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Staub in der Atmosphäre kann zu spektakulären orangeroten Sonnenauf- und -untergängen führen wie hier über dem Tempelhofer Feld in Berlin.

© dpa/Kay Nietfeld

Update

Saharastaub trifft Deutschland: Wo es diesmal besonders heftig wird – und wo Blutregen droht

Zum zweiten Mal in diesem Jahr zieht eine Staubwolke aus der Sahara über Deutschland hinweg. Sie kann spektakuläre Wettereffekte auslösen – aber auch Folgen für die Luftqualität und die Gesundheit haben.

Stand:

Die zweite Saharastaubwelle des Jahres erreicht derzeit Deutschland und wird am Samstag ihren Höhepunkt erreichen. Diesmal kommt mit dem auf Süd drehenden Wind mehr Staub am Boden an als vor zwei Wochen, was die Feinstaubwerte im Südwesten ansteigen lassen dürfte.

Dort kann es ab Samstagabend auch zum sogenannten Blutregen kommen, wenn sich Niederschläge vom Saarland nach Rheinland-Pfalz ausbreiten und den Staub aus der Luft waschen. Dieser setzt sich dann gelb bis rötlich auf Autos und anderen Gegenständen ab.     

Saharastaub hatte bereits am 9. März den Morgennebel in Teilen Baden-Württembergs gelblich gefärbt.

© dpa/Thomas Warnack

Ein Modell der Universität Athen zeigt, dass eine geballte Ladung Sand und Staub aus Nordafrika in großer Höhe den Südwesten Deutschlands erreichen wird, eine relativ hohe Belastung war dort bereits am Freitagabend erreicht worden. Die Staubglocke zieht demnach am Samstag über die Mitte Deutschlands und dann weiter nach Osten.

Saharastaub und Polarlichter

Von Südwesten her hat sich der Staub über Baden-Württemberg, Bayern, das Saarland, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen ausgebreitet. Am Freitagnachmittag war der Himmel südwestlich des Rhein-Main-Gebiets bereits stark eingetrübt, zur Dämmerung zeigte sich der Himmel vielerorts in ungewöhnlichen Farben.

Am Freitagabend wurde das Phänomen in Teilen Bayerns noch von einer anderen Himmelserscheinung überlagert. In der Nacht zum Samstag ließen Polarlichter den durch Saharastaub getrübten Nachthimmel in bunten Farben erstrahlen.

Hellgrün und ein wenig rötlich leuchteten Polarlichter auch im Mai 2024 über Deutschland, hier am Nachthimmel im Landkreis Märkisch-Oderland in Ostbrandenburg.

© dpa/Patrick Pleul

Polarlichter sind ein Phänomen, das normalerweise vor allem in hohen Breiten zu beobachten und bei uns sehr selten ist. Verantwortlich für die Polarlichter ist die Sonne, die ständig Plasma ins All schleudert. Nur bei besonders starker Sonnenaktivität sind Polarlichter auch in unseren Breiten zu sehen.

Staubwolke Sonntag über Berlin-Brandenburg

Im Laufe des Samstags verlagert sich der Saharastaub dann nach Nordosten und erreicht in der Nacht zu Sonntag in abgeschwächter Form auch den Raum Berlin-Brandenburg. Erst ab Mitte kommender Woche dürften sich die Staubwolken in der Atmosphäre vollständig nach Südosteuropa verlagern.

Infrarot-Satellitenbild von Deutschland 21. März 2025, 18 Uhr. Die Staubdecke liegt über dem Südwesten des Landes.

© Wetteronline/Meteosat

Der Staub in der Atmosphäre sorgt nicht nur für spektakuläre orangerote Sonnenauf- und -untergänge, sondern kann bereits ab Freitag im Südwesten Deutschlands den Himmel eintrüben. Die Sonne schien dort heute schon durch einen diffus wirkenden Schleier. Durch die gedämpfte Sonneneinstrahlung können auch die Temperaturen leicht sinken. 

Am Samstagmittag war die Staubwelle weiter nach Nordosten in die Landesmitte gezogen.

