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Zwei von sechs Blöcken des Kraftwerks in der Lausitz sind bereits stillgelegt, der nächste soll 2025 folgen.

© Hannibal Hanschke/Reuters

Strukturwandel in der Lausitz: Massive Förderung nachhaltiger Energien

Der Bund fördert mit rund 52 Millionen Euro ein Verbundprojekt rund um die BTU Cottbus, um Energie nachhaltig und verbrauchernah herzustellen. Profitieren sollen davon auch mittelständische Unternehmen.

Es ist ein weiteres Großvorhaben, mit dem der Bund die Lausitz und die Brandenburgische Technischen Universität (BTU) Cottbus stärkt. 52,4 Millionen Euro bezahlt das Bundesforschungsministerium der BTU und zwölf Partnereinrichtungen, um nachhaltige Energien in der Region zu fördern.

Das Vorhaben gehört zu den Anstrengungen des Bundes, den Strukturwandel ehemaliger Kohleregionen zu unterstützen – wozu auch der Ausbau der BTU gehört. Konkret soll die Uni der Wirtschaft der Region dabei helfen, auf dezentrale Energietechniken umzurüsten, was ebenfalls ein Kern der Energiewende ist.

Als dezentral wird beispielsweise Strom bezeichnet, der nah am Verbraucher hergestellt wird, etwa in Solar- und Windparks, durch Wasserkraft oder Kleinkraftwerke. Die nachhaltige und emissionsarme Energietechnik stelle neue Herausforderungen an Werkstoffe und Infrastrukturen, die für die Herstellung und Speicherung benötigt werden, erläuterte Holger Seidlitz auf der Pressekonferenz zum Projektstart. Seidlitz leitet das Verbundvorhaben an der BTU Cottbus.

Unter dem Titel „SpreeTec neXt“ sollen daher neue Fertigungstechnologien für jene Komponenten und Systeme entstehen, die für die Energiewende nötig sind: und zwar in Kooperation mit den Fraunhofer-Instituten für Angewandte Polymerforschung und für Werkstoff- und Strahltechnik, weiteren Forschungspartnern wie auch den klein- und mittelständischen Unternehmen vor Ort.

Gesine Grande, Präsidentin der BTU Cottbus, betonte den wirtschaftlichen Aspekt des Forschungs- und Innovationsprojekt. Die Energie-Technologien, die aus der Wissenschaft entstünden, besäßen ein „enormes Marktpotenzial“. Brandenburg verfüge dank der Strukturwandelprogramme über bundesweit einmalige Bedingungen, um auch den Transfer der neuen Technologien auszubauen, also mit Unternehmen Prototypen für die Komponenten der Energiesysteme herzustellen und zur Marktreife zu bringen.

Jede Komponente des Energiesystems soll gut zu warten und recycelbar sein

Die Industrie sei hierfür etwa auf Werkstoffe, Materialien und Systemkomponenten angewiesen, die leicht und einfach transportierbar, aber auch problemlos zu warten und gut recycelbar seien, so der Leichtbau-Experte Seidlitz. Als Beispiel nannte er kohlenstofffaser-verstärkte Kunststoffe, die als Behälter bei Wasserstoff-betriebenen Fahrzeugen verwendet werden. Aber auch mobile Speichersysteme oder Herstellungsverfahren für Turbinen, die je nach Bedarf in verschiedenen Maßstäben gefertigt werden können, gelte es zu entwickeln.

Ein zentraler Ansatz von „SpreeTech neXt“ ist, bei jedem Entwicklungs- und Fertigungsschritts den CO2-Ausstoß und andere Umweltauswirkungen mit einzuberechnen. Es soll also die Energiebilanz der ganzen Wertschöpfungskette in Betracht gezogen werden – in der Fachsprache heißt eine solche Analyse „Life Cycle Assessment“.

Auch Photonik soll für die nachhaltige Fertigung der Energieträger und Werkmaterialien zum Einsatz kommen: Licht lasse sich quasi als „Werkzeug“ nutzen, sagte Christoph Leyens, Institutsleiter am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik und ehemaliger Vizepräsident für Forschung an der BTU Cottbus. Durch den 3D-Druck mit Lasern ließen sich ebenso filigrane wie metergroße Strukturen anfertigen. „Die Technologie ist eigentlich schon da, sie muss nur noch an den Markt gebracht werden.“

Dass für so manche Firma im Spreekorridor zwischen Lausitz und Berlin die Beteiligung am Verbund mit großen Hoffnungen verbunden ist, verdeutlichte Martin Plettig, Leiter eines Unternehmens für System-Montage-Technik mit 115 Mitarbeitern in Forst an der polnischen Grenze. Ein Unternehmen seiner Größe könne sich kein eigenes Technologiezentrum leisten. Es sei daher ein Gewinn, im Zuge von „SpreeTech neXt“ Zugang zu Infrastrukturen zu bekommen, um neue Prototypen zu testen.

Ziel ist es, dass die Lausitz zu einem neuen Industriezentrum heranwächst. Nicht zuletzt hängt das aber davon ab, ob es gelingt Fachkräfte anzuwerben und zu halten. Zunächst sind laut der BTU Cottbus 38 Wissenschaftsstellen von den Mitteln eingeplant. Zur Frage der Nachwuchsförderung hieß es aber, es man würde bestehende Studiengänge einbeziehen – und im Fall besonderer Bedarfen der Industrie auch neue entwickeln.

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