
© NASA/Goddard/S. Wiessinger
Planet neun – oder Planet 8,5?: Teleskop-Bilder liefern Hinweise auf einen Pluto-Nachfolger
Ein paar Astronomen suchen intensiv nach einer fernen Welt, die unser Sonnensystem vervollständigen würde. Doch mit dem, was ein junger Forscher jetzt fand, haben sie nicht gerechnet.
Stand:
Es ist eines der wenigen Forschungsereignisse, derentwegen tatsächlich „die Lehrbücher umgeschrieben“ werden mussten: Seit Pluto 2006 seinen Planetenstatus verloren hat, ist in den neuen Versionen jedenfalls nur noch von acht statt von neun Planeten zu lesen, die die Sonne umkreisen. Mike Brown, Astrophysiker am California Institute of Technology (Caltec) in Pasadena, gilt wegen seiner Forschungen als „der Mann, der Pluto tötete“, und hat sich sogar selbst so tituliert. Er ist aber auch einer derjenigen, die am nächsten dran sind, dessen Nachfolger, also einen echten Planeten 9, zu finden.
Jetzt hat aber erst einmal nicht Brown, sondern ein junger Astrophysiker namens Terry Long Phan von der National Tsing-Hua University in Taiwan in ziemlich alten Daten etwas gefunden: jeweils einen kleinen Infrarot-Lichtpunkt.
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Er und Kollegen aus Taiwan, Australien und Japan, mit denen er zusammenarbeitet, halten es für möglich, dass diese Signale von einem Planeten unseres Sonnensystems kommen.
Auf der schiefen Bahn
Phan verglich Daten der beiden Infrarot-Weltraumteleskope IRAS, das 1983 gestartet war, und AKARI, das erst 2006 in den Orbit gebracht wurde.
Die Logik dahinter: Aus der riesigen Entfernung, in der Planet 9 unterwegs sein müsste, ist es wahrscheinlicher, Infrarotsignale aufzufangen als sichtbares Licht. Und der Zeitabstand sollte bewirken, dass ein solcher Lichtpunkt eine gewisse Distanz gewandert wäre auf seinem jahrtausendelangen Weg um die Sonne.
Phan fand einige Kandidaten, aber nur bei zwei solchen Lichtpunkten – einem von jedem Teleskop – war die Wahrscheinlichkeit, dass sie keine Zufallsbefunde sind, groß genug. Eine Forschungsarbeit soll in Kürze in den Publications of the Astronomical Society of Australia erscheinen. Schon jetzt ist ein noch nicht von unabhängigen Fachleuten begutachtetes Manuskript verfügbar.
Phans Planet wäre allerdings auf einer Bahn unterwegs, die überhaupt nicht zu den Vorhersagen passt. Nach denen wäre Planet 9 nicht nur weit jenseits von Neptun unterwegs. Er müsste sich auch in einem nur leicht von der Ebene abweichenden Orbit bewegen, in der die anderen Planeten die Sonne alle in gleicher Richtung umkreisen.
Die Prognosen beruhen auf Daten von weit entfernten Objekten aus dem Kuiper-Gürtel, in dem viele asteroidenähnliche Objekte und einige Zwergplaneten unterwegs sind. Deren Bahnen zeigen teils Auffälligkeiten, die mit der Anziehungskraft eines echten, großen, noch weiter entfernten Planeten erklärt werden könnten.
Phans Phantom
Das Objekt, das zu den von Phan entdeckten Lichtpunkten gehören würde, wäre aber auf einer etwa um 120 Grad abweichenden Bahn unterwegs. Es würde sich gleichsam mehr als senkrecht zu jener Ebene bewegen, also im Grunde dann auch in entgegengesetzter Richtung zu allen anderen.
Ich wäre der Erste, der sagen würde: Das ist nicht Planet neun, das ist Planet 8,5.
Konstantin Batygin, Astronom, Caltec
Das hat nun wieder jener Mike Brown aus Phans Daten errechnet und dem Magazin „Science“ davon erzählt. Es sei „irgendwie lustig, dass eine Arbeit, die vorgibt, einen Kandidaten für Planet 9 zu finden, in Wirklichkeit etwas findet, das im Grunde besagen würde, dass wir die ganze Zeit falschlagen“, so Brown.
Jedenfalls könnte dieser Planet, wenn er kein Phantom wäre, die konkreten Daten aus dem Kuiper-Gürtel, die Brown und seine Kollegen für Gravitationssignale von Planet 9 halten, nicht erklären.
So gibt es nun mehrere Möglichkeiten, Phans Daten zu interpretieren: Sie könnten tatsächlich bedeuten, dass es einen „Planeten 8,5“, wie es der Caltec-Astronom Konstantin Batygin gegenüber „Science“ formulierte, gibt. Sie könnten sich aber auch noch als schlichte Messfehler im kosmischen Rauschen herausstellen.
Möglich wird allerdings auch bald eines sein: ein genaueres Nachschauen. Denn noch 2025 soll das Vera-C.-Rubin-Teleskop in der chilenischen Atacama-Wüste seine Arbeit aufnehmen. Brown und Batygin glauben, dass, wenn es noch einen weiteren Planeten gibt, genau dieses Gerät gute Chancen böte, ihn zu finden: entweder den von den beiden vorhergesagten oder den, auf den Phan auf den uralten Aufnahmen Hinweise gefunden hat.
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