
© Alfred-Wegener-Institut / Niklas Neckel
„Ohne Daten keine Forschung“: Bremer Forschende wollen gefährdete US-Klimadaten retten
Wegen drohender Budgetkürzungen in den USA sichern Bremer Forscher historische Daten zu Klima, Ozeanen und Erdbeben. Sie reagieren damit auf Hilferufe amerikanischer Kollegen.
Stand:
Angesichts drohender Forschungsetats-Kürzungen in den USA haben die Universität Bremen und das Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) begonnen, historische Umwelt- und Klimadaten der US-amerikanischen Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA zu sichern.
Wie beide Institutionen mitteilten, reagieren sie damit auf „dringende Hilferufe“ amerikanischer Wissenschaftler. Ziel sei es, die teils einzigartigen Datensätze etwa zu Erdbeben und Hydrothermalquellen auf der Plattform „Pangaea“ zu bewahren und öffentlich zugänglich zu machen.
„Ohne Daten keine Forschung“, betonte Uni-Rektorin Jutta Günther – der freie Zugang zu wissenschaftlichen Informationen sei weltweit essenziell. Die Sicherung ist auch ein Signal internationaler Solidarität: „Wir übernehmen Verantwortung, damit dieses Wissen auch künftig erhalten bleibt.“

© Martin Leonhardt, Alfred-Wegener-Institut
Die Pangaea-Plattform steht globalen Forschungsprojekten offen. Doch Experten warnen: Der mögliche Verlust komplexer US-Datenverarbeitungsdienste lasse sich kurzfristig kaum kompensieren.
In den meisten Fällen ist der „einfache“ Zugang zu den Daten abgeschaltet, wie Frank Oliver Glöckner vom AWI dem Tagesspiegel auf Anfrage mitteilte. Er nennt ein Beispiel von der NOAA-Website: „Estuarine Bathymetry (Anm. d. Red.: ein Programm zur Vermessung und Kartierung der Tiefen und Formen von Flussmündungen) wird abgeschaltet und die Daten können nicht mehr einfach heruntergeladen werden“. Archivierte Daten werden nur noch über eine Archivanfrage verfügbar sein.
Auch die Global Ocean Currents Database (GOCD), eine umfassende Sammlung von Daten zu Meeresströmungen weltweit, und das dazugehörige Webportal sollen abgeschaltet werden. Glöckner geht davon aus, dass die Daten generell in einem „Datenkeller“ der NOAA verbleiben, der Zugang aber eingeschränkt wird.
Unverzichtbare Daten
Das Alfred-Wegener-Institut hatte vor Kurzem Alarm geschlagen, dass ab Mai die Sperrung zentraler Datenbanken wie der NOAA drohe.
Die dort zum Teil über Jahrzehnte gesammelten Informationen sind aus Sicht von Wissenschaftler:innen für die globale Klima-, Meeres- und Wetterforschung unverzichtbar. Besonders betroffen sind offenbar Forschungsbereiche, die der politischen Agenda der Trump-Administration widersprechen – dazu zählen neben der Klimawissenschaft auch die Umwelt- und Genderforschung sowie Teile der medizinischen Forschung.

© dpa / dpa/Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz/Daniela Roehnert
Für Wissenschaftler weltweit und für Entscheidungsträger auf allen Ebenen dürfte ein solcher Kurswechsel eine Zäsur bedeuten. Denn verlässliche Daten sind die Grundlage für faktenbasierte Entscheidungen im Kampf gegen die Folgen des Klimawandels.
Angriff auf Klimabericht
Die Entwicklungen reihen sich ein in eine zunehmende Einschränkung der wissenschaftlichen Freiheit durch die US-Regierung. In einem beispiellosen Schritt hatte die Trump-Administration alle Mitarbeiter des sechsten National Climate Assessment (NCA6) – der bedeutendsten Klimafolgenstudie der US-Regierung – entlassen. Dies geht aus einer internen E-Mail hervor, die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt und in der vergangenen Woche an fast 400 Beschäftigte des Projekts versendet wurde.
Die Entlassung betrifft ein zentrales wissenschaftliches Vorhaben, das auf parlamentarischen Auftrag zurückgeht und bis 2028 Empfehlungen für Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen zur Anpassung an die Klimakrise liefern sollte. Seit dem Jahr 2000 veröffentlicht die US-Regierung regelmäßig umfassende Berichte zu den Auswirkungen der Erderwärmung auf Gesundheit, Landwirtschaft, Energie und Infrastruktur.
Der sechste Bericht in dieser Reihe, an dem seit mehreren Jahren gearbeitet wird, sollte die Grundlage für politische und wirtschaftliche Weichenstellungen auf Bundes- und lokaler Ebene in einem zunehmend destabilisierten Klima liefern. Nun steht die Zukunft der Untersuchung auf der Kippe. In der E-Mail bleibt offen, ob und wie die Arbeit fortgesetzt werden kann.
Die renommierte Klimaforscherin Meade Krosby von der University of Washington hatte gegenüber der „New York Times“ Zweifel geäußert, ob der Bericht – selbst im Falle einer späteren Veröffentlichung – noch glaubwürdige Wissenschaft widerspiegle und den Kommunen von Nutzen sein könne. (mit Reuters)
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