verbringen 15-Jährige im Durchschnitt 48 Stunden pro Woche vor Bildschirmen – das entspricht fast sieben Stunden pro Tag.

Die OECD weist zudem auf eine dramatische Verschlechterung der psychischen Gesundheit junger Menschen in den vergangenen 15 Jahren hin – ein Trend, der sich durch die Corona-Pandemie noch verschärft habe.

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