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Ein Mann in der Republik Kongo behandelt den Arm einer Mpox-Patientin.

© Reuters/Arlette Bashizi

Neue Variante, neue Gefahr: Mpox breitet sich in Afrika rasant aus

Es schien still geworden zu sein um die Krankheit Mpox. Doch die Infektionszahlen steigen in einigen Regionen in Afrika deutlich an. Und auch in Deutschland werden wieder mehr Fälle festgestellt.

Stand:

Die neue Variante wurde zuerst bei einer Arbeiterin einer illegalen Goldmine im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) nachgewiesen. Das war im Oktober 2023. Inzwischen hat sich die Ib-Variante des Mpox-Virus über das gesamte äquatoriale Afrika ausgebreitet.

Impfkampagnen kommen mangels Förderung auch in betroffenen Gebieten kaum voran. Ist das der einzige Grund für die schnelle Ausbreitung des Virus oder hängt sie eher mit Eigenschaften der zunehmend verbreiteten Variante zusammen? Einiges deutet darauf hin, dass sie für die neue Dynamik des Infektionsgeschehens sorgt.

Gesundheitliche Notlage

Wenige Wochen nach dem ersten Ausbruch in der DRK wurde der Erreger in das benachbarte Land Burundi verschleppt. Über infizierte Reisende ist das Mpox-Virus anschließend innerhalb weniger Monate bis nach Westafrika gelangt. In der Hauptstadt Freetown des westafrikanischen Landes Sierra Leone nimmt die Zahl der Mpox-Fälle stark zu. 

Zwar hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) dem Gesundheitsministerium 61.000 Dosen Impfstoff gegen Mpox zur Verfügung gestellt, aber die Impfkampagne kommt nicht voran. Weil die US-amerikanische Regierung unter Donald Trump Mittel für die Hilfsorganisation USAID gestrichen hat, fehlt Geld, um Impfteams zu bezahlen.

In den vergangenen sechs Wochen meldete die WHO 2344 Erkrankungen in der Demokratischen Republik Kongo und 908 im benachbarten Ruanda. Im Kongo starben bislang rund drei Prozent der Erkrankten. Versuche, die Ausbreitung des Erregers in Zentralafrika mittels Massenimpfung unter Kontrolle zu bringen, sind gescheitert.

Impfprogramme benötigen auch kundiges Personal, das die Impfdosen verabreicht: Impfung in Uganda.

© Imago/Xinhua/Nicholas Kajoba

In Anbetracht der Gefahren für die globale Gesundheit durch die neue Variante hat die WHO bereits im August 2024 eine gesundheitliche Notlage internationaler Tragweite festgestellt. Die Pandemiedynamik hat sich dadurch allerdings nicht geändert.

Eine Virusgemengelage

Da die 2022 in Zentralafrika entstandene Erregervariante IIb nach wie vor zirkuliert, ist eine Virusgemengelage entstanden, die Experten Sorgen bereitet. In einem im Fachjournal „Nature Medicine“ veröffentlichten Artikel berichten zwei britische Virusforscher über das Risiko einer globalen Ausbreitung der neuen Mpox-Variante. Mehrere ihrer genetischen und infektionsepidemiologischen Merkmale machten sie „hochgefährlich“, so die Wissenschaftler.

Gelangt das Virus bei engem Körperkontakt auf einen anderen Menschen, vermehren sich die Erreger zunächst in der Haut: zuerst an der Stelle, an der der Körperkontakt stattgefunden hat. Innerhalb weniger Tage entwickeln sich verhältnismäßig große Hautausschläge. Diese krankhaften Hautveränderungen sind hochinfektiös.

Die in diesen Primärläsionen entstandenen neuen Viren werden von weißen Blutkörperchen gefressen und über Lymphe und Blut an andere Körperstellen transportiert. Dort entstehen Sekundärläsionen, die ebenfalls hochinfektiös sind. Nach einer französischen Studie mit 518 Mpox-Patienten hatten zwei von fünf der Patienten Hautausschläge. Drei von vier hatten Hautläsionen im Genitalbereich oder um den Anus.

