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Zu viele schlechte Nachrichten machen nicht nur schlechte Laune.

© Getty Images/Francesco Carta fotografo

Schutz vor „Doomscrolling“: Informiert bleiben, aber ohne Frust

Wer Nachrichten liest, scheint den schlechten Neuigkeiten derzeit nicht entkommen zu können. Eine Forscherin kennt einen Ausweg, um informiert zu bleiben, ohne depressive Stimmung zu riskieren.

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Pandemie, Kriege, Flugzeugabstürze, die unsichere politische Lage – wer Nachrichten liest, kann leicht in ein „Doomscrolling“ oder „Doomsurfing“ geraten. Schlechte Neuigkeiten können so leicht den Alltag und die Stimmung beeinflussen. „Bekommen wir keine Botschaften über Hoffnung, ist alles Negativität“, beschreibt Richard Mollica, Professor für Psychiatrie der Harvard Universität das Phänomen in einem Beitrag für „Harvard Health Publishing“.

Tatsächlich kann das Konsumieren negativer Medienberichterstattung akuten Stress, eine posttraumatische Belastungsstörung, Angstzustände und Depressionen auslösen, so eine Untersuchung an 800 Probanden in den USA und Iran. Demnach sind zwei Schlüsselgruppen besonders gefährdet: Frauen und Menschen mit einer traumatischen Vorgeschichte.

Beim Nachrichtenkonsum müsse man, wie bei der Ernährung, klug vorgehen, um zu vermeiden, dass die Gesundheit beeinträchtigt werde, schreibt die Kommunikationswissenschaftlerin Lisa Harrison von der Flinders University in Adelaide.

Wählen Sie ein paar vertrauenswürdige Angebote, anstatt den Social-Media-Algorithmen die Entscheidung darüber zu überlassen, was Sie sehen.

Lisa Harrison, Flinders University, Adelaide, Australien

Die Festlegung klarer Grenzen mache beim Nachrichtenkonsum einen großen Unterschied. Oft werde gescrollt, weil versucht werde, „in einer unsicheren Welt ein Gefühl der Kontrolle zu erlangen“, so Harrison. Doch stattdessen zeigen Untersuchungen, dass das Scrollen durch negative Nachrichten den Schlaf stören und Angst verstärken kann.

Harrison empfiehlt daher, wählerisch bei den Nachrichtenquellen zu sein. „Wählen Sie ein paar vertrauenswürdige Angebote, anstatt den Social-Media-Algorithmen die Entscheidung darüber zu überlassen, was Sie sehen.“ Außerdem solle man darauf achten, wie man sich fühle, wenn man Nachrichten konsumiert. „Wenn Sie körperliche Anzeichen von Angst oder emotionalem Stress bemerken, ist das Anlass, eine Pause einzulegen.“

„Digitalen Sonnenuntergang“ umsetzen

Grundsätzlich sollte es am Tag vorab bestimmte, zeitlich begrenzte Momente für den Nachrichtenkonsum geben: vielleicht beim Morgenkaffee oder in der Mittagspause, je nachdem, was in den Zeitplan passt, rät Harrison: „Erwägen Sie auch die Umsetzung eines ‚digitalen Sonnenuntergangs‘“, einer Sperrzeit für Nachrichten und soziale Medien ein oder zwei Stunden vor dem Schlafengehen. So habe der Geist Zeit, das Gelernte zu verarbeiten, ohne den Schlaf zu stören.

Zu viele schlechte Nachrichten machen nicht nur schlechte Laune, sondern können auch krank machen.

© Getty Images/Xavier Lorenzo

Sich Pausen vom Nachrichtenkonsum zu gönnen, bedeute nicht, den Kopf in den Sand zu stecken, so die Forscherin. Menschen, die dem Nachrichtenkonsum gesunde Grenzen setzen, seien oft besser in der Lage, sich sinnvoll auf wichtige Themen einzulassen und bei Bedarf konstruktive Maßnahmen zu ergreifen, hätten Studien gezeigt.

Statt endlosem Scrollen solle man einen oder zwei ausführliche Artikel auswählen und diese gründlich lesen. Um Gefühle zu verarbeiten, biete es sich an, die Neuigkeiten mit Kollegen, Freunden und der Familie zu besprechen. Außerdem solle man nach lösungsorientierten Nachrichten suchen, die positive Veränderungen hervorheben und gleichzeitig sinnvolle Maßnahmen zu Themen ergreifen, die einem am Herzen liegen.

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