© Wetteronline/Meteosat

Starke Südströmung

Meteorologischer Hintergrund ist eine ungewöhnlich starke Druckkonstellation zwischen Nordafrika und Mitteleuropa. Ein sehr starkes Tiefdruckgebiet über dem Atlantik und ein dominantes Hoch über Osteuropa wirken wie ein riesiger Staubsauger: Zwischen den Druckgebilden entsteht ein starker Sog, der den Staub von Südwest nach Nordost treibt. So wird der Saharastaub nicht nur in der unteren Atmosphäre transportiert, sondern auch in höhere Luftschichten befördert.

Das Phänomen tritt auf, wenn starke Winde Sand und Staub aus der Sahara aufwirbeln und in große Höhen transportieren. Mit der südlichen Strömung gelangen die Partikel nach Europa und können hier den Himmel leicht eintrüben.

Saharastaub über Europa in Milligramm/Quadratmeter. Prognose der Universität Athen für Freitag, 21. März, 18 Uhr (Stand 21.03, 11 Uhr).

© Universität Athen

In Mitteleuropa tritt Saharastaub vor allem bei kräftigen Süd- bis Südwestlagen mit starken Höhenwinden auf. Das ist nicht ungewöhnlich, aber eher selten der Fall – meist bei Großwetterlagen, die kontinentale Tropenluft heranführen.

Staubteilchen wirken auch als Kondensationskeime und tragen so zur Wolkenbildung bei. Meist entstehen dabei Schleierwolken, die die Sonneneinstrahlung reduzieren können. Der Himmel erscheint dann leicht zugezogen, die Sonne milchig eingetrübt wie an einem bedeckten Tag. Ob es diesmal auch zu Schleierwolken kommen wird, ist noch offen.

Schätzungen zufolge gelangen jährlich etwa fünf Milliarden Tonnen Staub aus der Sahara in die Atmosphäre. Dies spiegelt sich auch in den Feinstaubmesswerten wider. Der Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter für Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von weniger als zehn Mikrometern wurde im vergangenen Jahr bei solchen Wetterlagen mehrfach überschritten, stellenweise um das Zwei- bis Dreifache.

Auf der Iberischen Halbinsel ist Staub aus Nordafrika eine wichtige Nährstoffquelle, spanische Böden profitieren von Kalzium und Magnesium aus der Wüste. Nach Mitteleuropa gelangt dafür aber zu wenig Staub.

In Baden-Württemberg färbt der Saharastaub bereits am Freitag den Himmel gelb.

© dpa/Thomas Warnack

Saharastaub ist die größte natürliche Feinstaubquelle. Wann die jeweils nächste Saharastaubwolke bei uns eintrifft, lässt sich nicht vorhersagen. Am häufigsten ist dies jedoch zwischen März und Juni sowie Oktober und November der Fall.

Staub in der Atemluft

Inwieweit Saharastaub ein Gesundheitsrisiko darstellt, ist noch unklar. Einige Forschende halten eine erhöhte Sterblichkeitsrate bei Saharastaubereignissen für möglich. Vor allem bei Menschen mit bestimmten Vorerkrankungen, Asthma oder Pollenallergien kann es zu verstärkten Symptomen kommen, empfindliche Personen klagen über gereizte Schleimhäute.

Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die mineralischen Partikel des Saharastaubs im Vergleich zu den vielfach feineren Partikeln aus Autoabgasen und Heizungen weniger gesundheitsschädlich für den Menschen sind. Zudem verbleiben sie nur wenige Stunden oder Tage in der Atemluft.

Ein Paar in diffusem Licht: Im März 2022 verdunkelte eine Saharastaubwolke die spanische Hauptstadt Madrid.

© dpa/Europapress/Carlos Luján

Der Saharastaub erreicht uns meist in großer Höhe und nur in geringen Mengen. Doch mit der Zeit sinken die Partikel nach unten und wir können sie einatmen. Spätestens nach dem nächsten Regen wird es sichtbar: Ein feiner Staubfilm legt sich auf Autos, Fenster und Straßen. Aber auch ohne Regen kann der Staub bis in Bodennähe gelangen und die Luftqualität spürbar verschlechtern.