Wegen der hohen Zahl von bis zu 25 betroffenen Stellen an einem Patienten und der Lokalisation der infektiösen Hautausschläge erhöht sich, sagen die britischen Forscher, die Wahrscheinlichkeit der Übertragung von Mpox bei Geschlechtsverkehr. Aufgrund dieser hohen Infektionsrate entstehen im Vergleich zu den früheren Varianten mehr Neuinfektionen, und es stabilisiert sich die Übertragung von Mensch zu Mensch in Form von Infektionsketten.

Die zweite Besonderheit der mutierten Mpox-Viren sind durch Eiweiße des Patienten induzierte Änderungen in der Erbsubstanz des Virus. Während diese Eiweiße beim HI-Virus eine gewisse Schutzwirkung haben, erhöhen sie bei Mpox das krankmachende Potenzial des Erregers.

In Kinshasa, der Hauptstadt der DRK, zirkulieren derzeit die neue und die alte Erregervariante in der erwachsenen Bevölkerung mit Hunderten Krankheitsfällen pro Woche. Nach Ansicht der Wissenschaftler führt das zu einem Konkurrenzdruck zwischen den Varianten – ähnlich wie bei den SARS-CoV-2-Varianten während der Corona-Pandemie. Dies wiederum mache die Entstehung von Varianten wahrscheinlich, die noch leichter übertragbar sind oder ein noch höheres krankmachendes Potenzial haben oder beides vereinen.

Im westafrikanischen Sierra Leone scheint genau das zu passieren. In der Hauptstadt Freetown nimmt die Zahl der Mpox-Fälle rasant zu. Innerhalb von vier Wochen wurden rund 3000 Erkrankungen dokumentiert. 15 Patienten starben. Experten gehen davon aus, dass die tatsächlichen Fallzahlen wahrscheinlich etwa viermal so hoch sind.

Eine noch nicht unabhängig begutachtete Analyse der Daten der obersten Gesundheitsbehörde des Landes zeigt, dass der Erreger meist bei Sexualkontakten übertragen wurde. In der ersten Phase der durch die neue Variante ausgelösten Epidemie waren dagegen vorwiegend Kinder und Frauen – typischerweise die Mütter der Kinder – erkrankt.

Die Lage in Deutschland

Im April meldete das Niedersächsische Landesgesundheitsamt zwei Fälle von Mpox bei einer Familie, die kurz zuvor aus Afrika eingereist war. Aus welchem Land die Betroffenen kamen, teilte die Gesundheitsbehörde nicht mit. Bei den beiden Patienten wurde die Ib-Variante festgestellt. Eine identische Virusvariante bei den Familienangehörigen spricht für eine Übertragung innerhalb der Familie.

Seit Beginn des Jahres wurden dem Robert-Koch-Institut (RKI) importierte Fälle von Klade Ib-Mpox von den Landesgesundheitsämtern übermittelt. Die Patienten stammten aus Ruanda, Kenia, Tansania und Uganda. Insgesamt erhielt das RKI mit Stand 20. Mai 4327 Meldungen über Mpox-Erkrankungen. Bis auf wenige Ausnahmen handelt es sich um die Erregervariante IIb. 6,4 Prozent der Patienten mussten stationär behandelt werden.

In einem Bulletin fasst das Landesamt für Gesundheit und Soziales in Berlin die Mpox-Situation dort zusammen. Bis Ende Mai stieg die Gesamtzahl auf 89 Fälle und liegt damit bereits deutlich höher als die im gesamten Vorjahr gemeldeten 67 Erkrankungen.

In Berlin sind bislang ausschließlich Männer erkrankt. Die Hälfte der Erkrankten ist zwischen 29 und 40 Jahre alt. Sieben Personen infizierten sich offensichtlich nach einem Auslandsaufenthalt. Das Landesamt geht deshalb davon aus, dass sich die große Mehrzahl der Erkrankten in Berlin über sexuelle Kontakte zu Männern angesteckt hat.

Die Ständige Impfkommission am RKI empfiehlt eine sogenannte Indikationsimpfung für Personen mit einem hohen Infektionsrisiko. Dazu zählt die Behörde homosexuelle und bisexuelle Männer sowie Familien, die Freunde oder Verwandte in Zentralafrika besuchen.

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