Dabei hat der Saharastaub noch eine weitere Wirkung: Er kann Schadstoffe aus der Luft binden und so die Belastung zusätzlich erhöhen. Auch wenn die Staubkonzentrationen in Deutschland deutlich geringer sind als beispielsweise in Nordafrika, sollten empfindliche Menschen und Risikogruppen vorsichtig sein. Experten raten daher, viel zu trinken und die Schleimhäute feucht zu halten, um Reizungen vorzubeugen. Menschen mit Atemwegsproblemen können auch auf Luftfilter oder Masken zurückgreifen.

Naturphänomen in Deutschland: Saharastaub färbt den Himmel über Bayern.

© imago/Peter Widmann / imago classic

Die Partikelgröße von Saharastaub variiert, liegt aber typischerweise zwischen einem und 74 Mikrometern. Das bedeutet, dass Saharastaub sowohl in die Kategorie der größeren als auch in die der kleineren, besonders gefährlichen Feinstaubpartikel fallen kann.

Feinstaubwerte gestiegen

Für gesunde Menschen stellt der Saharastaub in der Regel kein Problem dar, da er meist in großer Höhe vorbeizieht und nur in geringen Mengen den Boden erreicht. Erst bei bestimmten Windverhältnissen und Atmosphärenschichtungen kann es zu einem Anstieg der Feinstaubwerte in der Atemluft kommen.

Durch den Saharastaub kommt es zu orangeroten Sonnenauf- und -untergängen, Sonneneinstrahlung und Temperaturen werden gedämpft. Hier ein Blick über Berlin.

© Imago/Jochen Eckel

Südlich von Stuttgart, im Schwarzwald und in den Alpen, prognostizierte das Skiron-Modell für Freitag und Samstag dieser Woche Konzentration am Boden von bis zu 140 Mikrogramm pro Kubikmeter. Das ist dreimal so hoch wie der Grenzwert für Feinstaub in Deutschland, der je nach Größe zwischen 25 und 50 Mikrogramm pro Kubikmeter im Tagesmittel liegt. 

Bis Samstag breitet sich der Staub am Boden voraussichtlich in Richtung Südostbayern und auch München aus. Die bodennahen Konzentrationen gehen von etwa 120 Mikrogramm pro Kubikmeter im Laufe des Samstags auf niedrigere Werte zwischen 70 und 40 Mikrogramm zurück.

Eine Joggerin in Düsseldorf: Staub aus der Sahara lässt das Sonnenlicht in Deutschland auch am Wochenende etwas milchiger und wärmer erscheinen.

© dpa/Christoph Reichwein

Bessere Luft ab Sonntag

Im Nordosten sind nach der Skiron-Prognose vom Samstag allerdings nur sehr geringere bodennahe Konzentrationen im Laufe des Sonntags zu erwarten. Die Feinstaubbelastung insgesamt war jedoch nach Prognosen des Umweltbundesamtes (UBA) auch dort zwischen 20. und 22. März angestiegen und nimmt erst zum Sonntag wieder ab.

Am Freitag war die Luftqualität an verschiedenen Messstellen in der Berliner Innenstadt mangelhaft, verbesserte sich am Samstag allerdings mit aufkommendem Wind wieder.

Bei einer Wetterlage mit Saharastaub kann es auch zum sogenannten „Blutregen“ kommen. Er ist gelb oder rötlich gefärbt und entsteht, wenn Regenwasser den Staub aus der Atmosphäre wäscht. Der Name stammt aus dem Mittelalter, als dieses Wetterphänomen als böses Omen galt: Viele sahen im rötlichen Regen eine Strafe Gottes oder einen Unglücksbringer.

Einer Strafe kommt es auch gleich, das Auto mit dem Staub in die Waschstraße zu fahren: Die Partikel wirken dann wie Schmirgelpapier. Besser, man wartet auf den nächsten Regen, der den Wüstengruß sanft abwäscht. 

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